Chat-Protokoll
Wissen Sie, ob es Forschung dazu gibt, ob auch digitale Kontakte Einsamkeit und mögliche Symptome und Folgekrankheiten «nachhaltig» lindern können? Besten Dank und einen guten Abend Ihnen.
Undine Lang: Sie haben absolut recht, Stress, Bluthochdruck, Diabetes, Schlafstörungen oder Infektionen sind Symptome, die häufiger vorkommen wenn jemand sich einsam fühlt. Es liegt vermutlich daran, dass Einsamkeit zu einem schlechteren Gesundheitsverhalten führt und damit körperliche Vorgänge verändern kann. Umgekehrt verbessert ein bestehender sozialer Support die Prognose bei einigen körperlichen und auch psychischen Erkrankungen. Tatsächlich hat man diesen Schutzfaktor in der Forschung bisher vor allem «Face-to-Face Kontakten» zugeschrieben. Was jedoch vor allem zählt sind die tatsächlichen Kontakte mit Freunden, ein Austausch und das Erleben von Verständnis, Anteilnahme und emotionaler Unterstützung. Das sorgt dafür, dass Stresserlebnisse weniger bedrohlich erlebt werden. Solche Kontakte sind jedoch auch digital möglich, oder vielleicht sogar teilweise erleichtert durch den digitalen Austausch (über Whatsapp, Facetime etc.). Ich würde also denken, wenn der Austausch entlastend ist, gemeinsame Interessen und Werte bestehen und ein echter emotionaler Support vorhanden ist, können auch digitale Freundschaften sehr hilfreich sein. Ihnen auch noch einen guten Abend!
Leider ist es doch so, dass denjenigen, denen es gut geht, das Schicksal der anderen am a*** vorbei gehen. Es ist zu anstrengend. Es ist so negativ. Und wenn aus Einsamkeit wieder jemand Selbstmord begeht, die grosse Heuchelei man habe von nichts gewusst. Solche Zustände sind nicht übersehbar. Man will sie nur nicht sehen. Das Thema Einsamkeit ist omnipräsent. Und wirklich ein Spiegel unserer Gesellschaft
Udo Rauchfleisch: Darin stimme ich Ihnen völlig zu. Unsere Gesellschaft ist immer anonymer geworden, Solidarität hat abgenommen und viele schauen einzig danach, dass es ihnen selbst gut geht. Insofern ist Einsamkeit tatsächlich ein Spiegel unserer Zeit. Letztlich sind wir alle aber gefragt, etwas dagegen zu tun. In unserem persönlichen Umfeld uns um andere Menschen zu kümmern, Selbsthilfegruppen, Vereine und Interessengruppen zu gründen, die der Einsamkeit entgegenwirken, uns an Quartieraktivitäten zu beteiligen usw. Die Gemeinden, Kantone und der Bund sind natürlich auch in die Pflicht zu nehmen (worauf wir z. B. durch unser Abstimmungsverhalten Einfluss nehmen können). Aber wir können und sollten im persönlichen Bereich anfangen.
Wie definiert sich Einsamkeit?
Udo Rauchfleisch: Unter Einsamkeit verstehen wir die schmerzlich empfundene Diskrepanz zwischen den gewünschten und den tatsächlichen Kontakten. Es kommt dabei nicht auf die Menge, sondern auf die Qualität der Beziehungen an.
Nach einer grossen Enttäuschung bin ich seit Jahre auf der Suche nach der Frau meines Lebens. Ich lerne viele Frauen kennen und muss dementsprechend auch immer wieder Enttäuschungen verarbeiten. Ich ziehe mich dafür dann ein Zeitchen zurück. Da ich beruflich auch stark eingespannt bin, kommen Freunde, die mir viel bedeuten, definitiv zu kurz. Ich sehe sie seltener als ich eigentlich möchte und habe auch ein schlechtes Gewissen. Wie komme ich aus diesem Dilemma wieder hinaus?
Anna Miller: Von Innen nach Aussen verändern, und einen Bereich nach dem anderen, Schritt für Schritt. Machen Sie sich eine Liste, mit den Menschen, die Sie wirklich mögen, vermissen, die Sie wiedersehen wollen. Dann überlegen Sie: Wie kann ich auf eine Art und Weise damit beginnen, wieder mehr Platz für Beziehung zu schaffen? In welcher Form? Auf welchem Kanal? Beginnen Sie klein: Verabreden Sie sich mit einem Freund für ein Telefonat, wenn Sie pendeln, oder wenn Sie wissen, Sie haben trotz beruflich stark eingespannten Zeiten 30 Minuten Zeit. Nehmen Sie sich wirklich Zeit für den anderen. Und dann bauen Sie darauf auf. Machen Sie aus Ihrer Beziehungspflege eine Routine. Überlegen Sie sich, wie Sie die Treffen niederschwellig einbauen können. Und kommunizieren Sie aktiv: Ich möchte dich öfter sehen und hören, es tut mir leid, habe ich unsere Freundschaft so vernachlässigt. Ich brauche deine Unterstützung. Würdest du mir helfen, uns regelmässiger zu hören und zu sehen? Ich vermisse dich.
