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Psychische Krisen in Pubertät «Meine Tochter klagt, sie könne das ‹Denken› nicht abschalten»

Olivier Andermatt, Matthias Gysel und Stephan Kupferschmid haben Ihre Fragen im «Puls»-Chat beantwortet.

Fachpersonen im «Puls»-Chat

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lic. phil. Olivier Andermatt
Fachpsychologe für Psychotherapie FSP
Samowar Jugendberatung Bezirk Meilen

Matthias Gysel
Dipl. Sozialarbeiter FH Zürich
Berater Elternnotruf Zürich

Dr. Stephan Kupferschmid
Facharzt für Kinder- und Jugendpsychiatrie/-psychotherapie
Chefarzt Adoleszentenpsychiatrie
Integrierte Psychiatrie Winterthur

Chatprotokoll

Guten Abend meine Tochter ist schon eine Weile arbeitslos u ist etwas beeinträchtigt u ist zusätzlich am pubertieren. Psychologe konnte ihr nicht helfe da er nicht auf sie einging

Stephan Kupferschmid: Manchmal braucht es bei Jugendlichen mehr als einen Anlauf bis sie die für sie passende Beratung und Unterstützung finden. Ich würde Ihnen empfehlen, dass Sie zusammen mit Ihrer Tochter überlegen was ein guter nächster Schritt sein könnte.

Die 16-jährige Tochter von guten Freunden hat neuerdings extreme Stimmungsschwankungen und versteift sich gerne auf alterstypische Aussagen und emotionale Ausbrüche, die wohl in erster Linie als Provokation zu verstehen sind. Wir erleben das bei unseren gelegentlichen Treffen hautnah mit und sind manchmal etwas ratlos, wie damit umzugehen ist. Ernsthaft diskutieren? Lächelnd darüber hinwegsehen? Abwinken?

Matthias Gysel: Vielen Dank dass Sie diese Frage in diesem Chat stellen. Die Pubertät ist eine herausfordernde Zeit, einerseits für die Jugendlichen selber, aber auch für die Eltern sowie für Bekannte und Verwandte. Die Stimmungsschwankungen sind Teil dieser Entwicklungsphase. Die emotionalen Ausbrüche können in der Tat ratlos machen, allzumal sie sehr heftig ausfallen können. Ich denke, es ist gut, wenn Sie der Jugendlichen zurückmelden, wie Ihr Verhalten auf Sie wirkt und dass dieses Sie irritiert. Wichtig ist aber, mit ihr in einem möglichst guten und wohlwollenden Kontakt zu bleiben uns die Beziehung nicht abzubrechen. Es ist auch nicht sinnvoll, zynisch oder abwertend darauf zu reagieren. Und manchal kann es auch gut sein, ein Verhalten in der Situation mal zu ignorieren.

Sind Jugendliche mit stärkeren Pubertätserscheinungen auch stärker für psychische Probleme anfällig? Oder ist es umgekehrt?

Matthias Gysel: Diese Frage ist so nicht einfach zu beantworten. Es gibt Jugendliche, bei denen emotionale Schwankungen während der Pubertät stärker sind, was aber nicht zwingend bedeutet, dass sie deswegen bereits psychische Probleme haben. Es kann auch sein, dass Jugendliche, die während der Pubertät ein relativ ruhiges und unaufälliges Verhalten zeigen, psychisch allenfalls nicht sehr stabil sind. Wichtig ist meines Erachtens, Jugendliche während dieser Zeit aufmerksam und wertschätzend zu begleiten, ihnen Sicherheit und Stabiltät anzubieten und in einem guten Austausch mit ihnen zu sein.

Guten Tag. Ich finde es äusserst schwierig festzustellen, was unter psychische Krise und was unter pubertäresTief fällt. Zudem verblüfft mich wie dir Jugendlichen ihre «Depressionen» auf Social Media feiern. Wie viele machen einfach mit, wie viel ist pubertäres Tief und was ist echte Depression?

Olivier Andermatt: Die Unterscheidung ist nicht einfach, da pubertäres Verhalten ja manchmal wirklich besorgniserregend aussehen kann. Und nicht von ungefähr redet man bei der Pubertät auch von einer «normativen» Krise: Es ist eine wichtig Zeit des Umbruchs und der Verunsicherung, wo manchmal kein Stein auf dem anderen bleibt. Eine Zeit, in der sich Jugendliche finden und neu erfinden müssen. Manchmal kann eine «normale» pubertäre Krise in eine «psychische Krise» im Sinne einer «Krankheit» übergehen. Dass merkt man als Eltern vielleicht daran, dass die Krise längere Zeit anhält, dass die Leistungen in Schule oder Ausbildung einbrechen, dass bei Eltern das Gefühl entsteht, das eigene Kind nicht mehr zu erreichen, nicht mehr zu spüren, nicht mehr zu verstehen. Man kann es manchmal auch daran erkennen, dass das Kind leidet unter seinem Zustand, dass es sich zurückzieht, nicht nur von den Eltern, sondern auch von den Kolleginnen und Kollegen, dass es unglücklich wirkt, keinen Antrieb mehr findet für die Dinge, die sonst Spass gemacht haben. Und ja, sie haben recht: Es gibt zunehmend Jugendliche, die in den Sozialen Medien, ihr «Leiden» zum Thema machen, sich in Gruppen zusammen finden und sich darüber austauschen. Das ist zum einen für viele eine Zeitlang hilfreich, weil man man nicht mehr alleine ist, Aber es ist tatsächlich auch heikelh, weil die Gefahr besteht, dass man sich zunehmend in einer solchen «Depro-Bubble» bewegt. Und die dauernde Beschäftigung mit diesen belastenden Themen kann sich negativ auf das Wohlbefinden der Jugendlichen auswirken. Es ist daher wichtig, mit den Jugendlichen über ihr Befinden, über ihre Krise ins Gespräch zu kommen. Letztlich findet man im gemeinsamen Gespräch am besten heraus, wie ernst eine Kirse ist und ob es Sinn machen könnte, sich professionelle Unterstützung zu holen.

