Zum Inhalt springen

Digitalisierung & Gesundheit «Wie schütze ich meine Gesundheitsdaten?»

Silvio Frey, Frank Mathwig, Reto Widmer und Alexander Zimmer haben Ihre Fragen im «Puls»-Chat beantwortet.

Fachpersonen im «Puls»-Chat

Box aufklappen Box zuklappen

Silvio Frey
Digital Health Shaper
InnViGO

Prof. Frank Mathwig
Theologe und Ethiker
Evangelisch-reformierte Kirche Schweiz

Reto Widmer
Digitalredaktor SRF
Digital Podcast SRF

Dr. Alexander Zimmer
Facharzt für Psychiatrie und Psychotherapie
FMH-Departement Digitalisierung
Zentralvorstand FMH

Chat-Protokoll

Wie schütze ich denn nun am effektivsten meine Gesundheitsdaten

Frank Mathwig: Zunächst ist es Aufgabe des Staates, also des Rechts, die Persönlichkeitsrechte zu garantieren und zu schützen. Darüber hinaus geht es um die Eigenverantwortung im Umgang mit den eigenen Persönlichkeitsdaten. Die Grenze zwischen «Gesundheitsdaten» und persönlichen Daten, die nicht die Gesundheit betreffen sind fliessend. Eine wichtige aktuelle Entwicklung besteht darin, Gesundheitsdaten mit anderen Daten der Person zu kumulieren. Die Unterscheidung zwischen Gesundheitsdaten (im medizinischen Sinn) und anderen Personendaten wird immer schwieriger und sukzessive an Bedeutung verlieren.

Man hört immer Google ist ein schlechter Arzt. Kann mich allein die ständige Suche nach Symptomen krank machen?

Alexander Zimmer: Die Fülle an Informationen die man im Internet erhält ist beeindruckend, aber manchmal schon etwas «erschlagend». Und als Laie fällt es oft schwer diese Gesundheitsinformationen richtig einzuordnen in ihrer Bedeutung für einen selbst. Dazu braucht es dann die Gesundheitsfachpersonen. Deshalb denke ich nicht, dass Dr. Google die Ärztinnen und Ärzte ersetzen wird. Persönlich finde ich es eigentlich gut, wenn meine Patientinnen und Patienten sich Informationen beschaffen. Sie können bei Unsicherheit mit diesen in die Praxis kommen und sie und vielleicht auch ihre damit verbundenen Ängste mit mir besprechen.

Hallo Wie habe ich als Patient Einsicht, Zugang zu meinem Dossier?

Alexander Zimmer: Sie können jederzeit von Ihrem Arzt / Ihrer Ärztin Einsicht in ihr Krankendossier verlangen.

Wir ChatGPT mich in meinem Job als Softwarentwickler ablösen?

Reto Widmer: Ablösen nicht, verändern wohl schon. Ich kenne Leute, die für kurze Skript-Snippets ChatGPT zu Rate ziehen – und es funktioniert. Aber grundsätzlich bei diesem Thema: Es ist seit Ende letzen Jahres ein riesen Hype, der kontinuierlich in immer neuen thematischen Varianten hochkocht. Keine Panik!

Worauf muss ich achten, wenn ich meine Daten in der Schweiz behalten möchte, also im Einflussbereich unserer Rechtsprechung. Besteht da überhaupt eine Chance, oder haben die Big Player in den USA und China überall ihre Finger drin?

Silvio Frey: Wenn Sie Ihre Daten in der Schweiz behalten möchten, gibt es einige Dinge, auf die Sie achten sollten: Wählen Sie einen vertrauenswürdigen Cloud-Anbieter: Stellen Sie sicher, dass der Cloud-Anbieter, den Sie wählen, Ihre Daten sicher speichert und vor unbefugtem Zugriff schützt. Informieren Sie sich über den Anbieter und überprüfen Sie, ob er über eine angemessene Infrastruktur und Sicherheitsvorkehrungen verfügt. Prüfen Sie die Datenschutzrichtlinien: Lesen Sie die Datenschutzrichtlinien des Cloud-Anbieters sorgfältig durch und stellen Sie sicher, dass diese mit den Schweizer Datenschutzgesetzen konform sind. Wählen Sie einen Anbieter mit Rechenzentren in der Schweiz: Viele Cloud-Anbieter haben Rechenzentren auf der ganzen Welt. Wenn Sie Ihre Daten in der Schweiz behalten möchten, sollten Sie einen Anbieter wählen, der über Rechenzentren in der Schweiz verfügt. Vermeiden Sie Cloud-Anbieter aus Ländern mit schwächeren Datenschutzgesetzen: Es gibt einige Länder, die schwächere Datenschutzgesetze haben als die Schweiz. Es ist daher ratsam, Cloud-Anbieter aus diesen Ländern zu vermeiden. Es ist wichtig zu beachten, dass selbst wenn Sie Ihre Daten in der Schweiz speichern, diese möglicherweise immer noch von ausländischen Behörden oder Unternehmen eingesehen werden können, insbesondere wenn Sie Dienste von globalen Big-Playern wie Google oder Amazon nutzen. Es gibt jedoch Schweizer Cloud-Anbieter, die sich auf den Schutz von Daten in der Schweiz spezialisiert haben und darauf achten, dass Ihre Daten innerhalb des Einflussbereichs der Schweizer Rechtsprechung bleiben

Hallo, wie lange muss ich warten um meine Daten aus der Psychiatrie zurück zu fordern. Danke

Alexander Zimmer: Sie haben jederzeit das Recht zur Einsicht in Ihr Krankendossier oder eine Kopie Ihres Dossiers zu verlangen.

Darf der Staat via Opt-Out-Variante – also ohne Zustimmung der betroffenen Person – automatisch ein elektronisches Patientendossier anlegen?

Alexander Zimmer: Aktuell ist das gesetzlich nicht erlaubt. Aber im Rahmen der Revision des Elektronischen Patientendossiergesetzes (EPDG) soll diese Möglichkeit in die Vernehmlassung gegeben werden.

Bei einer europaweiten Datenbank für 'cross-over' Organspenden, würden die Wartezeiten und Todesraten massiv sinken. Eine nationale Datenbank bringt in der Schweiz wenig, da der Organpool viel zu klein ist Warum werden Cooperationen mit umliegenden Ländern nicht stärker gesucht?