So paradox es klingt: Ich fühle mich einsam, weil es in Stadtnähe kaum mehr Orte gibt, in denen ich alleine sein kann oder unter Menschen, die die Stille schätzen statt der optischen und akustischen Dauerberieselung und des sommerlichen Musik-Gedröhns, das immer mehr auch an früheren Rückzugs- und Erholungsorten Einzug hält. Was sagen sie dazu, dass augenscheinlich so viele Menschen (und leider immer mehr Kinder) es ohne Dauerstimulation nicht mehr mit sich und anderen aushalten? Was sagt das über unsere Gesellschaft, und gibt es Hoffnung auf eine Gegenströmung, in der wieder echte Begegnung möglich wird (für die es auch immer wieder das Alleinsein in der Stille mit sich selbst braucht)?
Undine Lang: Was helfen könnte ist es, Hobbies zu pflegen, das kann Sport sein, Tanzen, Lesen, Gärtnern, Stricken, Spiritualität, Religion, ehrenamtliche Tätigkeiten, Kontakt zu Tieren und zur Natur, Haustiere, Meditation, Musizieren oder Malen etc. Oft haben Hobbies zum einen den direkten positiven Effekt durch die erlebte Achtsamkeit (man ist voll bei der Sache und grübelt weniger) dem Verfolgen von eigenen Werten durch die Tätigkeit, dem Erleben von Sinn aber zum anderen auch durch das eben damit verbundene soziale Netzwerk (man geht gemeinsam ins Theater, man musiziert gemeinsam, man tanzt mit anderen, man trifft Menschen beim Sport -sei es Tennis oder Golf- oder tauscht sich über seine Hunde aus, geht gemeinsam in die Kirche etc. Insofern ist das Pflegen von Hobbies eine Hilfe gegen die Einsamkeit und ermöglicht es Gleichgesinnte zu treffen und sich mit ihnen zu vernetzen. Alleine zu sein, heisst nicht unbedingt, einsam zu sein, man kann das Alleine sein auch schätzen. Einsamkeit bedeutet eher ein subjektives Gefühl, sozial isoliert zu sein. Also keine Kontakte zu haben obwohl man gerne welche hätte.
Was wird in der Schweiz gegen Einsamkeit unternommen? Es fehlen zum Beispiel oft einfach zugängliche, gemütliche, unkomplizierte Treffpunkte für jung und alt. So etwas wie die Migros- oder Cooprestaurants. Leider sind diese gefährdet, da sie rentieren müssen. Müsste dies nicht auch eine Aufgabe der Gemeinde sein, für ein solches Angebot zu sorgen?
Udo Rauchfleisch: Das stimmt. Es ist eine Aufgabe, die Gemeinden, Kantone und die auch auf nationaler Ebene gelöst werden müssen. Aber auch jede einzelne Person kann ihren Beitrag leisten. z. B. indem wir andere Personen zu einer Veranstaltung oder zu einem Essen einladen. Bei Migros gibt es beispielsweise seit einiger Zeit sog. Plauderkassen, an denen man verweilen und auch längere Gespräche führen kann.
Ich bin viel allein, fühle mich aber nicht einsam. Unter Menschen finde ich sehr schnell Kontakt. Mir fällt aber bei wirklich allen näheren Begegnungen auf, dass Menschen hauptsächlich von sich selbst erzählen und sich nicht für mich interessieren. Ich helfe wo ich kann, erhalte aber keine Hilfe. Dann kommt manchmal ein Gefühl von Einsamkeit auf. Ich frage: Wo findet man Menschen, bei denen die Beziehung ein Geben und Nehmen ist?
Anna Miller: Was Sie beschreiben, ist der Moment, in welchem Sie sich einsam fühlen, weil Sie nicht gesehen werden. Für den Menschen, der Sie sind. Für das, was Sie zu geben haben. Bleibt der andere in seiner «eigenen Blase», dann sind wir wie Sonnenkollektoren: Nur dazu da, die Sonne des anderen aufzunehmen, aber sonst für nicht viel. Da ist es ganz normal und natürlich, dass Ihr System mit einem Gefühl von Einsamkeit reagiert. Denn der andere verbindet sich ja auch nicht wirklich mit Ihnen. Sie scheinen ein gutes Gespür zu haben für das, was Ihnen wichtig ist. Helfen, Geben, für den Anderen da sein. Das mag etwas klischiert klingen, aber wo Menschen helfen müssen und sollen, dort findet man sie: In Organisationen, die sich um das Wohl der Schwächeren kümmern. In sozialen Berufen. In Milieus, die es gewohnt sind, auch mal ein paar Fragen zu stellen. Sie werden Ihre Menschen finden. Und eine Impulsfrage noch zum Schluss: Wie sehr fragen Sie aktiv? Und wie sehr können Sie sich zeigen, mit Ihren Bedürfnissen? Trauen Sie sich selbst mehr, die Sonne zu sein.