Ab wann fängt die heutige Pubertät an? Habe eine 6 jährige Tochter

Stephan Kupferschmid: Insgesamt beginnt die Pubertät in den letzten Jahrzehnten immer früher. Man geht heute davon aus, dass bei Mädchen ungefähr das 10. Lebensjahr der Beginn sein kann.

Wie unterstütze ich unseren Sohn wenn er mit allem überfordert ist und wenn er uns an unsere Grenzen bringt

Matthias Gysel: Ich denke, das ist für Sie als Eltern, aber auch für Ihren Sohn eine herausfordernde Situation. Aus Ihren Zeilen ist nicht ersichtlich, wie alt Ihr Sohn ist und was es bedeutet, dass er «mit allem» überfordert ist. Mir stellt sich auch die Frage, ob er Sie mit seiner Ueberforderung an Ihre Grenzen bringt. Wichtig scheint mir zu sein, dass Sie mit Ihrem Sohn in einem guten Kontakt, in einer guten Beziehung bleiben. Suchen Sie das Gespräch mit ihm, wenn die Situation gerade gut ist, also nicht während einer Auseinandersetzung. Versuchen Sie, mit ihm gemeinsam herauszufinden, was ihn in welchen Situationen ganz konkret überfordert und welche Hilfe er annehmen möchte und kann. Es ist hierbei wichtig, möglichst im Konkreten zu bleiben. Holen Sie ihn bei der Lösungssuche «ins Boot» und entwickeln Sie gemeinsam mögliche Lösungsschritte. Allenfalls kann es dann auch sinnvoll sein, dass Ihr Sohn, je nach der sich zeigenden Problematik oder Schwierigkeit, professionelle Unterstützung erhält.

Ab wann beginnt die Depression bei den jungs

Stephan Kupferschmid: Depressionen können generell in jedem Lebensalter auftreten. In der Entwicklung zeigt sich das Bild einer Depression aber auch unterschiedlich in jedem Lebensalter. Bei Jugendlichen gibt es ab dem Alter von 12 Jahren eine deutliche Zunahme von Depressionen.

Ist es normal, dass Mädchen bereits im Alter von 11 Jahren beginnen zu pubertieren?

Stephan Kupferschmid: In den letzten Jahrzehnten ist der Beginn der Pubertät immer früher. Bei Mädchen ist das 10. Lebensjahr ein üblicher Beginn. Bei Jungs etwas später. Gründe für den früheren Beginn kann die gute Ernährungslage und die gute medizinische Versorgung sein.

Ich suche im Kanton VD für meinen Sohn einen Asperger Spezialisten.

Stephan Kupferschmid: Die Schweizerische Gesellschaft für Kinder- und Jugendpsychiatrie und -psychotherapie hat auf https://www.sgkjpp.ch ein Serviceangebot zur Suche von Fachpersonen. Dort sind auch für den Kanton VD etliche Fachpersonen gelistet.

Mein Sohn 14 Jährig sagt er schlafe dauernd schlecht. Ist dies im Zusammenhang mit der Pubertät möglich? Was kann man dagegen tun?

Olivier Andermatt: Schlafprobleme können sehr unterschiedliche Ursachen haben. Körperlich oder psychische. Häufig verursachen Stress, Sorgen und/oder belastende Erfahrungen Schlafprobleme. Da die Pubertät mit sehr intensiven Gefühlen, im Guten wie im Negativen einhergehen, kann es in dieser Zeit durchaus schwierg sein, sich nachts zu entspannen und einen guten Schlaf zu finden. In diesem Sinne ist es wichtig, dass Sie das Gespräch mit Ihren Sohn suchen, dass Sie mit ihm hinschauen und herauszufinden versuchen, was ihn stresst, was ihm Sorgen macht. Ein weiterer Grund für Schalfprobleme kann auch der späte und übermässige Konsum digitaler Meiden sein. Viele Jugendliche schauen oft bis kurz vor dem Lichterlöschen Videos oder spielen Videogames. Beides regt eher an und macht einem das Entspannen schwer. Und das Blaulicht der Bildschirme verhindert zusätzlich, dass man in den Schlafmodus kommen kann. Es ist wichtig, dass Jugendliche den Medienkonsum deutlich vor dem Zubettgehen beenden. Nicht auszuschliessen sind auch köperliche Ursachen. Da kannn es sinnvoll sein, dies mit der Hausärztin oder dem Hausarzt zu besprechen.

Wenn ich keine Lust mehr habe aufzustehen meine Sachen zu erledigen ist das ein Anzeichen einer Depression.

Matthias Gysel: Ich denke, dass wir alle mal keine Lust haben, am Morgen aufzustehen und unsere Arbeiten zu erledigen. Das ist nicht Besorgnis erregend, wenn dies ab und an vorkommt. Bereitet das Aufstehen am Morgen aber über einen längeren Zeitraum konstant Schwierigkeiten, sind auch Aengste vorhanden und es ist nicht mehr möglich, den Alltag zu bewältigen, ist es sinnvoll, sich vertrauensvoll an eine Fachperson zu wenden und sich unterstützen zu lassen.

Was kann man tun, wenn sich ein Jugendlicher im Umfeld (nicht das eigene Kind) von selbstverletzendem Verhalten und Suizidgedanken erzählt, sich der Jugendliche aber nicht getraut selbst aktiv bei einer Stelle Hilfe zu holen und die Eltern nicht kooperieren?