Silvio Frey: Die Idee einer europaweiten Datenbank für 'cross-over' Organspenden ist sicherlich vielversprechend, da dies die Wartezeiten und Todesraten von Patienten, die auf eine Organspende warten, erheblich reduzieren könnte. Eine solche Datenbank würde es ermöglichen, potenzielle Spender und Empfänger aus verschiedenen Ländern zusammenzubringen und die Chance auf erfolgreiche Transplantationen zu erhöhen. Es gibt jedoch einige Herausforderungen bei der Umsetzung einer solchen Datenbank. Eine Zusammenarbeit zwischen verschiedenen Ländern erfordert eine enge Zusammenarbeit und einen hohen Grad an Koordination, um sicherzustellen, dass alle rechtlichen und regulatorischen Anforderungen erfüllt sind und dass der Transport der Organe sicher und effektiv durchgeführt wird. Zudem kann es aufgrund von kulturellen, rechtlichen oder sprachlichen Unterschieden zwischen den Ländern auch zu Schwierigkeiten kommen. In der Schweiz wird bereits mit anderen europäischen Ländern zusammengearbeitet, um die Verfügbarkeit von Spenderorganen zu erhöhen. Zum Beispiel ist die Schweiz Mitglied der Eurotransplant Foundation, die eine gemeinsame Warteliste für Organe führt und den Austausch von Spenderorganen zwischen verschiedenen europäischen Ländern koordiniert. Es ist jedoch wichtig zu betonen, dass die Organspende eine sehr persönliche Entscheidung ist und jeder Mensch das Recht hat, selbst darüber zu entscheiden, ob er Organspender werden möchte oder nicht. Die Zusammenarbeit zwischen verschiedenen Ländern sollte daher auf freiwilliger Basis und im Einklang mit den geltenden ethischen und rechtlichen Standards erfolgen.

Helsana hat eine App Helsana plus, um uns zu Bewegung zu animieren. Eigentlich gute Sache bis jetzt. Dank Fittnestracker konnte ich Punkte sammeln.Bsp. 30min. Mit Puls 110 hat 100 PT. Gegeben Wert Fr.1. Jetzt ab 2023 soll man App mit Trainer dauernd verbinden und es werden alle Bewegungen den ganzen Tag erfasst ☹️.Verlinkt mit Finnischer Datenkracke Fjuul, die alles sammeln bis Kontakte etc. Ein Wahnsinn. Man musste zwar einverstanden sein, vom alten System aufs neue zu wechseln, kann aber nie mehr zurück! Eine Vergewaltigung .Will man nicht aufs neue System, gibt es nur noch 50Punkte. Rezensionen auf dieser App sprechen eine deutliche Sprache🙈😭

Frank Mathwig: Das sogenannte Nudging, also die Verhaltenssteuerung von Personen durch ökonomische Anreize, ist ein komplexes und kontrovers diskutiertes Thema (das Thema wurde auch im Rahmen der COVID-Impfung unter dem Stichwort Impfanreize diskutiert). Entscheidend ist, dass Personen transparent und umfassend über die Bedingungen solcher Apps informiert werden. Eine andere Frage betrifft den möglichen gesellschaftlichen Konformitätsdruck im Blick auf die Verwendung solcher Techniken.

Guten Abend Ich hatte im Januar eine kleine, stationäre OP. Da ich eine psychische Erkrankung habe und dies beim Pflegegespräch vor der OP erwähnt habe, habe ich dazu mein Therapiebericht gezeigt (mit der Hoffnung, das dies bei der Zimmervergabe berücksichtigt wird). Im Krankenhaus wurde dann eine Kopie vom Bericht gemacht – ich war auch damals damit einverstanden. Aber nun bereue ich das. Im Bericht stehen sehr vertrauliche Details und im Krankenhaus arbeiten auch Verwandte von mir – was sehr ungünstig ist, wenn sie das sehen (familiäres Problem). Kann ich vom Spital verlangen, dass sie das Dokument löschen? Liebe Grüsse

Alexander Zimmer: Guten Abend. Ja, Sie können vom Spital verlangen, dass die Kopie des Therapieberichtes, den sie dem Krankenhaus gegeben haben, wieder gelöscht wird.

Ich bin Diabetikerin und nutze einen Sensor (Freestyle) zum Blutzuckermessen. Leider kann ich diese Technik nur nutzen, wenn ich bereit bin, meine Daten der Firma ins Internet zu liefern. In Deutschland gibt es wenigsten ein Gerät, mit dem sich die Daten auslesen lassen. In der Schweiz kann ich den Sensor nur mit der Firmenapp auf dem Handy lesen. Wieso schreiten die Behörden hier nicht ein? Die Krankenkasse bezahlt auch für meine Daten, ohne dass ich etwas tun kann.

Reto Widmer: Ich verstehe Ihre Bedenken. Ein Einschreiten der Behörden ist aber sicher nicht möglich, da Sie nur die Nutzung der AGBs zugestimmt haben, dass die Glukosewerte übertragen werden. Die Firma handelt also nicht widerrechtlich oder illegal. Ich würde es nicht grundsätzlich als negativ betrachten, wenn die Daten an den Anbieter gehen. Er kann so den Dienst verbessern und Sie müssen kein Geld ausgeben für ein separates Gerät, um die Daten auszulesen. Missbrauchspotential sehe ich hier wenig, aber es wäre natürlich wesentlich eleganter, wenn es so einen Sensor gäbe verschrieben vom Hausarzt und die Daten würden dann ins offizielle elektronische Patientendossier wandern und dort auch ausgewertet – und nicht an eine Firma.

Was für Auswirkungen hat die Digitalisierung, wie soziale Medien immer elektronische Unterhaltung auf die kognitive Leistungsfähigkeit? (Wie bspw, Aufmerksamkeitsspanne, kreativität,.)

Alexander Zimmer: Diese Frage lässt sich so allgemein nicht beantworten. Grundsätzlich ist das menschliche Gehirn enorm adaptationsfähig. Ea kommt immer darauf an, in welchem Ausmass, in welchem Kontext, welche Form und in welchem Altern digitale Medien konsumiert werden. Insofern könnte man Ihre Frage nur sehr spezifisch beantworten. Man man aber generell sagen, dass die Nutzung von digitalen Medien je jünger ein Kind ist, desto vorsichtiger sein sollte um keine negativen Folgen für die Gehirnentwicklung und soziale Entwicklung zu riskieren.

