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Diese Aufnahme von Tschuris Oberfläche zeigt Abhänge, Klüften und Geröllebenen auf dem Kometen.
Legende: Abhänge, Schluchten und Geröllebenen: Diese Aufnahme von Tschuris Oberfläche zeigt die Vielfalt der geologischen Strukturen des Kometen. N. Thomas et al., Science

Weltraum Schroffe Klüfte, leicht wie Kork: Der bizarre Komet Tschuri

Gebannt verfolgen Astrophysiker in aller Welt den Weg des Kometen in Richtung Sonne. Die Daten von Rosetta versetzen sie ins Staunen, denn Tschuris Oberfläche bietet Atemberaubendes – von Staubfontänen, gewaltigen Klippen bis zu tiefen Schächten. Doch schon bald wird er ganz anders aussehen.

Schroffe Klippen, Staubfontänen und tiefe Löcher mit einer Art «Gänsehaut»: Der Komet Tschuri hat sich auf den detailreichen Bildern der europäischen Raumsonde Rosetta als vielfältige Welt entpuppt. In einer Artikelserie im Fachjournal «Science» fassen internationale Forscherteams die Beobachtungen der ersten Monate zusammen.

Eingefärbte Ansichten des Kometen Tschuri mitsamt den Namen der einzelnene Gegenden.
Legende: Frisch getauft: Verschiedenen Ansichten des Kometen Tschuri mitsamt den Namen der Regionen. N. Thomas et al., Science

Viele Mosaiksteine fürs Gesamtbild

Die Instrumente von Rosetta liefern den Forschern den bislang detailliertesten Blick auf einen Schweifstern. «Damit können wir versuchen, die Physik des Kometen und die Physik seiner Aktivität zu verstehen», erklärt Holger Sierks vom Göttinger Max-Planck-Institut für Sonnensystemforschung, der das Team für die «Osiris»-Kamera leitet, «das ist aus meiner Sicht ein Durchbruch.»

Aus den zahlreichen Mosaiksteinen haben die Forscher bereits ein detailliertes Bild von Tschuri zusammengesetzt.

Die Form einer Gummi-Ente

Der Komet, dessen vollständige Bezeichnung «67P/Tschurjumow-Gerasimenko» lautet, besitzt grob die Form eines Quietsche-Entchens mit einem kleineren Kopf und einem grösseren Körper, die über einen schmalen Hals verbunden sind. Der «Kopf» hat in etwa einen Durchmesser von zwei Kilometern; der «Körper» ist rund vier Kilometer lang.

Tschuris Erkundung kommt voran

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Rund 70 Prozent von Tschuris Oberfläche hat Rosetta bereits mit einer Auflösung kartiert, bei der mindestens 80 Zentimeter grosse Details zu erkennen sind. Bislang haben die Forscher anhand der Daten 19 unterschiedliche Landschaften identifiziert. Sie wurden nach Gottheiten von Ägypten benannt – ähnlich wie die Sonde nach dem Stein von Rosetta .

Ob es sich ursprünglich um zwei Brocken gehandelt hat, die irgendwann zusammengeklumpt sind, oder ob der Hals das Ergebnis eines ungleichmässigen Abschmelzens des Kometen ist, wird noch untersucht.

Tiefes, tiefes Schwarz

Anders als beispielsweise viele Asteroiden weist der Komet fast keine Farbschattierungen auf. Nur der Hals und einzelne Brocken auf der Oberfläche erscheinen etwas heller. «Effektiv sind Kometen doppelt so schwarz wie Kohle», erklärt «Osiris»-Forscher Dennis Bodewits von der Universität von Maryland laut einer Mittteilung seiner Hochschule.

Eine meterhohe Staubschicht

Überraschend vielfältig zeigt sich dagegen die Morphologie. Es gibt steile, bis zu 700 Meter hohe Klippen, Staubdünen, glatte Ebenen, Furchen, Geröllhalden mit Gruben und grossflächige Senken. Viele Gegenden sind von einer vermutlich meterhohen Staubschicht bedeckt. «Auch aus morphologischer Sicht hebt sich die Halsregion des Kometen deutlich von den anderen Bereichen ab», sagt Sierks. Anders als Kopf und Körper ist der Hals des Kometen glatt und frei von Furchen oder Kratern.

