Der Wind bläht die Segel. Das Schiff nimmt Fahrt auf – neuen Abenteuern entgegen. Eine solche Reise ist auch im All möglich: Im Juni 2019 war « LightSail-2 » in eine Umlaufbahn gestartet, gemeinsam mit anderen experimentellen Satelliten.
Es handelt sich um einen «CubeSat», also einen Satelliten, der kaum grösser ist als drei Packungen Milch. Nach dem Start musste «LightSail-2» vier Meter lange Ausleger ausfahren. Er spannte dann auf dieses Skelett eine 32 Quadratmeter grosse Kunststoff-Folie auf, die metallisch glänzt wie Alufolie, aber deutlich dünner ist.
Wie vor einem Segeltörn übers Meer hatten die beteiligten Forscher ihre Ausrüstung vorab gut testen müssen. Sie entfalteten ihr Weltraumsegel in einer grossen Halle.
«Aber wir wussten nicht, ob das auch in Schwerelosigkeit genauso klappen würde», sagt der verantwortliche Raumfahrtingenieur Bruce Betts von der Kalifornischen Planetary Society, die die Mission mit Spendengeldern finanzierte.
Die Idee für Sonnensegel ist älter als die Raumfahrt selbst. Und sie klang schon immer verlockend: zu Planeten oder Asteroiden zu gelangen ohne zusätzlichen Treibstoff.
Das Sonnenlicht bläht die Segel
Einmal im All entfaltet, drückt nicht etwa der Sonnenwind aus geladenen Teilchen auf das Segel. Dieser ist viel zu schwach. Tatsächlich ist es das Licht der Sonne selbst, das die dünne Folie bläht. Im Fall von «LightSail-2» gerade mit der Gewichtskraft einer Büroklammer.
Mit Segeln liessen sich ganz andere Missionen durchführen als mit chemischen Triebwerken. Dazu gehören Satelliten, die immer am gleichen Punkt am Himmel stehen.
Flüge zu den Sternen?
Derzeit können das nur sogenannte geostationäre Satelliten, die die Erde genauso schnell umkreisen wie sie sich dreht. Mit einem Sonnensegel könnte man sie auch über den Polen schweben lassen.
Roman Kezerashvili von der City University in New York denkt noch einen Schritt weiter: «Wenn man ein Segel sehr nah an der Sonne öffnet, könnte man eine Geschwindigkeit von 300 Kilometern pro Sekunde erreichen», sagt der Physiker.
Sehr schwere Sonden ins äussere Sonnensystem werden dadurch denkbar, vielleicht sogar Flüge zu den nächsten Sternen innerhalb weniger Jahrzehnte.
Die NASA will auch segeln
Doch bis das klappt, dürfte noch einige Zeit vergehen. Der « Near-Earth Asteroid Scout » der NASA soll nächstes Jahr zumindest zu einem erdnahen Asteroiden aufbrechen. Auch er arbeitet mit einer Segelfolie, die mit 86 Quadratmetern noch relativ klein ist.
Das heisst aber auch: Die Sonde selbst muss winzig sein, mit Antennen, wissenschaftlichen Instrumenten und dem Segel «in einem Schuhkarton, der nur 14 Kilogramm wiegt», sagt die NASA-Ingenieurin Tiffany Lockett.
Bei «LightSail-2» sind die Forscher zufrieden: Sie haben bewiesen , dass der Druck des Sonnenlichts ausreicht, um die Umlaufbahn eines Satelliten zu verändern. Im August 2020 soll das Segel seine allerletzte Aufgabe erfüllen: Es soll «LightSail-2» in der dünneren oberen Atmosphäre abbremsen, bis der Satellit verglüht.