Guten Abend Was ist schlussendlich mit den Daten von Infovac passiert? Kann ich irgendwo eine Kopie meiner eingetragenen Impfdaten verlangen?

Silvio Frey: Guten Abend, die Stammgemeinschaft emedo im Kt. AG versucht, für sie die Impfdaten zu retten und diese in das EPD zu überführen. Mehr Angaben finden Sie unter: https://ehealth-aargau.ch/news/50/15/Datenrettung-Stiftung-meineimpfungen.ch

Sehr Praktisch aber schon etwas unheimlich das Ganze! Irgendwie macht es mir Angst. WIe gehe ich mit der Angst um?

Frank Mathwig: Neue Entwicklungen gehen in der Regel mit einem Befremdungsempfinden einher. Menschheitsgeschichtlich sind wir gewiss die Weltermeister:innen in Anpassungsleistungen an gesellschaftliche und technologische Veränderungen. Eine besondere Skepsis gegenüber der Digitalisierung betrifft ihre «Unsichtbarkeit», sie ist kein reales Gegenüber, wie ein Werkzeug, sondern sie interagiert mit Menschen: es wird kommuniziert, es findet ein Daten- und Informationsaustausch statt. Tatsächlich glaube ich, dass die grössten Wirkungen der Digitalisierung davon ausgehen, was wir gar nicht als ihren Einfluss wahrnehmen. Und da gibt es viele Haltungen zwischen zwei Polen: genau das ist das Gefährlichste, weil es hinter dem Rücken passiert und am anderen Ende, was ich nicht weiss, macht mich nicht heiss.

Ich studiere Medizininformatik, und wenn ich es richtig verstanden habe, sind in der Schweiz jetzt verschiedene elektronische Patientendossier systeme in entwicklung, und werden etwa 5/6 schon angeboten, aber die sind nur für bestimmte Kantone, Versicherer oder Apotheken. Wird es noch ein System geben, das von alle benützt werden kann?

Reto Widmer: Eines der grossen (Kommunikations-)Probleme des EPD ist, dass man meint, es gäbe verschiedene, aber eigentlich gibt es nur eines. Es gibt nur ein offizielles EPD – aber es gibt verschiedene «Stammgemeinschaften». Das heisst, Sie können bei verschiedenen Anbietern ein EPD eröffnen. Im Prinzip spielt es keine Rolle, bei welchem, da Sie die Daten bei Bedarf zu einer anderen Stammgemeinschaft zügeln können. Sehr vereinfacht formuliert ist es ein wenig wie mit der Handynummer, die immer dieselbe ist, egal bei welchem Anbieter. Wobei der Vergleich nicht ganz stimmt, da es drei physische Handynetze gibt. Beim EPD wäre es nur ein Handynetz (offizielles EPD) und pro Person eine Handynummer, die man dann auf eigene Wahl bei einer Stammgemeinschaft «betreiben» könnte. Im Digital Podcast haben wir das EPD vor einigen Monaten ausführlich thematisiert https://www.srf.ch/audio/digital-podcast/was-bringt-das-elektronische-patientendossier-epd?id=12220081

Zum Thema IT-Risiken im Gesundheitswesen habe ich als Patientin innerhalb der letzten eineinhalb Jahren folgendes persönlich erlebt oder erfahren: – In der Anästhesie: Teilen von Passwörtern, weil die IT nicht nachkommt, die temporären Mitarbeiter zeitgerecht zu auszurüsten – Verschicken von unverschlüsselten Mails mit Patientendaten – Verschicken von Rechnungskopien an falsche E-Mail-Adressen – Röntgenbilder abgelegt auf Servern mit .com-Domains – Nutzung von Whatsapp unter Ärzten zum Austausch von Patienteninformationen Ursachen sind m.E. – Digitaler Analphabetismus in Exekutive und Legislative – Kein Problembewusstsein: Nicht einmal wissen, dass man keine Ahnung hat. – Fehlendes Framework auf Stufe Bund, deshalb Kantönli-Geist und Do-it-yourself. – Fehlende Verständnis dafür, was es alles braucht, einen sauberen IT-Prozess zu definieren und zu implementieren (siehe Problem mit der Anforderung, immer Rechnungskopien (per Mail) zu verschicken). Meine temporäre Lösung ist, keine E-Mail-Adressen mehr anzugeben. Lieber etwas in einem falschen physischen Briefkasten als im Darknet. Und dann hoffen, dass das EPD gescheit umgesetzt ist.

Frank Mathwig: Der Umgang mit neuen Technologien verlangt nach entsprechenden Kompetenzen aber auch einer damit verbundenen Sensibilisierung. Gefordert wird eine Data Literacy, also Fähigkeiten, Daten sorgfältig, problembewusst und kritisch zu sammeln, zu mangen und natürlich auch zu bewerten und für die Anwendung zu nutzen.

Macht es Sinn auf dem iPhone den Notfall Pass einzurichten?

Silvio Frey: Guten Abend. Es macht durchaus Sinne, sich den Notfallpass auf dem iPhone einzurichten. Alleine schon, dass sie einige Ihrer Gesundheitsdaten digital immer und überall (ubiquitär) mit sich führen, kann ihnen in verschiedenen gesundheitlichen Situationen – nicht nur im Notfall – helfen. Auch Rezepte, Kontaktdaten, usw. können z.B. im Ausland bei Bedarf helfen.

Guten Abend. Ich mache sehr viele Kreuzworträtsel. Alles was ich nicht weiss schaue ich dann bei google nach, das hat dann abdr nichts zu tun mit mir persönlich oder mi meinen wirklichen Interressen. So entstejt aber dann offenbar ein völlig falsches Bild von meiner Person??? Kann sich das nachteilug auswirken auf mich?

Reto Widmer: Ich denke nicht, dass Sie sich Sorgen machen müssen, aber wenn doch, dann können Sie mit ein paar Massnahmen Google «verwirren» resp. Spuren verwischen. Nutzen Sie einen VPN-Dienst und erstellen Sie im Browser (geht meines Wissens nur im Google Chrome) ein eigenes Profil für die Kreuzworträtsel-Website. Dort löschen Sie dort regelmässig den Cache und den Verlauf. Für Internet-Aktivitäten ausserhalb Ihrer Kreuzworträtsel nutzen Sie im Browser ein anderes Profil ohne Kreuzworträtsel-«Einflüsse».