Guten Tag Ich bin anfangs 40, lebe alleine, sehr anonym und muss mit bescheidenen finanziellen Mitteln auskommen. Die Einsamkeit plagt mich seit meiner Jugend. Und zunehmend kommen Ängste dazu, vor allem, wenn’s finanziell oder beruflich nicht läuft. Ich habe etliche lose Kontakte, die zwar schön sind, aber niemand mit dem ich spontan einen Kaffee trinken kann und niemanden für tiefgründige Gespräche oder eine Person mit der ich meinen Geburtstag feiern kann. Es macht mich traurig! Trotzdem, möchte ich dranbleiben. Haben Sie Tipps wie ich das „in Kontakt kommen“ nicht verlerne? Merci!
Udo Rauchfleisch: Das ist tatsächlich eine schwierige Situation. Vielleicht können Sie Ihrerseits zu Menschen, die von Einsamkeit bedroht sind, Kontakt aufnehmen, z. B. einsame ältere Menschen oder Flüchtlinge und ihre Familien besuchen. Hilfreich kann es auch sein, sich einer Gruppe anzuschliessen, die ähnliche Interessen pflegt wie Sie. Oft ist es einfacher, zusammen etwas zu unternehmen. z. B. wandern, einem Chor beitreten oder irgendeiner anderen Gruppe von Menschen mit ähnlichen Interessen.
Auch ich kenne Einsamkeit. Grundsätzlich lebe ich mittlerweile gern allein (mit Haustieren), doch ein vis-à-vis fehlt mir definitiv (gegenseitiger, offener, respektvoller Umgang miteinander, vertrauen dürfen und Vertrauen schenken). Zwar habe ich ganz wenige Kontakte, doch es bleibt meistens eher oberflächlich, auch weil ich das Vertrauen verloren habe nachdem es einige Male missbraucht wurde. Ich bin kein Vereinstyp, wegen einer chronischen Krankheit (Erschöpfungsdepression) machen regelmässige Verpflichtungen Druck usw. Ich lebe in einem Dorf wo viele unsere schwierige Familiengeschichte kennen oder glauben zu kennen. Ja, ich bin in fachärztlicher Behandlung. Je älter ich werde (dieses Jahr 68) umso schwieriger wird es, so mein Gefühl. Obwohl ich heute viel offener, humorvoller und noch einiges mehr bin, ich habe mich weiterentwickelt und doch stehe ich mir selber im Wege. Manchmal weiss ich gar nicht was ich wirklich will und: lieber nichts unternehmen als wieder enttäuscht zu werden. Ich denke, dass sie mit meinem Wirrwarr nichts anfangen können… Ausgegrenzt fühle ich mich seit meiner Jugendzeit (Familienverhältnisse, Missbrauch, ich genügte nie und eines Tages genügte ich auch mir nicht mehr.
Corinne Hafner Wilson: Sie haben für sich Werte definiert, da ist der Wunsch nach einem offenen, respektvollen Umgang miteinander, vertrauen dürfen und Vertrauen schenken. Für sich Werte definiert zu haben kann helfen, diese auch bei einem anderen Menschen zu finden. Es ist schön zu hören, dass Sie heute viel offener und humorvoller geworden sind. Es ist in jedem Alter möglich, Neues zu entdecken. Bei sich selbst oder in Bezug auf Aktivitäten. Man entwickelt sich ein Leben lang weiter. Manchmal ist es schwierig zu wissen, was man wirklich will. Vielleicht probieren Sie etwas einfach mal aus und sehen dann, ob es für Sie passt? Ohne Druck. Gerade ab dem Pensionsalter gibt es wieder verschiedene Angebote und Veranstaltungen. Vielleicht weckt etwas ihr Interesse. Manchmal weiss man es nicht im voraus. Und manchmal mag man nicht mit anderen Menschen zusammen sein, auch das ist in Ordnung. Auch Haustiere können einem helfen in einem schwierigen Moment.
guten abend ich (w,31) wohne seit einem halben jahr in der stadt st. gallen und kenne fast niemand. ich habe bereits die app meetup heruntergeladen und an ein paar events teilgenommen. es waren schöne events aber eine langfristige bekanntschaft, die allenfalls in eine freundschaft hätte führen können, war nicht dabei. bin ich zu ungeduldig? ich habe den eindruck, dass alle personen in meinem alter kein bedürfniss haben neue bekanntschaften/freundschaften zu schliessen, da jeder bereits einen zuverlässigen freundeskreis hat. für ein vereinsleben habe ich keine zeit... wie lerne ich in meinem alter menschen kennen, welche eine freundschaft eingehen wollen? danke
Anna Miller: Wie lange es braucht, um neue Freundschaften zu schliessen oder echte Nähe zu erfahren, ist sehr individuell. Manchmal verbringen wir Jahre mit Jemandem, und fühlen uns nicht gleich gesehen und verstanden wie mit Jemandem, dem wir zufällig begegnen und bloss ein paar Stunden kennen. Was aber klar ist: Die geografische Nähe und die Häufigkeit, mit der wir Menschen treffen, machen einen grossen Unterschied. Nicht umsonst haben die meisten Leute noch Freunde aus der Schulzeit oder dem Militär oder Studium. Weil man Alltag zusammen teilt. Sie können sich also fragen: Wie bringe ich eine gewisse Grundstabilität und Wiederholung in meine Kontakte? Wo gibt es ein Grundrauschen, wo ich teilnehmen kann? Und dann versuchen Sie, sich da reinzuentspannen. In der Schweiz leben die Menschen oft in ihren Kreisen, das ist auch kulturell bedingt. Das ist nicht immer einfach. Doch lassen Sie sich nicht entmutigen. Überlegen Sie sich in Ruhe: Welche Werte sind mir wichtig? Wie soll ein Mensch sein, den ich Freund nenne? Was unternehme ich gerne, welche Orte mag ich? Dort werden Sie fündig.