Stephan Kupferschmid: Das Mitteilen von Suizidgedanken kann auch für andere Jugendliche belastend sein. Falls ihr eigenes Kind Probleme damit haben sollte, lohnt es sich auch dies zu besprechen. In der Schweiz gibt es eine Reihe von niederschwelligen Angeboten. Vielleicht wäre es eine Möglichkeit diese ins Gespräch zu bringen. So kann man bei der «147» von Pro Juventute sich vertraulich und kostenlos beraten lassen. Auch das schulische Umfeld kann unterstützen wenn sie über diese Äusserungen informiert werden.

Unsere 12-jährige Tochter wäscht sich plötzlich wegen jeder Kleinigkeit die Hände und möchte manche Sachen nicht mehr direkt anfassen. Kann dies vorübergehend sein oder sollten wir alarmiert sein?

Stephan Kupferschmid: Die von Ihnen geschilderte Symptomatik kann auf eine Zwangsstörung hinweisen. Diese kann auch schon in diesem frühen Alter auftreten und es ist empfehlenswert möglichst rasch eine Abklärung und Therapie zu beginnen. So kann man einer Chronifizierung vorbeugen. Wenn diese Verhaltensweisen länger als 2 Wochen bestehen und nicht besser werden, würde ich eine Abklärung bei einer Fachperson empfehlen.

Unsere Tochter vernachlässigt die Ordnung, welche sie noch vor vier Jahren pflegte. Sitzt in der Freizeit zuhause mit Smartphone stundenlang im dunkeln Zimmer. Vergisst Stecker auszuziehen. Vergisst beim verlassen der Wohnung das Licht zu löschen. Ich suche den Kontakt für ein Gespräch; sie antwortet, ich hänge zu nahe an ihr. Frage: Ist dieses Verhalten Standart?

Olivier Andermatt: Was Sie beschreiben ist tatsächlich nicht ganz selten in der Jugendzeit. Jugendliche sind oft so mit sich selber beschäftigt, dass so profane Dinge wie Stecker ausziehen, dass Licht löschen oder das Zimmer in Ordnung halten völlig unwichtig erscheinen. Zudem helfen die daraus entstehenden Auseinandersetzung mit den Eltern, sich emotional etwas zu lösen, um den Schritt aus der Familie in die Welt machen zu können. Auch der Rückzug ins eigene Zimmer ist durchaus alterstypsich. Mit dem Aufkommen der digitalen Medien ist auch der intensive Medienkomsum bei vielen Jugendlichen «normal» geworden. Viele pflegen ihre Kontakte mehr über Soziale Medien als im «realen» Leben. Und leider gibt es immer mehr Jugendliche, die dem Sog von Smartphone & Co wenig entgegenzusetzen haben und deshlab in eine Suchtentwicklung geraten können. Es ist daher wichtig, dass Eltern mit Kindern und Jugendlichen klare Regeln zur Mediennutzung aushandeln und diese Regeln dann auch durchsetzen.

Unser Enkel (12), hat nach Ferien mit einem Kollegen und dessen Familie (Vater ist der Trainer des Jungen) Schlafprobleme mit Panikattacken entwickelt. Kurze Zeit nach den Ferien mussten ihn seine Eltern nachts beim Kollegen abholen. Als er bei uns, wo er schon oft übernachtete, hatte er wieder eine Attacke und sagte, er könne nur noch Zuhause schlafen. Nach einem Gespräch ging er ins Bett . Er hat während längerer Zeit stark gezittert und dann Zuckungen gehabt. Gehört das zur Pubertät?

Stephan Kupferschmid: In der Pubertät sind verschiedene Entwicklungsaufgaben zu bewältigen. Der Erwerb von mehr Autonomie und Eigenständigkeit ist eine sehr Wichtige davon. Wenn diese Entwicklungsaufgaben nicht bewältigt werden, können psychische Probleme resultieren. Die von Ihnen geschilderten Probleme gehören nicht zur normalen Pubertät und wenn sie länger bestehen würde ich eine Abklärung bei einer Fachperson empfehlen.

Hallo liebes Puls Team. Wir haben einige Probleme wie sie im Beitrag erwähnt haben. Gestern kam es leider zu einem grossen Zwischenfall. Unser Sohn hat uns komplett ausgenutzt damit er ein Fussballspiel an schauen kann. Am Sonntag Abend wollte er von uns eine Unterschrift haben für einen zwischen Bericht der Lehrfirma. Hierbei ist nun die Bombe geplatzt. Heute Morgen haben wir festgestellt das unser Sohn über Nacht «die Flucht ergriffen hat» Das ganze ist nun 24h her, was sollen wir tun?

Matthias Gysel: Sie schreiben, dass Ihr Sohn nun seit 24h «auf der Flucht», also nicht mehr zu Hause ist. Wenn die Möglichkeit besteht, versuchen Sie mit ihm per Handy im Kontakt zu sein. Allenfalls gibt es Freunde, bei denen er sich aufhält. Wenn es Ihnen nicht gelingt, mit Ihrem Sohn in Kontakt zu treten, können Sie ihn polizeilich ausschreiben lassen. Ich kann gut nachvollziehen, dass diese Situation für Sie sehr beunruhigend und belastend ist. Sie schreiben, dass bezüglich einer Unterschrift, die er für einen Bericht für die Lehrfirma von Ihnen haben wollte, «die Bombe» geplatzt sei. Ich gehe davon aus, dass etwas zu Tage getreten ist, was ihr Sohn Ihnen verheimtlich hat. Ich denke, es ist wichtig, dass Sie nach seiner Rückkehr mit ihm die Situation anschauen und besprechen können und eine weitere Eskalation verhindern. Zeigen Sie ihm auf, welche Verantwortung Sie als Eltern haben und übernehmen wollen, dass Sie sich Sorgen machen und welche Verantwortung er in seiner Situation übernehmen muss. Wichtig ist, die Beziehung zu ihrem Sohn aufrecht zu erhalten und nicht abzubrechen. Zeigen Sie ihm, dass Sie für ihn da sind und ihn auch in dieser Situation unterstützen und ihm beistehen.