Worauf muss ich achten, wenn ich meine Daten in der Schweiz behalten möchte, also im Einflussbereich unserer Rechtsprechung. Besteht da überhaupt eine Chance, oder haben die Big Player in den USA und China überall ihre Finger drin?

Silvio Frey: Wenn Sie Ihre Daten in der Schweiz behalten möchten, gibt es einige Dinge, auf die Sie achten sollten: Wählen Sie einen vertrauenswürdigen Cloud-Anbieter: Stellen Sie sicher, dass der Cloud-Anbieter, den Sie wählen, Ihre Daten sicher speichert und vor unbefugtem Zugriff schützt. Informieren Sie sich über den Anbieter und überprüfen Sie, ob er über eine angemessene Infrastruktur und Sicherheitsvorkehrungen verfügt. Prüfen Sie die Datenschutzrichtlinien: Lesen Sie die Datenschutzrichtlinien des Cloud-Anbieters sorgfältig durch und stellen Sie sicher, dass diese mit den Schweizer Datenschutzgesetzen konform sind. Wählen Sie einen Anbieter mit Rechenzentren in der Schweiz: Viele Cloud-Anbieter haben Rechenzentren auf der ganzen Welt. Wenn Sie Ihre Daten in der Schweiz behalten möchten, sollten Sie einen Anbieter wählen, der über Rechenzentren in der Schweiz verfügt. Vermeiden Sie Cloud-Anbieter aus Ländern mit schwächeren Datenschutzgesetzen: Es gibt einige Länder, die schwächere Datenschutzgesetze haben als die Schweiz. Es ist daher ratsam, Cloud-Anbieter aus diesen Ländern zu vermeiden. Es ist wichtig zu beachten, dass selbst wenn Sie Ihre Daten in der Schweiz speichern, diese möglicherweise immer noch von ausländischen Behörden oder Unternehmen eingesehen werden können, insbesondere wenn Sie Dienste von globalen Big-Playern wie Google oder Amazon nutzen. Es gibt jedoch Schweizer Cloud-Anbieter, die sich auf den Schutz von Daten in der Schweiz spezialisiert haben und darauf achten, dass Ihre Daten innerhalb des Einflussbereichs der Schweizer Rechtsprechung bleiben

Hallo, wie lange muss ich warten um meine Daten aus der Psychiatrie zurück zu fordern. Danke

Alexander Zimmer: Sie haben jederzeit das Recht zur Einsicht in Ihr Krankendossier oder eine Kopie Ihres Dossiers zu verlangen.

Liebes Ethikteam Meine Hausarzpraxis hat alle meine Diagnosen und Laborwerte digitalisiert. Ausserdem werden die Abrechnungen von einer externen Firma erstellt. Meine Frage ist nun: Sind so meine Gesundheitsdaten sicher? Oder haben da evtl. auch die grossen Techfirmen Zugang? Herzlichen Dank für Ihre Antwwort. Mit freundlichen Grüssen

Frank Mathwig: Für die in der Schweiz im Rahmen einer medizinischen Behandlung gesammelten und gespeicherten Gesundheitsdaten gelten die strengen Regeln des Schweizer Rechts. Dieses garantiert die informationelle Selbstbestimmung. Das heisst, dass jede Person das Recht hat, selbst zu entscheiden und zu bestimmen, ob, in welchem Umfang und zu welchem Zweck Daten und Informationen, die die Persönlichkeits- und Privatsphäre betreffen, gesammelt, bearbeitet und aufbewahrt werden dürfen (vgl. Art. 13 Bundesverfassung).

Ich arbeite in der psychiatrischen Spitex und immer wieder erhalte ich Berichte über hin.ch oder ich auch tätige auch Kommunikation mit einem für die Spitex entwickeltes Postfach und SMS ( nur M.M aus S. ) Früher mussten wir immer alles faxen, wegen der Sicherheit. Nun, ist im Netzt überhaupt etwas sicher? Müsste es nicht per Post gesendet werden?

Reto Widmer: 100%ige Sicherheit gibt es nie. Ein Faxausdruck kann ein paar Minuten im Gerät liegen bleiben – und – schwupps – nimmt ihn jemand mit. Klassische Post ist zuverlässig, aber wie oft landen z.B. Briefe aus der Nachbarschaft aus irgendeinem Grund in meinem Briefkasten? HIN-Mail ist speziell verschlüsselt, also sicherer als normales Email. Ich würde es als ebenso bewährt einstufen wie E-Banking. Aber natürlich, siehe erster Satz am Anfang ...

Ich fände es spannend, gewisse Gesundheitsparameter zu monitoren, möchte dafür aber nicht die Apps und Gadgets der grossen Datenkraken nutzen. Gibt es brauchbare Alternativen zu Applewatch & Co.?

Silvio Frey: Ja, es gibt Fitness-Apps, die ohne Daten-Clouds auskommen. Es hängt jedoch von der spezifischen App ab, welche Funktionen sie anbietet und wie sie Ihre Daten speichert. Einige Fitness-Apps können ohne Internetverbindung verwendet werden, was bedeutet, dass Ihre Daten lokal auf Ihrem Gerät gespeichert werden. Andere Apps können Ihnen die Möglichkeit geben, Ihre Daten in Ihrem eigenen Cloud-Speicher oder auf Ihrem Gerät zu speichern, ohne sie auf einen externen Server hochzuladen. Es ist wichtig, dass Sie die Datenschutzrichtlinien jeder App überprüfen, bevor Sie sie herunterladen und verwenden. Stellen Sie sicher, dass Sie sich wohl fühlen mit der Art und Weise, wie Ihre Daten gespeichert und verwendet werden. Wenn Sie Bedenken hinsichtlich der Datenschutzpraktiken haben, sollten Sie möglicherweise eine alternative App wählen oder die Verwendung von Fitness-Apps ganz vermeiden.

Die Meriten der Bigtech-Medizin in Ehren, aber wie belastbar ist die dafür nötige Infrastruktur? Werden wir bei einem Blackout oder nach grossflächigen Cyberattacken nicht quasi auf Steinzeitniveau zurückgeworfen?