Ich wohne in Basel. Hier gibt es bereits diverse Spielräume, es entstehen immer mehr öffentliche Treffpunkte, wo Menschen sich begegnen können – ohne Konsumzwang, zielgerichtet oder auf einen Fokus gerichtet. Dies sind UM, Foyer Public des Theater Basel, Museen, die mit dem Freiwilligenprojekt TiM-Tandem im Museum tim-tam.ch Partnerschaften eingehen. Es reicht eine Bank, etwas Mut zum Smalltalk ob im Tram, am Telefon «Reden – Mein Ohr für Dich» reden@meinohrfuerdich.ch. Den Klang einer Stimme spüren, zu zweit etwas Neues sehen .... Immer mehr Konsum, Digitale Tools, Individualität à GoGo .. Die Augen am Handy, die Ohren verstöpselt , mit dem Scooter verkehrt durch die Einbahnstrasse auf dem Trottoir .... wir treiben in Isolation, der Körper spürt sich nicht mehr ... Machmal ist es wie Kälteschlaf oder macht mir selber mich deutlich: Etwas stimmt nicht, halte ein, entspanne statt panisch zu werden und wild um mich zu rudern : Stop – wechsele die Perspektive ... Oft öffnete sich ein Fenster, eine Tür. Einzig , den Schritt über die innere und/oder äussere Schwelle, die Aktivität kann nur ich alleine – dort finde ich Hände, zu mir zugreifen, Berührung, die Erstarrung löst, Mit-einander, Es gibt Leidensdruck mit Krankheitswert – dort braucht es Experten, Coaching, evtl Therapie. Gut, dass es sie gibt.
Undine Lang: Ich finde es toll, dass Sie sich über so viele Angebote informiert haben und diese auch schätzen oder für sich in Anspruch nehmen versuchen. Das ist ein erster mutiger Schritt. Ich verstehe Sie, dass die Schwelle oft hoch ist, vielleicht braucht es manchmal auch Geduld, oder, wie sie schreiben den Perspektivenwechsel, Freundschaften einzugehen, anderen zuzuhören, sich zu treffen, Freundschaften können einerseits emotionalen Support liefern aber eben auch konkret helfen in Krisenzeiten. Vielleicht würde Ihnen auch eine Tätigkeit helfen, die sie gerne verfolgen und mit anderen verfolgen können, so können neue Freundschaften entstehen, das kann ein Hobby sein, das Ihnen gut tut, ein Interesse das Sie verfolgen, das Fenster das sich öffnet, wie Sie es beschreiben. Ich wünsche Ihnen alles Gute!
Wie soll ich mich um Arbeitskollegen herum verhalten wenn ich merke dass ich vielleicht als humorlos, wenig lustig und vielleicht zurückhaltend, unsympathisch zu gelten beginne, da ich gedanklich nicht mit den geklopften Sprüchen nachkomme, nicht mitscherzen kann und schnell zum Aussenseiter werde wie so oft. Ich arbeite seit zwei Wochen in einer neuen Stelle und möchte neue Freunde machen. Kann es sein das meine Sozialkompetenz über die Jahre hinweg gelitten hat weil ich zu viel Fernseher, Games und Internet konsumiere?
Udo Rauchfleisch: Ob Ihre Sozialkompetenz durch zu viel Fernsehen und Gamen gelitten hat, ist schwierig zu entscheiden, aber man kann sich tatsächlich von sozialen Kontakten «entwöhnen». Es würde sich sicher lohnen, den Konsum dieser Medien einzuschränken und die dadurch freie Zeit für reale Kontakte zu nutzen. Schauen Sie am besten nach einer Gruppe von Menschen, die ähnliche Interessen wie Sie haben und die Ihnen sympathisch sind. Dadurch können Sie den Eindruck, ein Aussenseiter zu sein, korrigieren.
Je mehr der Mensch zu seiner intrinsischen Lebendigkeit findet und je weniger er auf seine Glaubenssätze glaubt angewiesen zu sein, umso mehr ist er direkt zur Natur und den Mitmenschen mit all seinen Sinnen und umso weniger fühlt er sich einsam, weil er in der Welt ist. Der letzte unvermeidliche Rest ist existenzielle Einsamkeit – die «Verlorenheit» im Kosmos, die es zu anerkennen gilt.
Undine Lang: Ihre Frage ist gleichzeitig eine sehr gute Antwort und ich könnte sie nicht besser formulieren. Und ja, seinen Werten zu folgen und einen Sinn im Leben zu erkennen und diesem zu folgen – idealerweise im Austausch mit anderen – ist sicher ein grosser Schritt gegen die Einsamkeit.