Mein Sohn (14 jährig) hatte letztes Jahr einen ziemlich starken schulischen Leistungsabfall. Er leidet unter Konzentrationsschwierigkeiten, arbeitet langsam und ist im Gegensatz zu früher nicht mehr motiviert. Was ihm jedoch immer noch sehr gut gefällt, ist sein Sport, den er mit viel Enthusiasmus betreibt. Was empfehlen Sie, was man tun soll? Ansonsten geht es ihm gut, er hat keine Schlafprobleme. Manchmal etwas Stimmungsschwankungen, aber soweit nicht tragisch.

Stephan Kupferschmid: Die von ihnen beschriebene Situation ist nicht untypisch für die Zeit der Pubertät. Was ist noch «normal» und ab wann bedarf es einer Beratung? Der starke Leistungsknick und die Konzentrationsschwierigkeiten erscheinen mir sehr wichtig. Ich würde Ihnen empfehlen mit ihrem Sohn ein Gespräch zu suchen, ihm ihre Beobachtungen mitzuteilen und ihn nach seinem Erleben zu fragen. Auch die Perspektive der Lehrpersonen ist relevant. Aus diesen Gesprächen könnte dann die Anmeldung bei einer Beratungsstelle resultieren. Vielleicht gibt es eine solche Möglichkeit ja an der Schule. Auch seine Stärken sind wichtig und sollten bei all den geschilderten Themen nicht vergessen gehen.

Mein Sohn ist jetzt 23. Er sagt, dass er seit Jahren keine Freude mehr empfindet. Er «funktioniert» gegen aussen, sagt aber, dass er nicht mehr mag. Er hat das Leben satt. Er will sich nicht helfen lassen. War vor 3 Jahren in Behandlung bei einem Psychiater, hatte aber von den Medikamente so starke Nebenwirkungen, dass er alles aufgegeben hat. Er hat Zeiten wo es ihm besser geht und Zeiten wo er stundenlang ins Leere schaut. Wie kann man jemandem helfen der sich nicht helfen lassen will?

Olivier Andermatt: Sie stellen eine Frage, auf die ich Ihnen wohl keine befriedigende Antwort geben kann. Denn man kann einen erwachsenen Menschen wahrschinlich wirklich nicht «zwingen», Hilfe anzunehmen, wenn er das nicht will. Ausnahme ist vielleicht eine Situation, in der jemand hoch suizidal ist. Dann kann er von einem Arzt vorübergehend in eine Klink eingewiesen werden, um ihn vor sich selber zu zu schützen. Aber vielleicht kann man Hilfe in einer solchen Situation auch noch anders verstehen. Hilfe könnte hier bedeuten, die Hoffnung nicht aufzugeben, im Kontakt und präsent zu bleiben, zu zeigen, dass dieser Mensch einem wichtig ist, auch wenn es ihm nicht gut geht und keine Hilfe annehmen will. Hinweise auf Unterstützungangebote können hilfreich sein (auch wenn sie im Moment vielleicht nicht angenommen werden können), sie sollten aber nicht dauernd wiederholt werden. Kurz: Was wir in dieser Situation tun können, ist den anderen nicht aufzugeben und auch andere dazu zu ermutigen im Kontakt zu bleiben.

Guten Abend, meine Frage ist. Ob es normal ist das wir als Eltern keinen Kontakt zu der Psychologin haben dürfen? Unser Sohn ist 19.

Stephan Kupferschmid: Diese rechtliche Situation ist für Angehörige häufig schwierig. Wenn ein volljähriger, urteilsfähiger Mensch den behandelnden Fachpersonen untersagt Auskünfte zu geben, müssen diese sich daran halten. Allerdings ist aus meiner Sicht die Zusammenarbeit mit den Angehörigen ein wichtiger Teil der Therapie. Kontakte, in denen sie ihre Sicht der Dinge erläutern kann es geben. Auch gibt es an vielen Kliniken Fachstellen für Angehörige und ein schweizweites Netzwerk für Angehörigenarbeit (www.angehoerige.ch). Vielleicht finden sie dort eine Kontaktadresse aus Ihrer Region.

Als besorgte Nonna beobachte ich, wie meine 11 jährige Enkelin ausrastet,herumschreit und die Eltern beschimpft, wenn ihr was nicht passt. Das kommt z.b. vor, wenn ihre 9jährige Schwester zuerst aufgestanden ist, vor ihr Zähne putzt, etwas zusätzlich unternehmen kann, wenn sie in der Schule ist etc. Wie sollen/können die Eltern, auch Grosseltern darauf reagieren?