Silvio Frey: Es ist eine berechtigte Sorge, dass die Abhängigkeit von digitalen Technologien und Infrastrukturen in der Medizin zu Problemen führen kann, insbesondere in Fällen von Blackouts oder grossflächigen Cyberattacken. Wenn die digitalen Systeme ausfallen oder beschädigt werden, kann dies erhebliche Auswirkungen auf die Fähigkeit haben, lebenswichtige medizinische Versorgung zu liefern. Es gibt jedoch Massnahmen, die ergriffen werden können, um die Widerstandsfähigkeit und Redundanz dieser Systeme zu erhöhen. Zum Beispiel können Back-up-Systeme und redundante Systeme implementiert werden, um die Auswirkungen von Ausfällen zu minimieren. Ausserdem können Notfallpläne und Schulungen für medizinisches Personal entwickelt werden, um sicherzustellen, dass sie in der Lage sind, in einer Notfallsituation angemessen zu handeln. Es ist wichtig zu beachten, dass die Bigtech-Medizin zwar viele Vorteile bietet, aber auch einige Herausforderungen mit sich bringt. Wir sollten daher weiterhin nach Möglichkeiten suchen, um die Widerstandsfähigkeit und Sicherheit dieser Systeme zu verbessern, um sicherzustellen, dass sie im Falle eines Notfalls oder Angriffs in der Lage sind, angemessen zu funktionieren.

Inwiefern ist WLan für mich als elektrosensibler Mann schädlich? Physisch nehme ich permanente WLan als Kopfbelastung, – schmerzen wahr und reagiere auf kummulierte Belastungen von Zeiten über 1, 2, 3 und mehr Tage resp. Nächte noch verstärkter darauf an. Im Besonderen bei ruhigem Körper sprich Schlafmodus. Reisen im Bus oder Zug mit WLan oder Übernachtungen in einem Hotel o.ä. werden zu Strapazen. Natürlich ebenso die Handy- und mobile Hotspots Aktivitäten. Was für Möglichkeiten gibt es für Menschen nit ähnlichen Symptomen? Herzlichen Dank für ihre Antworten und Wegweusungen.

Silvio Frey: Es gibt eine wachsende Anzahl von Menschen, die über Empfindlichkeit gegenüber elektromagnetischen Feldern (EMF) berichten, einschliesslich WLAN und Mobilfunk. Einige dieser Symptome können Kopfschmerzen, Schwindel, Übelkeit und Schlafstörungen umfassen. Es gibt keine eindeutigen Beweise dafür, dass WLAN und andere EMF-Quellen diese Symptome verursachen, aber es gibt einige Forschungsergebnisse, die darauf hinweisen, dass es einen Zusammenhang geben könnte. Einige Studien haben gezeigt, dass elektromagnetische Strahlung die Hirnaktivität beeinflussen kann und dass EMF-Exposition zu Schlafstörungen führen kann. Wenn Sie empfindlich auf EMF reagieren, gibt es einige Dinge, die Sie tun können, um Ihre Exposition zu reduzieren. Sie können beispielsweise Ihr WLAN abschalten, wenn Sie es nicht benötigen, und stattdessen eine kabelgebundene Internetverbindung verwenden. Wenn Sie unterwegs sind, können Sie versuchen, in Hotels oder anderen Unterkünften nach Zimmeroptionen ohne WLAN-Verbindung zu suchen. Es gibt auch verschiedene Arten von EMF-Schutzprodukten auf dem Markt, wie Abschirmfolien und Abschirmgewebe, die helfen sollen, die EMF-Exposition zu reduzieren. Es ist jedoch wichtig, sich bewusst zu sein, dass es keine wissenschaftlichen Beweise dafür gibt, dass diese Produkte tatsächlich wirksam sind. Es ist ratsam, einen Arzt oder Spezialisten für Umweltmedizin zu konsultieren, um eine genaue Diagnose und Behandlung zu erhalten. Regenerate response

Was für Auswirkungen hat die elektronische Unterhaltung, wie bspw. Soziale Medien auf die kognitive Leistungsfähigkeit?

Silvio Frey: Die Auswirkungen von elektronischer Unterhaltung, insbesondere von sozialen Medien, auf die kognitive Leistungsfähigkeit sind ein umstrittenes Thema in der Forschung. Einige Studien haben gezeigt, dass exzessive Nutzung von sozialen Medien zu einer Beeinträchtigung der kognitiven Leistung führen kann, insbesondere in Bezug auf Aufmerksamkeit, Konzentration und Gedächtnis. Diese Auswirkungen können insbesondere bei Jugendlichen und jungen Erwachsenen auftreten, da diese Gruppen häufiger soziale Medien nutzen als ältere Altersgruppen. Einige Studien haben auch gezeigt, dass die Nutzung von sozialen Medien zu einer Verringerung der Empathie und der Fähigkeit zur emotionalen Regulation führen kann. Dies kann dazu führen, dass Menschen Schwierigkeiten haben, zwischen virtuellen Interaktionen und realen Interaktionen zu unterscheiden und soziale Kompetenzen zu erlernen, die für zwischenmenschliche Beziehungen wichtig sind. Allerdings gibt es auch Studien, die zeigen, dass die Nutzung von sozialen Medien positive Auswirkungen haben kann, wie zum Beispiel die Verbesserung der sozialen Fähigkeiten, die Steigerung der Kreativität und die Verbesserung des Selbstbewusstseins. Es ist wichtig zu beachten, dass die Auswirkungen von elektronischer Unterhaltung und sozialen Medien auf die kognitive Leistungsfähigkeit von vielen Faktoren abhängen, wie zum Beispiel der Art und Dauer der Nutzung, dem Alter und der Persönlichkeit des Nutzers sowie der Art der Interaktionen, die auf sozialen Medien stattfinden. Insgesamt ist es wichtig, einen bewussten Umgang mit elektronischer Unterhaltung und sozialen Medien zu pflegen und sich regelmässig Zeit ohne elektronische Geräte und soziale Medien zu nehmen, um eine gesunde kognitive Leistungsfähigkeit zu erhalten.

Die Auslagerung der Medikamentenherstellung in billigere Länder hat sich für die Schweiz bereits als Bumerang erwiesen. Begeben wir uns mit der Auslagerung unserer Gesundheitsdaten und -services in die Cloud nicht in eine ähnlich verhängnisvolle Abhängigkeit?

Reto Widmer: Die Gefahr besteht, deshalb wäre es wichtig, dass sich in der Schweiz das offizielle Patientendossier durchsetzt, dank dem wir unsere Daten kontrollieren könnten. Hier sind wir aus verschiedenen Gründen seit Jahren im Verzug – und die grossen Daten-Konzerne wissen die Zeit zu nutzen, um in die Bresche zu springen.