Allerdings zeigt sich ein langer Riss am Hals, der Folge einer mechanischen Belastung sein könnte. «Wir wissen noch nicht, ob sich der Riss komplett um den Hals zieht», so der Astrophysiker.

Die Region Hathor auf dem Kometen Tschuri – auf verschiedenen Aufnahmen mit unterschiedlichen Perspektiven.
Legende: Hathor – benannt nach ägyptischer Göttin: Die Region Hathor im Bild oben rechts (weisser Pfeil) – auf verschiedenen Aufnahmen mit unterschiedlichen Perspektiven. N. Thomas et al ., SCIENCE (2015)

Tiefe Schächte mit «Gänsehaut»

Zudem haben die Forscher in Halsnähe und auf dem Rücken des Kometenkerns bis zu 200 Meter tiefe und bis zu 300 Meter breite zylinderförmige Löcher entdeckt. Deren Wände haben eine Art Gänsehaut – sie sind mit etwa drei Meter grossen Klumpen gepflastert.

Das könnte darauf hinweisen, dass sich die Materie im jungen Sonnensystem, die auch das Baumaterial des Kometen stellte, generell nur bis zu dieser Grösse zusammenballen konnte. Möglicherweise besteht also das gesamte Kometeninnere aus solchen Brocken.

So leicht wie Kork

Zum ersten Mal konnten die Rosetta-Forscher auf direkte Weise die Dichte eines Kometen bestimmen. Ergebnis: Tschuri ist mit 470 Kilogramm pro Kubikmeter nur etwa so schwer wie Kork.

Laut Sierks geht man derzeit davon aus, dass der Komet aus Eis und Staub besteht – also Materialien, die beide eine deutlich höhere Dichte aufweisen. Die gemessene Dichte deutet also darauf hin, dass der Kometenkern porös ist: eine Ansammlung von Eis- und Staubteilchen mit bis zu 80 Prozent Zwischenräumen.

Staubfontänen in grosser Zahl

Bereits jetzt ist der Komet überraschend aktiv. «Er hat schon mehr Staubfontänen als viele andere Kometen bei ihrer grössten Annäherung an die Sonne», berichtet Sierks Kollege Dennis Dennis Bodewits. Auch hier ist der Hals des Kometen die Schlüsselregion. Die meisten Staubfontänen zeigen sich bislang dort.

Das Thema im Radio

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Einen ausführlichen Bericht über die Analysen des Kometen Tschuri sendet das « Wissenschaftsmagazin » am 24. Januar ab 12:40 Uhr auf Radio SRF 2 Kultur.

In den vergangenen Monaten hat Tschuri vier Mal so viel Staub ins All gespuckt wie Gas. Das ist ungewöhnlich: Normalerweise produzieren Kometen mehr Gas als Staub. Der Gas- und Staub-Ausstoss beschert dem Kometenkern nicht nur eine dünne Atmosphäre. Staubklumpen umkreisen den Kometenkern in bis zu 145 Kilometern Entfernung.

Schon bald neue Karten

Die Aktivität wird laut Fachleuten bis zur grössten Annäherung an die Sonne noch um den Faktor 20 zunehmen. Rosetta wird sich bei der Ankunft an diesem Punkt, dem so genannten Perihel , im August auf einen Abstand von etwa 100 Kilometern zurückziehen – zur Sicherheit.

«Wir wissen, dass der Komet bei jedem Umlauf im Schnitt eine zwei bis drei Meter dicke Schicht seiner Oberfläche verliert», erklärt der Forscher, «Wir erwarten daher nach dem Perihel in grossen Teilen eine ganz neue Oberfläche.» Nach Tschuris grösster Annäherung an die Sonne müssen die Forscher deshalb wieder neue Karten des Kometen erstellen.

Das Video unten zeigt eine Simulation von geladenen Teilchen um den Kometen Tschuri: Die bläuliche Wolke stellt geladende Wassermoleküle dar, die der Sonnenwind – dargestellt durch farbige Pfeilchen – vom Himmelskörper fort «bläst».

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