Matthias Gysel: Ich finde es schön, dass Sie sich als besorgte Nonna in diesem Chat an uns wenden. Bei Ihrer 11-jährigen Enkelin beginnt allenfalls die Pubertät. Eine herausfordernde Situaiton für alle Beteiligten. Zudem ist ein Geschwisterstreit oft Bestandteil des Familienlebens. Es kann sinnvoll sein, dass sich die ganze Familie, wenn die Situation gut und entspannt ist, zusammensetzt und die Situaiton gemeinsam bespricht. Ziel des Gesprächs soll sein, dass sich alle Familienmitglieder wieder wohl in der Familie fühlen können, man sich nicht mehr gegenseitig anschreit und die Grenzen respektiert, wofür alle, die Kinder, die Eltern und die Grossmutter, einen Beitrag leisten können. Beziehen Sie die Kinder in die Lösungssuche ein. Fragen Sie sie, wie sie die Situation sehen und welche Möglichkeiten sie für eine poslitive Veränderung erkennen. Auch die Eltern und Sie können Vorschläge einbringen, die man dann gemeinsam bespricht. Und wenn es über eine gewisse Zeit besser oder gut läuft, darf sich die Familie mit einem schönen gemeinsamen Erlebnis belohnen.

Weshalb sind zu diesem sehr wichtigen Thema ausser der Moderatorin nur Männer an der Front, obwohl Mädchen doch oft sehr schwierige Zeiten durchleben und sicher nicht nur mönnliche Experten benötigen!!!!????

Chat-Admin: Herzlichen Dank für Ihre berechtigte Frage. Das von Ihnen angesprochene Missverhältnis ist uns schmerzlich bewusst, es liess sich in diesem Fall aber leider nicht vermeiden. Die «Puls»-Redaktion tut ihr Möglichstes, um das Verhältnis der weiblichen und männlichen Gäste und Fachleute stets möglichst ausgewogen zu gestalten. Der Erfolg hängt dabei aber nicht nur vom Themengebiet ab, sondern auch von anderen Faktoren wie zum Beispiel der zeitlichen Verfügbarkeit der angefragten Personen.

Guten Abend. Meine Tochter, 16,5 Jahre klagt, dass sie das «Denken» nicht abschalten kann. Sie neigt zu sehr hohen Erwartungen an sich, will immer alles perfekt machen, steht sich aber selber sehr im Weg. Hat sehr grosse Stimmungsschwankungen und ist eher zurückgezogen und introvertiert. Leider erlebte sie in der 7. Klasse, dass die beste Freundin sie «verstossen» hat und sich anderen Mädchen anschloss. Meine Tochter fand keinen Anschluss mehr. Wäre ein Psychologe gut?

Stephan Kupferschmid: Eine Psychotherapie kann bei den beschriebenen Themen eine gute Unterstützung sein. Wenn Jugendliche selbst einen Sinn in therapeutischen Gesprächen sehen und auch eigene Ziele formulieren können, ist auch in kürzerer Zeit eine deutliche Veränderung möglich. Aus diesem Grund würde ich ihnen raten ihre Tochter in der Suche einer passenden Therapeutin zu unterstützen.

Es geht um die Tochter vom Bruder. Trennung der Eltern vor 9 Jahren.Mädchen, 10 Jahre. Trägt seit ca.1 Jahr nur noch schwarze Kleider. Kann Wünsche, Anliegen nicht äussern und kann kaum Entscheidungen treffen. Sobald man ihr sagt, dass sie sich jetzt entscheiden muss (z.B.Bestellung im Rest.)bekommt sie Panik. Und wenn sie in den Ferien den Papa nicht gesehen hat, begann sie zu weinen. Ich habe eine enge Beziehung zu ihr. Wie kann ich sie unterstützen? Dankeschön

Olivier Andermatt: Aufgrund dieser wenigen Angaben ist zu vermuten, dass Ihre Nichte unter der Trennung der Eltern leidet. Oft ist es bei schwierigen Scheidungen für die Kinder schwierig, zu beiden Elternteilen eine gute Beziehungen zu haben, v.a. wenn es den Eltern vielleicht nicht so gut gelungen ist, ihre Konflikte konstruktiv auszutragen, ohne die Kinder darin zu verwicklen. Was Sie als Grossmutter in dieser Situation tun können, ist Ihrer Nichte eine aufmerksame, offene, verständnisvolle Vertraute zu sein, auf die sie zählen kann. eine Vertraute, die auf ihrer Seite steht. Bei Ihnen soll sie sie so sein können, wie sie ist oder sich gerade fühlt. Als Grossmutter sind sie freier von den Alltagszwängen als die Eltern. Diese Freiheit können sie nutzen, um ihrer Nichte ein Ort der Sicherheit und des Verstädnisses zu geben.

Mein Neffe hat sich seit der Pubertät stark verändert: «Null Bock», Kiffen und Alkohol. Letztes Jahr hat er zwar die Lehre abgeschlossen aber er kommt nicht aus der Krise raus. Er verweigert jegliche Hilfe und meint man solle ihn einfach in Ruhe lassen. Er hat sich auch nicht dazu motivieren lassen sich eine Arbeitsstelle zu suchen. Mittlerweile volljährig, können ihn die Eltern nicht beim Arzt/Psychiater anmelden weil er dort nicht hingehen würde. Was empfehlen Sie? Wie weiter?

Stephan Kupferschmid: Solche Situationen können wirklich hilflos machen. Der junge Mann ist zwar volljährig, scheint jedoch von der Entwicklung noch nicht so selbstständig zu sein wie dies angemessen wäre. Eine Behandlung gegen den Willen des Betroffenen kommt nur in Ausnahmefällen (akute Selbst- oder Fremdgefährdung) in Betracht. Vielleicht wäre die Suche nach einer gemeinsamen Motivation ein Weg. Gibt es Punkte wo auch er einen «Leidensdruck» hat – oder leidet nur das Umfeld?