Ärzte unterstehen dem Berufsgeheimnis nach Strafgesetzbuch. Die Patientenakten auf Papier waren/sind insofern sicher, dass nur sehr wenige Personen «unberechtigt» Zugriff haben (etwa Reinigungskraft, Securitas-Mitarbeiter). Für Einbrecher ist der Nutzen in der Regel wenig lukrativ. Patientendaten sind heute in einer Cloud, wo niemand mehr weiss, wo wie was mit welchen Sicherheitsmerkmalen gesichert ist, sind so ca. 1000 Personen, welche berechtigte Adminrechte haben, teils mit Knowhow um Protokolldaten abzuändern, teils mit Rechten um komplette Datensätze wegzukopieren. Ein Arzt weiss schlicht nicht mehr, wer und wieviele Personen mit/ohne Sicherheitsüberprüfung der Person Zugriff hat. Zudem würde er anders als bei einem Einbruch bzgl. eines Zugriff nichts merken. Ärzte fotografieren «völlig schmerzfrei» Laborberichte mit ihrem Smartphone, um sie anschliessend in die Datenbank hochzuladen. Wie kann ein Arzt mit einer Cloudlösung ernsthaft das Patientengeheimnis schützen? Ich denke, das kann er nicht. Der Patient weiss um diese Risikosituation in der Regel nichts (keine Aufklärung, keine Einwilligung). Das ist grob fahrlässig im Sinne des Datenschutzgesetzes und auch des Strafgesetzes.

Alexander Zimmer: Angesichts der zunehmenden Vernetzung sind der Datenschutz und die Datensicherheit von zentraler Bedeutung. Diese sind gesetzlich geregelt. Die FMH erarbeitet laufend Empfehlungen für Ärztinnen und Ärzte, die den Anforderungen im Umgang mit besonders schützenswerten Personendaten Rechnung tragen. Dabei steht immer das Vertrauensverhältnis zwischen Arzt und Patient im Mittelpunkt. Dazu müssen wir Sorge tragen.

Guten Abend gibt es eine empfehlenswerte App, mit der ich meine Fitness wieder aufbauen und verbessern kann? Ich war früher sehr sportlich. Während den Familiengründungs- und Kleinkindjahren waren sportliche Betätigungen aber aus unterschiedlichen Gründen (Zeitmangel, Energiemangel, körperliche Einschränkungen während und nach den Schwangerschaften usw.) nur noch begrenzt möglich. Jetzt bin ich und mein Körper aber wieder soweit erholt, dass ich gerne wieder mehr Sport (Joggen, Mountainbike, Rennvelo) treiben würde. Ich will das seriös und nachhaltig angehen, damit es meinem Körper damit gut geht und ich mich selber nicht über- bzw. unterfordere. Haben Sie mir Tipps dazu?

Silvio Frey: Guten Abend. Es gibt diverse Apps, die Sie bei Ihrem Bestreben unterstützen könnten. Allerdings ist dies von Ihrer Wahl der Sportart und vielem mehr (Intensität, Zielsetzung, usw.) abhängig. Besser wäre initial einen Bewegungs-Coach / Personal Trainer aufzusuchen, welcher mit Ihnen ein Programm erstellt, entsprechend Ihren Zielsetzungen, Wünschen, Befinden. Meistens werden dabei auch zusätzlich Apps mit in die Ausführung integriert. Das Vorgehen ist aber wohl teurer als einfach eine billige / kostenlose App zu nutzen, dafür nachhaltiger und seriöser. Ansonsten finden Sie bei diesem Rating anhaltspunkte: https://www.owayo.ch/magazin/die-besten-sportapps-und-fitness-gadgets-ch.htm

Im Film «I, Robot» stellt die KI die Menschheit unter Hausarrest, um deren Gesundheit bestmöglich zu schützen. Die Maschine degradiert den unmündigen Menschen quasi zum Haustier. Das scheint eine logische Konsequenz der laufenden Entwicklung zu sein, uns in Richtung einer «gesunden Lebensweise» zu erziehen und immer mehr Entscheidungen an selbstlernende KI zu delegieren. Was spricht dafür, dass dieses Szenario nicht eintritt?

Frank Mathwig: Grundsätzlich hat so ziemlich jede technische und technologische Innovation die Frage nach einer «Diktatur» durch diese Techniken aufgeworfen. Besondere Brisanz erhält die Frage, wenn die Mensch-Maschine-Schnittstelle nicht mehr unmittelbar erkennbar oder diffus wird. Die einzig mögliche Antwort auf die Frage, warum die «totale Herrschaft» der Technik nicht eintritt lautet, dass dieses Szenario in der bisherigen technologischen Entwicklung nicht, zumindest nicht erkennbar, eingetreten ist.

Wie lange geht es, bis ich das Patientengespräch mit Chat GPT führe?

Alexander Zimmer: Für oberflächliche Gespräche und Triageentscheidungen ist so was durchaus vorstellbar. Je individueller und komplexer das Problem, desto wahrscheinlicher werden Sie eine persönlich direkte Betreuung durch eine Gesundheitsfachperson vorziehen.

Ein grosses Problem bei der Entwicklung des EPD sind meines Wissens auch die Schweizer Arztpraxen, die sich gegen Investitionen in neue IT-Infrastrukturen zur Datenverwaltung und -vernetzung sträuben (siehe Corona: Man schickt sich immer noch Faxe zu). Tut sich da was?

Reto Widmer: Es geht was: Ärztinnen und Ärzte, die eine neue Praxis aufmachen, müssen sich dem EPD anschliessen (Revision des KVG). Ich persönlich kenne nur Arztpraxen, die innerhalb der Praxis voll digitalisiert sind. Aber das mag Zufall sein. Ich denke, dass die alleinige «Schuldzuweisung» an die Ärzte zu kurz greift. Gerade «Fax-Gate» war meines Wissens in erster Linie ein Problem des BAGs. Das das EPD bis heute nicht zum Fliegen kam, hat sehr viele Gründe – ÄrztInnen, die nicht mitmachen wollen, sind nur einer davon.