Vielen Dank für Ihre Arbeit. Ich habe keine Frage, sondern einen Wunsch, ein Anliegen. Es möge doch immer wieder Raum geben zum Unterscheiden zwischen Einsamkeit und Alleinsein. Es gibt Menschen, v.a. auch alleinstehende Frauen, die sehr gerne und bewusst allein sind, auch mit sich selber oder mit dem, was ist, allein sein können. Dagegen gibt es Menschen, die einsam sind, obwohl (gerade weil?) sie zu zweit sind. Manche Hilfsangebote sind gut gemeint, aber nicht passend. Oder wie mir in einer Oldie-Gruppe eine Frau sagte: wenn mir noch jemand aus einem Besuchsdienst mit diesem netten Ton vorbeikommt, bekomme ich einen Schrei-Anfall.
Corinne Hafner Wilson: Das ist wahrlich eine wichtige Unterscheidung welche Sie da ansprechen. Alleinsein kann eine wichtige Ressource sein um Kraft zu tanken. Und wie Sie richtig sagen, kann man sich auch unter Menschen einsam fühlen, weil einem die Beziehungen nicht das geben, was man sich wünscht. Es ist auch nicht so, dass ältere Menschen automatisch einsam werden weil Sie alleine leben. Hier können auch schnell Vorurteile auftauchen: Ältere Menschen sind einsam, junge Menschen nicht. Manche Menschen entwickeln auch eine Gelassenheit im Alter und sind alleine sehr zufrieden. Im Austausch bleiben, über die Generationen hinweg. Gerne darf man dem Besuchsdienst besprechen, wie man zusammen kommunizieren möchte. Beide Seiten können da voneinander lernen.
In der Tat – ein schwieriges Thema. Grad in vorgerücktem Alter, vielleicht noch mit gesundheitlicher Einschränkung: Wo soll man jemanden kennenlernen, wo es menschlich etwas passt? Schlussendlich muss man sich an professionelle Besuchsdienste/ – personen wenden, was ja auch wertvoll ist, aber natürlich nicht das gleiche, wie ein Freund/ Freundin.
Udo Rauchfleisch: Es gibt eigentlich in allen Städten Gruppen und Organisationen für ältere Menschen. Schauen Sie einmal die Angebote durch oder fragen bei Organisationen wie Pro Senectute nach. Die werden Ihnen sicher etliche Angebote nennen können, die Sie nutzen können. Aus den dort geknüpften Kontakten können sich auch Freundschaften entwickeln. Auch im Rahmen von Nachbarschaftshilfe und bei Quartieraktivitäten kann man freundschaftliche Kontakte knüpfen.
Ich (28, w) habe leider mehrere chronische Erkrankungen (Ehlers-Danlos, Endometriose, Depression, Nervenschmerzen und weitere), in meiner Freizeit fehlt mir meistens die Energie für Unternehmungen, ich liege viel, um mich von der Arbeit zu erholen und Kraft für die kommenden Arbeitstage zu sammeln. Dadurch fühle ich mich aber oft auch einsam und vom Leben, wie es für jemanden in meinem Alter normal wäre, ausgeschlossen. Was gibt es da für Möglichkeiten zur Verbesserung?
Undine Lang: Dass Sie arbeiten gehen und immer wieder Kraft für Ihre Arbeit aufbringen ist eine erste grosse Ressource. Und es heisst auch, dass Sie Kräfte mobilisieren können, wenn etwas für Sie von Bedeutung ist. Bei den Unternehmungen ist es vielleicht wichtig, dass Sie sich nicht unter Druck setzen, das zu tun, was andere als Unternehmungen definieren. Freizeit sollte ja nicht zum Stressfaktor werden. Sie könnten sich vielleicht überlegen ob es etwas gibt, das Ihnen mehr Kraft gibt, als es Sie Kraft kostet. Das kann der Kontakt zur Natur sein, ein Haustier, das kann aber auch Musik sein oder Bewegung oder Lesen (in einem Lesezirkel) oder ehrenamtliche Tätigkeiten. So können Sie vielleicht einerseits etwas finden, was Ihnen Energie verschafft, auf das sie sich fokussieren können und andererseits in Kontakt mit anderen Menschen kommen, die ähnliche Interessen und Zielsetzungen haben.
Was tun wenn man sich von niemandem verstanden fühlt und deshalb sich ganz alleine fühlt? Wenn man eine chronische Leere in sich trägt weil man als Kind zu wenig geliebt wurde und sich dadurch oft nicht verbunden fühlt mit anderen Menschen.
Anna Miller: Was Sie ansprechen, ist ganz wichtig: Dass frühe Prägungen uns ein Leben lang begleiten. Und die Art und Weise, wie wir uns selbst und die Welt wahrnehmen. Werden wir als Kinder emotional, physisch oder sozial vernachlässigt, können Wunden entstehen, die offen bleiben – und so ziehen wir das, was wir «kennen», auch im Erwachsenenalter an. Was helfen kann, ist psychotherapeutische Begleitung. Mit Fokus auf Bindungsthemen – und auch mit Abklärung in Bezug auf ein Bindungstrauma. Denn eine Posttraumatische Belastungsstörung, PTBS oder KPTBS, prägt die Art und Weise, wie wir Bindungen suchen, sie gestalten und uns darin fühlen, massgeblich mit. Trauma führt zu einem Gefühl des Abgetrenntseins. Ein erster Schritt kann sein, sich mit dem Thema Trauma, Einsamkeit und Bindung näher zu befassen. Eine gute Adresse hierfür ist beispielsweise die Autorin Verena König. Ich wünsche Ihnen viel Kraft.