Unser 19-jähriger Sohn flog aus der Matur, 1 Woche vor Abschluss aus dem Lehre. Nun ist er arbeitslos, macht den Tag zur Nacht u. umgekehrt. Er hat in der Familie Geld gestohlen, liegt seit über 1 Monat nur noch im Bett rum, geht nur nachts raus, bewegt sich nicht, hat 10 Kilo zugenommen. Alles, was wir ihm beigebracht und vorgelegt haben, ist bei ihm weg. Er ist respekt-, anstandslos und ein totaler Egomane geworden. Auch hat er mal geschrien, er würde vor den Zug springen. Wie weiter???

Stephan Kupferschmid: Ihr Sohn scheint in einer akuten Krise zu sein. Ich würde Ihnen empfehlen eine Fachabklärung aufzugleisen. Auch wenn ihr Sohn nicht zu Terminen mitgehen sollte, gibt es die Möglichkeit einer Beratung und evtl. auch die Möglichkeit einer aufsuchenden Unterstützung im häuslichen Rahmen. Bei akuten Suizidäusserungen bin ich immer sehr alarmiert und würde dann auch zum Zuzug eines Notfallarztes raten. Auch für Angehörige kann so eine Situation über eine längere Zeit sehr belastend sein , schauen sie also auch gut zu sich.

Sollte man mit 18 Jahren (weiblich) bei starken Stimmungsschwankungen, Gereiztheit, vielen traurigen Gefühlen und dann wieder vielen fröhlichen Gefühlen, nebst einer psychologischen Behandlung auch körperliche hormonelle Abklärungen machen?

Stephan Kupferschmid: Am Beginn einer Behandlung sollte immer auch eine ausführliche körperliche Untersuchung stehen um mögliche körperliche Ursachen für die genannten Symptome auszuschliessen. Gerade bei Stimmungsproblemen gibt es eine Reihe möglicher körperlicher Ursachen, so zB Schilddrüsenfunktionsstörungen. Ein Beratungsgespräch bei ihrer Hausärztin wäre deshalb empfehlenswert.

Unser 17 jähriger Sohn hat wenig engere Freunde. Seine Erwartung an Gleichaltrige ist recht hoch. Er fühlt sich wohler und besser Verstanden bei älteten Personen. Er hat daher auch mal Stimmungsschwankungen, da er gerne mehr gleichaltrige Freunde hätte und solche, welche seine Interessen und Ansichten so akzeptieren. Wie können wir ihn in dieser Situation unterstützen?

Matthias Gysel: Ich denke, Sie können Ihren Sohn dahingehend unterstützen, dass Sie mit Ihm in einem guten Kontakt sind und das Gespräch über seine Situation offen mit ihm führen. Sie sagen, dass er sich bei älteren Personen besser verstanden und auch wohler fühlt. Das zeigt mir, dass er Kontakte ausserhalb der Familie hat.Zudem wünscht er sich auch Kontakte zu gleichaltrigen Freunden. Es ist für ihn sicher hilfreich, wenn er mit Ihnen darüber reden kann. Vielleicht besteht die Möglichkeit, dass er über eine Freizeitaktivität mit Gleichaltrigen in Kontakt kommt. Sie können ihn unterstützen, in dem Sie ihn ermutigen, es zu versuchen. Gelingt ihm dieser Schritt, kann er wichtige und sicher auch positive Erfahrungen sammeln. Sie schreiben, dass er ab und an Stimmungsschwankungen hat. Ich denke, dass diese in diesem Altern durchaus vorkommen können. Sind Sie diesbezüglich aber beunruhigt, können Sie mit Ihrem Sohn besprechen, ob eine professionelle Unterstützung hilfreich sein kann.

Meine Tochter 16 hat gerade ihre Lehre begonnen. Es war ihr Traum und die Wunschlehrstelle. Während der 1. Woche gab es Ernüchterung und in der Berufsschule die Suche nach Konfrontation, sich ungerecht behandelt fühlen. Sie verkriecht sich im Zimmer, empfindet wenig Freude, schläft viel wenn Sie nicht Arbeiten muss, schläft in der Nacht schlecht. Sie ist in der 3. Wo. für den Schultag nicht mehr aufgestanden, isst weniger, fühlt sich schlecht. Waren beim Ki.arzt. Neubeurteil. 4 Wo., reicht das?

Olivier Andermatt: Das zu beurteilen masse ich mir aus der Distanz nicht an. Aber wenn ich Ihre Zeilen lese, dann stelle ich mir die Frage, was genau in der Lehre und v.a. in der Beufsschule passiert ist, dass Ihre Tochter nach so kurzer Zeit nicht mehr zur Schule gehen will. Da würde ich wohl versuchen, noch genauer hinzuhören. Ich gehe immer davon aus, dass es gute Gründe gibt, wenn eine Jugendliche so verhält. Wenn das Gespräch zuhause nicht gelingt, könnte es vielleicht sinnvoll sein, neben dem Kinderarzt auch noch eine Psychologin oder einen Psychologen einzuschalten. Oder eine*einen Schulsozialarbeiter*in hat, falls die Berugfsschule das anbietet. Und wenn sich die Lehre wirklich als die falsche heruasstellt, dann macht es sicher Sinn, mit Ihrer Tochter eine Standortbestimmung zu machen und Alternativen zu prüfen. Am besten, bevor Ihre Tpchter gleich die Lehr hinschmeisst. Die Berufsberatung könnte hier eine gute Unterstützung sein.

Mein 19jähriger Sohn hat seit 2 Jahren Depressionen nach dem Tod seines Vaters. Die psychologischen Fachpersonen haben meines Wissens noch nie sein Trauma aufgearbeitet. Anstelle davon hat er ADHS-Medikamente und Psycho-Pharmaka erhalten, die er kürzlich wieder abgesetzt hat. Eine Trauma Aufarbeitung lehnt er ab, alle alternativen Vorschläge finden keinen Anklang bei ihm. Momentan macht er einen stabileren Eindruck, wie kann ich ihn bestenfalls unterstützen? Was ist eine sinnvolle Prävention?