Telemedizin und all die technischen Gadgets muss man sich ja auch erst einmal leisten können. Ist das nur etwas für wohlhabende Gesellschaften wie unsere oder können auch Schwellenländer und Entwicklungsgebiete davon profitieren? Und gibt es nicht sogar schon hierzulande eine Zweiklassengesellschaft, weil Bevölkerungsgruppen (Senioren, Wenigverdienende...) auf den Hightech-Zug nicht aufspringen können oder wollen?

Frank Mathwig: Die digitalisierte Medizin wirft komplexe Gerechtigkeitsfragen auf: Wer hat Zugang zu den Angeboten? Die Daten welcher Personen bzw. Personengruppen werden erfasst und entsprechend ausgewertet? Also werden alle Bevölkerungsgruppen repräsentativ berücksichtigt. Grosse kulturelle Unterschiede gibt es aber auch im Blick auf den Umgang mit digitalen Daten und vor allem mit dem Datenschutz.

Wie kann man digitale Gesundheitsdaten zur eigenen Person bzw. Krankenakte löschen lassen? Welche Rechte an den eigenen Daten hat man?

Reto Widmer: Sie haben die Möglichkeit, beim Anbieter eines Dienstes das Auskunftsrecht einzufordern und auf Wunsch die Daten löschen zu lassen. Das gilt nicht nur für Gesundheitsdaten, sondern grundsätzlich für Daten, die ein Dienst/Firma/Unternehmen von Ihnen speichert. https://www.edoeb.admin.ch/edoeb/de/home/datenschutz/ueberblick/das-auskunftsrecht.html

Gibt es in der Medizin bereits Bereiche, wo man komplett auf Algorithmen vertraut?

Alexander Zimmer: Die Medizin setzt in sehr unterschiedlichem Umfang in ihren Bereichen Algorithmen ein. Es geht letztendlich immer darum, die Gesundheitsfachpersonen in der Diagnose und Behandlung zu unterstützen. Sie sollen aber die therapeutische Beziehung nicht ersetzen.

Grüezi Es ist erwiesen, dass der Konsum digitaler Medien unsere Kinder und Jugendlichen nachhaltig schädigt und überfordert. Warum werden bei politischen, wichtigen, die Digitalisierung betreffenden Entscheidungen keine psychologischen Fachpersonen mit einbezogen. Wenn die Digitalisierung uns gewisse zu erlernende Kompetenzen zu früh abnimmt, werden wir diese nicht mehr innehaben. Wir werden geistig verkümmern und ein gesundes venetztes Denken wird nicht mehr möglich sein. Wer wird für die gesellschaftlichen Schäden aufkommen und wo können diese eingeklagt werden? Besten Dank

Alexander Zimmer: Vielen Dank für Ihren Hinweis, dass bei all diesen komplexen Entwicklungen auch die psychische Entwicklung von Kinder- und Jugendlichen genügend einbezogen werden sollte. Auch ich halte es für wichtig, dass in allen Entscheidungsgremien Fachpersonen, die die psychische Gesundheit und Entwicklung berücksichtigen, mit einbezogen werden sollten.

Weshalb werden von verschiedenen Anbieter (Kassen, Spitaler) verschiedenen E-Patientendossier aufgebaut Sofern die Kräfte gebündelt würden könnten Ressourcen gespart werden. So würde viel schneller den Kunden das E-Patientendossier zur Verfügung stellen

Reto Widmer: Politische Entscheide, Föderalismus, «Kantönligeist», Struktur des Schweizer Gesundheitswesens, hunderte verschiedene Interessen – und schlussendlich auch unsere Mentalität: Der Staat soll sich nicht einmischen, schon gar nicht in unsere Gesundheit. Das führt dann zum bald 20jährigen Gebastel am E-Patientendossier mit bis heute mässigem Erfolg.

Was wurde eigentlich aus dem Inpfdossier-Debakel gelernt? Es kann ja nicht sein, dass ich keinen Zugriff auf meine eigenen Daten habe, wenn ein grosser Anbieter seinen Betrieb einstellt!

Silvio Frey: Aktuell laufen immer noch Bestrebungen, die Impfdaten aus dem Dossier (tatsächlich ein Debakel!), in das elektronische Patientendossier überführen zu können. Dies vor allem im Kt. AG durch die Stammgemeinschaf emedo. Der Stand der Dinge kann hier gefunden werden: https://ehealth-aargau.ch/news/50/15/Datenrettung-Stiftung-meineimpfungen.ch

Gibt es irgendwelche empfohlenen Gehirn-Trainings-Apps, um Demenz/Alzheimer entgegenzuwirken?

Silvio Frey: Es gibt diverse Gehirn Trainings (Brain Training) Apps in den Stores zu finden. Ob diese gegen Demenz / Alzheimer wirken, bleibt offen. Es lassen sich aber im Internet diverse Bewertungszusammenstellung (Ratings) finden (z.B. beste Apps fürs Gehirntraining), welche Anhaltspunkte für die Qualität in der Anwendung der Apps liefern.

Es gibt im AppStore unzählige Gesundheit-Apps, kostenlose und kostenpflichtige. Wie erkenne ich, welche etwas taugen?

Silvio Frey: Es gibt leider nur der Indikator der «Bewertungen» sowie die Anzahl der «Downloads» zu Apps, um deren gesundheitlichen Nutzen durch die Anwendung in einem geringen Masse erkennen zu können. Ebenfalls lohnt es sich, im Internet nach Berichten durch Anwender der App zu suchen.

Polemische Frage: Wenn mir Big Tech erfolgreich zu guter Gesundheit und langem Leben verhilft – warum soll es mich dann stören, wenn dafür meine Daten gesammelt und damit Geld verdient wird?

Silvio Frey: Ich stimme mit Ihrer Ansicht teilweise überein. Durch das Teilen der eigenen Gesundheitsdaten kann die medizinische Forschung und auch die Vorsorge- und Versorgungsforschung Fortschritte machen, welche Ihnen selbst sowie der Allgemeinheit zu Gute kommen können. Nicht ganz gleicher Meinung bin ich betreffend dem Verdienen von Geld mit Ihren Daten. Der ursprüngliche «Produzent» der Daten hat ein Anrecht, an den «Gewinnen» – auch den monetären – der Datenteilung zu partizipieren.

Guten Abend Mein Mann leidet an Hypochondrie. Über das Internet und Apps holt er sich immer wieder Gesundheitstipps. Das neuste heute ist eine App die durch Kamera/Lichtfunktion die Energierate messen soll. Ergebnis: Nahtod – natürlich. Wie zuverlässig sind solche Applikationen? Geht sowas überhaupt? Danke.