Guten Tag, Ich bin 29 Jahre Alt, leicht auf dem Autismus Spektrum und schon lange bei der IV, ich habe mich schon öfter gefragt ob es Treffpunkte gibt für genau diese Art Menschen, Junge Menschen die bei der Invalidenversicherung sind und teilweise am Leben teilnehmen könnten. Es ist unheimlich schwierig Freunde zu finden wenn man nicht spontan Leute ansprechen kann, und durch Krankheiten Vereine keine Option sind. Ich bin nicht wirklich unzufrieden alleine zu sein, aber manchmal macht man sich natürlich trotzdem Gedanken darüber, Gesellschaftlich sieht man es jedenfalls nicht unbedingt gerne.
Udo Rauchfleisch: Wie Sie schreiben, sind Sie selbst nicht wirklich unzufrieden. Das erscheint mir sehr wichtig. Tatsächlich gibt es gesellschaftliche Erwartungen hinsichtlich der sozialen Beziehungen, von denen man sich möglichst frei machen sollte. Die Hauptsache ist, ob Sie zufrieden sind und – wie Sie es offenbar tun – mit ihrer Situation als Mensch mit einer Autismus Spektrum Störung gut umgehen.
Wo kann man Anschluss finden als Einsame? Vorallem als junge Frau ohne Kinder wenn alle anderen um einen herum Familie gründen und man selber eine schlechte Beziehung hat zu seiner Familie und sich nicht verstanden fühlt.
Corinne Hafner Wilson: Sie können für sich überlegen, welche Aktivitäten Ihnen Freude machen. Sei die etwas Kreatives, Sport, Natur oder Kultur. Vielleicht in einem Kurs ausprobieren oder auch alleine . Einerseits macht es Ihnen Freude und Sie werden auf Gleichgesinnte treffen mit gleichen Interessen, so kann man auch gut ins Gespräch kommen. Es ist auch eine gute Idee ein altersübergreifendes soziales Netz aufzubauen, mit Menschen, bei denen die Familiengründung vielleicht nicht (mehr) im Vordergrund steht. Vielleicht möchten Sie sich freiwillig engagieren, beispielsweise für ältere Menschen bei der Pro Senectute, so können auch Beziehungen entstehen, die man in der eigenen Familie nicht findet.
bin weiblich 66 Jahre alt. Ich habe keine Freunde und Familie, und esse immer allein vor dem TV. Wenn ich ins Restaurant gehe bin auch allein am Tisch da ich als Single nicht das «Recht» habe an einem 4er Tisch zu sitzen,also auch allein. Natürlich sitze ich nicht länger als nötig am Tisch, wozu auch. Kommen meine Verdauungsstörungen möglicherweise daher? Aber was tun in dem Fall?
Udo Rauchfleisch: Es ist sehr verständlich, dass es Ihnen unwohl ist, wenn Sie allein an einem Tisch sitzen müssen und sich dadurch ausgeschlossen fühlen. Vielleicht würde es Ihnen helfen, zum Essen in eine Quartierbeiz zu gehen, wo es geradezu die Regel ist, dass mehrere Menschen zusammen an einem Tisch sitzen. Hilfreich wäre es sicher auch, wenn Sie sich mit anderen Personen zum Essen verabreden und gemeinsam in ein Restaurant gehen.
Ich war schon als Kind einsam, passte nirgends dazu. Damals verstand ich nicht wirklich warum und hatte keine Worte dafür, heute verstehe ich, dass ich durch Missbrauchserfahrungen als Kleinkind schon früh nicht mehr wirklich ein Kind war, keine sicheren Bindungserfahrungen hatte. Ich hab mich gezwungen weiterzumachen, studiert, einen guten Job gefunden, funktioniert. Nach aussen hin hat nie jemand etwas bemerkt.
Als Erwachsene habe ich eine Therapie begonnen und die ersten fünf Jahre war das sehr hilfreich, ich bekam eine Traumastörung diagnostiziert und hatte endlich Worte um zu begreifen was passiert, lernte besser mit Flashbacks umzugehen, verstand warum ich mich fundamental nicht zu dieser Gesellschaft zugehörig fühle und baute vorsichtig einzelne Beziehungen auf, inkl. einer Partnerschaft (ging nach einigen Jahren im Guten auseinander). Zum ersten Mal war ich nicht mehr einsam. Ich dachte vielleicht kann ich irgendwann meine Erfahrungen verwenden um anderen zu helfen, die ähnliches erleben mussten, das hat mir einen Sinn gegeben.
Vor 2 Jahren hat mein Psychiater plötzlich die Traumadiagnose gestrichen und gesagt es kann gar nicht sein dass ich missbraucht wurde, weil ich aus einer «guten normalen Familie» komme, gesagt, dass er nicht verstehe was mein Problem ist, warum ich nicht einfach normal bin.