Stephan Kupferschmid: Aus ihren Schilderungen wird klar, dass bei ihrem Sohn mehrere Themen vorliegen. Dabei gibt es bei ADHS, Traumafolgestörungen und Depression einige Überschneidungen. Gerade bei der Traumatherapie ist der Wunsch des Betroffenen dies zu bearbeiten äusserst relevant. Bei manchen Menschen entsteht dieser Wunsch erst in späteren Lebensabschnitten. Vielleicht könnten sie aktuell durch einen Blick auf das Gelingende und Positive ihren Sohn in seiner Entwicklung unterstützen.

Mein Sohn ist 24. Als Kind/Jugendlicher war er impulsiv und konnte sich nicht immer kontrollieren (hat geschlagen od verletzende Worte gesagt). In der Schule war er eher unruhig und somit keine gute Noten erhalten. Mit 17 und 18, die Schule nicht mehr ernst genommen. Resultat; schlechte Noten und keine Ausbildung anfangen können. Er versucht jetzt Prüfungen nachzuholen um seine Noten zu verbessern und somit ins Uni zu kommen, aber er kämpft mit tiefem Selbstwertgefühl. Wie kann ich unterstützen?

Matthias Gysel: Sie schreiben, dass Ihr Sohn eine eher schwierige und herausfordernde Schulzeit verbracht hat und sich die Situation am Ende seiner Schulzeit noch zuspitzte, mit dem Ergebnis schlechter Noten. Zudem konnte er nach der Schulzeit keine Ausbildung beginnen. Da er nun versucht, Prüfungen nachzuholen und seine Noten zu verbessern, zeigt, dass er sich entschieden hat, seine Situation zu verändern. Er hat sich ein Ziel gesetzt, das er erreichen möchte. Aufgrund seiner schulischen Biographie ist es nachvollziehbar, dass sein Selbstwertgefühl diesbezüglich nicht sehr hoch ist. Unterstützen Sie sein Vorhaben. Zeigen Sie ihm, dass Sie ihm diese Leistung zutrauen und dass Sie ihn dabei unterstützen und dass Sie Freude an seiner Entwicklung haben. Wenn er an seinem Selbstwertgefühl arbeiten möchte, besteht die Möglichkeit, dass er sich für diesen Prozess zusätzlich therapeutisch begleiten lässt.

Mein 17jähriger Sohn hat vor gut 2 Jahren seinen Vater verloren. Gemeinsam haben wir versucht das traumatisierende Ereignis aufzuarbeiten in vielen Gesprächen, was uns anfänglich gut gelungen ist. Seit ein paar Monaten ist er zunehmende unausgeglichen, spricht sehr wenig und hat nun auch schulische Probleme bekommen. Er zieht sich mehr und mehr zurück. Wie soll ich mich als Mutter verhalten?

Stephan Kupferschmid: Sie haben sehr wichtige Schritte gemacht, indem sie Gespräche geführt haben und die Situation aktiv angegangen sind. Vielleicht ist nun auch noch ein anderes Thema aktuell, dass noch gar nicht so klar benannt ist. Manchmal kann es in solchen Situationen hilfreich sein, eine externe Fachperson hinzuzuziehen. In einer Psychotherapie kann eine «Auslegeordung» der aktuellen Situation vorgenommen werden.

Bei Kritik oder wenn ihr etwas nicht passt kann unsere 12jährige Tochter richtig aggressiv werden und auch mal körperlich auf uns losgehen. Sie kann äusserst verletzende Dinge sagen, die ihr im Nachhinein wieder leid tun. Abgesehen von diesem kurzen ausrastern ist sie ein sehr liebes Mädchen. Was können wir tun und wie ihr helfen, ihre Emotionen besser in den Griff zu bekommen ?

Olivier Andermatt: Jungendliche haben oft sehr heftige Emotionen. Und sie haben manchmal grosse Mühe, diese Emotionen zu kntrollieren. Dann können heftige Ausbrüche, verbale und handgreifliche, auftreten. Das hat auch mit der neurobiologischen Entwicklung des Gehirns zu tun. Das Ihre Tochter Ihr Verhalten im Nachinein bedauert, zeigt ja, dass sie offenbar sich selber nicht ganz versteht. In der Regel sollte sich das Ganze mit der Zeit wieder geben, sich wieder beeruhigen. Als Eltern müssen Sie aber dennoch mit diesen Ausbrüchen umgehen. Dazu folgende Gedanken: Versuchen Sie selber ruhig zu bleiben. Es hilft niemandem, wenn Sie auch noch laut werden. Machen Sie aber, wenn die Gemüter wieder etwas ruhiger sind, klar, dass Sie das nicht tolererien. Versuchen Sie nun auch mit ihr herauszufinden, was sie denn genau so aufgeregt hat. Und versuchen Sie mit ihr zusammen herauszuarbeiten, wie sie das in einer nächsten Situation vielleicht ihren Unmut anders ausdrücken könnte. Und vor allem: Belohnen Sie ihre Tochter, wenn es ihr gelingt, ihre Gefühle und ANliegen konstruktiv zu äussern.

Meine Tochter,13Jahre hat sich im Frühling immer mehr in ihr Zimmer zurückgezogen,sich abgekapselt.Hat sich die Arme geritzt , das ich per Zufall entdeckt habe...Als ich sie dann eines Morgens per Zufall mit einem Glas Javelwasser in der Hand „ertappt „ habe, habe ich dann eine Psychotherapeutin gefunden ,nachdem ich probiert habe mit meiner Tochter zu reden, damit sie mit jemandem über alles reden kann weil ich nicht zu ihr vordringen konnte. Sie will aber nicht hingehen...was kann ich machen?