Alexander Zimmer: Es gibt > 100'000 Gesundheits-Apps. Da fällt es schwer einen Überblick zu bekommen. Es gibt gut und nützliche und gibt unnütze, ja auch potenziell schädliche. Bezüglich dieser App, die sie beschreiben, wäre ich skeptisch.

Wo steht die Schweiz in Sachen elektronisches Patientendossier? Kommt das jemals zustande?

Reto Widmer: Kurze Antwort: Nicht sehr gut. Kommt es jemals zustande? Im Prinzip ist es da, nur weiss das kaum jemand. Es gab nie so etwas wie einen offiziellen Start fürs EPD. 2022 war eine Art «Startjahr». Dies, nachdem seit etwa 15 Jahren daran gebaut wurde. Sie können sich also jetzt ein EPD eröffnen. Ich habe das selber gemacht im letzten Sommer, auch, um im Digital Podcast über meine Erfahrungen berichten zu können https://www.srf.ch/audio/digital-podcast/was-bringt-das-elektronische-patientendossier-epd?id=12220081 Das Problem ist bis heute, dass man nicht wirklich einen Nutzen hat vom EPD. Ich habe vor kurzem bei einem Routinecheck das Ärztezentrum gebeten, die Diagnose gleich digital in mein EPD zu tun – es ging nicht. Solange nicht alle Anbieter einer ärztlichen Dienstleistung mitmachen müssen, sehe ich schwarz. Der Erfolg des EPD hängt Stand heute deshalb in erster Linie von politischen Weichenstellungen ab, also Gesetzen, Vorschriften ... solange vieles freiwillig ist, wird es wohl schwierig.

Guten Abend Ich habe das Gefühl, dass vor allem Spitäler von den Patienten heutzutage erwarten, dass man sich selbst im Internet erkundigt. Man erhält nur oberflächliche Informationen, für eine individuelle Aufklärung (muss ja nicht lange sein) haben sie keine Zeit. Und genau das wäre wichtig, da das Internet – im Vergleich zu Ärzten – nicht individuell beraten kann und den sonstigen Gesundheitszustand einer Person nicht kennt. Kann das sein oder liege ich da mit meinem Gefühl falsch?

Silvio Frey: Ich bin mit Ihnen einverstanden, dass eine umfassende, und «kundenorientierte» Aufklärung zur einer umfänglichen, qualitativ hochstehenden Anamnese und Diagnose einer Gesundheitsfachperson (stationär oder ambulant) gehört. Ich bin ebenfalls damit einverstanden, dass «das Internet» keine Diagnosen stellen kann, da diese von der Fragestellung an das Internet, der vorgängigen Krankheitsgeschichte, der Gesundheitskompetenz und vielem mehr der Patient:innen abhängt. Sich selbst kurzfristig Unterstützung in Bagatellfällen im Internet zu holen, darf aber durchaus drin liegen

Wie viele Stunden am Tag sollte die Bildschirmzeit nicht überschreiten? Wieviel Pause ist empfehlenswert?

Alexander Zimmer: Das kann mal so generell nicht sagen. Aber Pausen oder Tätigkeitswechsel sollten bei längerer Arbeit am Bildschirm unbedingt eingeplant werden. Nach jeweils 50 Minuten ununterbrochener Bildschirmarbeit sollte eine Pause von rund 10 Minuten eingehalten werden. Dazwischen ist es auch immer wieder gut den Blick vom Monitor abzuwenden und in die Weite zu schauen. Das beugt einer Überanstrengung der Augen vor.

In der Sendung Europa. Kontinent im Umbruch, die digitale Herausforderung (ARTE) wird am Beispiel Estlands gezeigt, wie das digitalisierte Gesundheitssystem funktioniert. Die Patienten haben in diesem Beispiel die volle Kontrolle über ihre Daten. Weshalb ist das bei uns nicht möglich?

Reto Widmer: Mit dem elektronischen Patientendossier (EPD) https://www.patientendossier.ch/ haben PatientInnen die Kontrolle über ihre Daten. Das Problem ist, dass das EPD nicht vom Fleck kommt – und das hat viele Gründe – Gründe, die es in Estland weniger gibt, wie z.B. den Föderalismus im Gesundheitswesen und hunderte von verschiedenen Interessen.

Habe ich eine Chance herauszufinden, welche Gesundheitsdaten von mir in der Cloud gespeichert sind? Gibt es dafür so etwas wie eine zentrale Anlaufstelle?

Reto Widmer: Es gibt keine zentrale Anlaufstelle, aber Sie haben die Möglichkeit, beim Anbieter eines Dienstes das Auskunftsrecht einzufordern. Das gilt nicht nur für Gesundheitsdaten, sondern grundsätzlich für Daten, die ein Dienst/Firma/Unternehmen von Ihnen speichert. https://www.edoeb.admin.ch/edoeb/de/home/datenschutz/ueberblick/das-auskunftsrecht.html

Ist es unethisch, mit der Gesundheit anderer Leute Geld zu verdienen?

Frank Mathwig: Grundsätzlich nicht, auch die Akteur:innen im Gesundheitswesen verdienen damit ihren Lebensunterhalt. Entscheidend aus ethischer Sicht ist, ob die finanziell abgegoltenen Leistungen den Patient:innen dienen oder für andere Zwecke erbracht werden.

Frage zum ,Wie' der digitalen Transformation: Auf welche Bereiche und Prozesse muss zB eine Spitalführung besonderes Augenmerk legen, wenn sie ihre Organisation digital transformieren will? Besten Dank

Silvio Frey: Grundsätzlich sind alle Prozesse der drei Ebenen «Management», «Leistung» und «Support» integrativ zu transformieren. Wichtig ist aber vor allem, dass die Leistungsangebote in den medizinischen Prozessen, end-to-end hinsichtlich der Patient Journey (dem Patientenerlebnis) und den Möglichkeiten der digitalen Vernetzung vollumfänglich transformiert werden. Der Mensch / Kunde / Patient muss einen merkbar verbesserten «Patient Outcome» (Patienten-Nutzen) durch die Digitale Transformation erfahren. Ansonsten ist diese nicht zielgerichtet (mehrwehrbringend) umgesetzt worden

 

Puls, 03.04.2023, 21:05 Uhr ; 

Meistgelesene Artikel