In dem Moment ist in mir etwas zerbrochen, ich konnte keinen anderen Menschen mehr fühlen. Ich ging weiterhin in die Therapie, dachte vielleicht hat er recht und ich bin ein schrecklicher Mensch, der vorgelogen hat traumatisiert zu sein, und muss korrigiert werden, habe angefangen alle meine Gefühle, Gedanken, Erinnerungen anzuzweifeln, mich zu hassen.
Der Zustand blieb. Obwohl ich natürlich weiss, dass es andere Menschen auf der Welt gibt, fühlt es sich für mich an als wäre ich alleine auf diesem Planeten. Mit einem Menschen zu reden fühlt sich gleich an als würde ich mit einem Roboter sprechen, ich fühle keine Verbindungen mehr. Ich fühle mich komplett alleine, habe mich auch physisch zurückgezogen weil es weh macht Menschen in Beziehung zu sehen, insbesondere Eltern mit Kindern. An manchen Wochenenden lasse ich die Fensterläden zu um niemanden sehen zu müssen.
Ich funktioniere immer noch, arbeite Vollzeit. Niemand weiss wie es mir geht. Ich versuche einen Weg zu finden weiterzumachen, versuche das Beste aus der Situation zu machen. Ich lese viel, mache viel Sport, habe angefangen zu Schreiben. Aber es fühlt sich alles leer an. Und mit der Erinnerung an die letzten zwei Jahre Therapie kommen immer wieder Wellen von Selbsthass. Ich bin jetzt 30 und denke nicht dass ich jemals wieder Vertrauen oder Verbindung aufbauen kann...
Darum meine Frage: Wie kann man in kompletter Einsamkeit ein sinnvolles Leben führen? Ein Gefühl von Sinn erleben.
Undine Lang: Es braucht sicher Zeit, nach all diesen Rückschlägen, die Sie erlebt haben, wieder Vertrauen aufzubauen. Wie Sie es schildern, haben Sie es jedoch trotz widriger Umstände und schwierigen Situationen immer wieder geschafft, nach vorne zu blicken und leisten sehr viel. Sie sollten sich vielleicht nicht zu sehr unter Druck setzen. Es ist bewundernswert, dass Sie trotz ihrem Gefühl der Einsamkeit es schaffen, Vollzeit zu arbeiten und auch Sport zu machen und zu schreiben, all das sind Ressourcen, die Ihnen vielleicht wieder Kraft geben können. Vielleicht wäre es auch möglich über den Sport in Austausch mit anderen Menschen zu kommen und so das Gefühl der Einsamkeit langsam zu überwinden, indem Sie sich mit anderen verbinden über Ihre Interessen. Ich wünsche Ihnen auf jeden Fall alles Gute!
Gibt es eine Online-Plattform, wo man andere einsame Menschen kontaktieren kann?
Corinne Hafner Wilson: Es gibt verschiedene Plattformen und Angebote, oftmals sind diese regional ausgerichtet. Am besten mal mit den entsprechenden Stichworten und Wohnort im Internet suchen. Regionale Angebote sind gut, denn es ist sehr schön wenn man sich dann auch mal persönlich treffen kann, gemeinsame Aktivitäten unternehmen kann. Aber ein erstes Kennenlernen online ist sehr praktisch. Je nach Interessen bieten sich Erzählcafés, Tavolata, oder TiM Tandem ins Museum an um andere Menschen zu treffen.
Ich fühle mich oft sehr «anders» und in diesem Anderssein einsam. Habe viele Interessen, die meine Freund*innen nicht teilen. Ich habe sehr andere Interessen als die meisten Gleichaltrigen (bin 20). Das ist grösstenteils auch ok und ich habe dennoch Freund*innen. Aber ich sehne mich so nach jemandem, der*die mir etwas ähnlich ist. Damit ich mich nicht so einsam in meinem Dasein fühle. Was könnte ich tun?
Udo Rauchfleisch: Es wäre für Sie sicher hilfreich, wenn Sie sich einer Gruppe von Menschen anschliessen, die Ihre Interessen teilen. Im Internet können Sie vermutlich Angebote finden und zu diesen Gruppen Kontakt aufnehmen. Denn es ist wichtig, dass wir Kontakt zu Menschen haben, die uns ähnlich sind. Im Umgang mit ihnen fühlen wir uns wesentlich besser.
Ich bin (w), 20 Jahre alt und fühle mich oft einsam. Ich glaube, es hat viel auch zu tun, dass bei uns Jugendlichen viele sehr oft Zeit digital verbringen und so «in Kontakt“ sind. Für mich ist das aber nicht dasselbe. Ich brauche echten Kontakt zu Menschen. Unter der Woche gehts mir meist gut, da bin ich im Studium und sehe Menschen, fühle mich richtig wohl. Aber am Wochenende dann bin ich oft allein und einsam. Vielleicht liegts auch daran, dass ich nicht gerne Abends raus gehe? Ich wünschte mir einfach mehr Kontakt zu Menschen, mehr Treffen, mehr gemeinsame Zeit. Unter Freund*innen bin immer ich diejenige, die nach einem Treffen fragt und meist muss ich dann mindestens zwei Wochen warten, bis jemand Zeit findet sich mit mir zu treffen. Ich frage mich, ob meine Einsamkeit daher kommt, dass ich wirklich zu oft alleine bin, oder ob es viel mehr daran liegt, dass ich einfach schlecht alleine sein kann?