Stephan Kupferschmid: Die geschilderte Situation ist aus meiner Sicht ernst zu nehmen und ihre Tochter und auch sie brauchen sicher Unterstützung. Der Schritt zu einer Therapeutin war sehr richtig. Auch wenn ihre Tochter nicht mitgeht, können sie sich beraten lassen und zusammen in Gesprächen die nächsten Schritte überlegen und planen. Manchmal ist bei wiederkehrenden suizidalen Handlungen auch eine Behandlung in einer Klinik für Jugendliche notwendig.

Wir haben den Verdacht, dass unser 15jähriger Sohn gamesüchtig ist. Er hält sich kaum an unsere Medienkonsumregeln und kommt seinen täglichen Pflichten, wie Hausaufgaben, Ämtli nicht nach. Momentan ist sein täglicher Gamekonsum auf 6h angestiegen. Unsere Frage an Sie: Sollen wir weiterhin sein Handy mit Gewalt entziehen oder an seine Eigenverantwortung appellieren mit natürlicher Konsequenz (Schulausschluss) Gibt es eine Fachstelle für online-Gamesucht bei Jugendlichen? Wir sind ratlos.

Matthias Gysel: Ich kann Ihnen folgenden Link zu dieser Thematik geben: https://suchtpraevention-zh.ch/safer-use-und-sucht/verhalten/online-konsum/ Allenfalls finden Sie über diese Adresse die für Sie und Ihren Sohn notwendige Unterstützung. Diese Thematik fordert Eltern sehr heraus. Eine «einfach» Lösung gibt es nicht. Ich denke, es braucht einerseits klare Regeln und Vereinbarungen, andererseit ist es auch wichtig, dass Ihr Sohn in diesem Bereich für sein Verhalten zunehmend Verantwortung übernimmt.

Guten Abend, mein Sohn (13) hat seit ca 3 Jahren quasi von 0 auf 100 Stimmungsschwankungen. Dies meistens, wenn es um das Lernen geht, eine kurzfristige Planänderung erfolgt, nicht seinem Wunsch entsprochen wird. Dann flucht er, diffarmiert, setzt den Körper v.a. gegen den jüngeren Bruder ein, wirft Sachen umher etc. Manchmal dauert es einen Tag, manchmal ist nach einer Stunde wieder sehr zugänglich und «normal» wie er auch meistens ist. Was empfehlen Sie (therap. Unterstützung, abwarten)? Dank

Stephan Kupferschmid: Wenn diese Verhaltensweisen regelmässig auftreten und zu einem deutlichen Leidensdruck führen, würde ich ihnen eine Abklärung bei einer Fachstelle empfehlen. Im Kanton Zug bietet Triaplus solche Abklärungen und Therapien an. Wenn frühzeitig mit einer Therapie begonnen wird können Folgeschäden und zusätzliche Probleme oft vermieden werden.

Medienkonsum: wie muss man als Eltern mit Teenagers umgehen wenn sie jede freie Minute auf das Handy, Tablett, Computer und co. sein wollen? W-lan abstellen macht das nur noch schlimmer... Das ist in vielen Familien ein hoch belastendes Thema für alle Beteiligten. Vielen Dank für ihre Antwort

Olivier Andermatt: Ja, das ist ein grosses Thema in sehr vielen Familien mit Jugendlichen. Und ich gehe mit Ihnen einig, dass es unser Job als Eltern ist, Jugendliche zu unterstützen, dem Sog der digitalen und sozialen Medien etwas entgegenzusetzen, da sonst viele Jugendliche Gefahr laufen, sich in den Meiden zu verlieren und in eine Suchtentwicklung zu geraten. Wenn sich ein übermässiger Medienkonsum bereits etabliert hat, ist aus meiner Erfahrung mit ein paar müden Tipps nicht getan, um eine Veränderung zu ermöglichen. Da kann es Sinn machen, dass sich die Eltern professionelle Unterstützung organisieren. Viele Infos finden Sie zu diesem Thema auch auf folgender Website: https://www.jugendundmedien.ch

Grüezi mein Kind ist inzwischen 23 Jahre alt. Ich habe das Gefühl, dass vieles nicht stimmt. Sie/er ist mehrheitlich motivationslos schläft sehr viel, sitzt gerne an Games. Zur Zeit hat er kein Einkommen, die Miete kann nicht mehr bezahlt werden, das Steuerkonto hat er geleert, er hat sich an meinem Bargeld vergriffen und streitet alles ab. Er will nichts mehr von mir hören. Da sein Vater wegen depressiv veranlagt war mache ich mir Sorgen (nahm sich vor 4 .5 Jahren das Leben) Wo bekomme ich hilf

Stephan Kupferschmid: Die Situation ist aus meiner Sicht sehr komplex und eine einfache Antwort gibt es wohl nicht. Eine Möglichkeit sehe ich in einer aufsuchenden Unterstützung. Gibt es bei Ihnen die Möglichkeit von Hometreatment oder Spitex? Ihr Hausarzt oder ein Facharzt für Psychiatrie könnte sie in dieser Frage unterstützen.

Chat-Admin: Der Experten-Chat ist beendet. Das Interesse war enorm – leider konnten in der zur Verfügung stehenden Zeit bei weitem nicht alle Fragen beantwortet werden. Mehr Informationen zum Thema finden Sie aber in untenstehender TV-Sendung.

Sendung zum Chat

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30.08.2021 | Psyche in Not – Krisen in der Pubertät

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