Anna Miller: Dass Sie schreiben, für Sie sei der digitale Kontakt nicht dasselbe wie der physische, ist sehr richtig: Evolutionsbiologisch sind wir noch immer Menschen aus Fleisch und Blut. Unsere Gehirne suchen nach dreidimensionalen Räumen, nach Gerüchen, nach Haut und Augenkontakt. Wir riechen unterbewusst sogar, ob jemand im gleichen Raum Angst hat. Das Digitale kann also nie das Reale ersetzen. Doch wir leben in immer digitaleren Zeiten. Und das bedeutet: Wir sind ständig online und in «Kontakt», der Körper fühlt aber gleichzeitig, dass wir alleine in einem Raum sitzen. Das macht etwas mit uns. Das System gewöhnt sich an die permanente, digitale «Stütze». Und so fühlen wir uns schneller einsam, wenn wir faktisch alleine Zeit verbringen. Was Sie beschreiben, kennen und spüren ganz viele Menschen. Was hilft? Suchen Sie sich Gleichgesinnte – in Amsterdam beispielsweise gibt es eine grosse Offline-Bewegung, wo sich Tausende junge Menschen zum gemeinsamen Lesen und Zusammensein verabreden. Echte Verbundenheit ist eine grosse Sehnsucht – und ein Trend. Üben Sie, allein zu sein und es als etwas Positives zu sehen. Seien sie mit etwas alleine – einem Buch, einem Podcast, einem Hobby. Schreiben Sie Jemandem eine Karte. So nutzen Sie die Zeit alleine für Verbindung. Nach und nach werden Sie aus dem Alleinsein Kraft schöpfen können. Und automatisch mit mehr Offenheit und Energie in soziale Situationen gehen.
guten Abend Team, Bin verwittwet, zähle 73 Lenze. Habe keine Geschwistern, freundinnen. Fühle mich allein. In Gesellschaft fühle ich mich nicht akzeptiert, nicht geachtet. Daheim beschäftige ich mich mit div. Handarbeiten was mir Freude macht. Kann mit niemandem unterhalten. Habe 5 Toechtern die jede eigene Familie hat. Darf nicht erwarten, dass sie ständig telefonieren. Was und wie kann ich machen? Als Kind durfte ich nie jemanden Heim bringen ohne dass Eltern was zu motzen hatten. So kamen nie wieder Gspänli mit nach Hause.
Corinne Hafner Wilson: Sie haben eine schöne Beschäftigung mit den Handarbeiten gefunden, die Ihnen Freude macht. Wenn Sie dies gerne gemeinsam machen möchten, finden Sie vielleicht über den Besuchsdienst der Pro Senectute jemanden, der das auch gerne macht und Sie besucht. Bei Pro Senectute finden Sie auch Kurse oder Aktivitäten, welche Ihnen auch Freude machen könnten und Sie neue Bekanntschaften schliessen können. Auch auf der neuen Plattform www.infosenior.ch können Sie nach Region oder Aktivität, auch kreativen Beschäftigungen, suchen.
Ich kenne das Problem Einsamkeit seit Kindheit, bin jetzt 68 Jahre alt. Immer wieder taucht es auf. Wegen einem Trauma aus der Kindheit. Es ist mir nicht gelungen, eine enge vertraute Beziehung aufzubauen. Manchmal fehlt einfach eine Person, wo ich sprechen kann, mich anvertrauen kann, verstanden werde, usw. Ich bin aktiv und habe ein Umfeld, aber keine Bezugsperson. Kann man das Thema in einer Psychotherapie erarbeiten? Ich habe früher viel Psychotherapie gemacht, aber das Gefühl ist nicht weg, jedoch nicht mehr so stark wie früher, war ganz schlimm. Können sie Therapeutinnen die mit diesem Thema vertraut sind, vermitteln? Vielen Dank im Voraus für ihre Rückmeldung.
Udo Rauchfleisch: Ich kann Ihnen leider hier keine Therapeut:innen vermitteln. Aber ich denke, dass es hilfreich für Sie sein könnte, mit den jetzigen Lebenserfahrungen noch einmal eine Therapie aufzunehmen. Wenn es um schwere Traumata geht, lassen sich die daraus entstandenen Probleme meist nicht völlig lösen. Aber Sie können in einer neuerlichen Therapie wahrscheinlich noch einmal wichtige Schritte machen. Und versuchen Sie die Beziehungen, die Sie haben, langsam zu intensivieren, ohne sich und Ihre Bezugspersonen dabei unter Druck zu setzen.
Mein Ehemann starb im 2021 und seit dem fühle ich mich sehr einsam. Ich nehme eine anti depressiv aber es hilf nicht viel. Ich war frewillig in den schweizer Tafeln im Basel aber leider dort gibt es sehr viel razzismus. Ich arbeite circa 30-40% aber trotzdem leide ich sehr unter Einsamkeit. Ich habe leider kein Hund mehr und seit dem bin ich noch trauriger
Corinne Hafner Wilson: Die Trauer über den Verlust eines geliebten Menschen kann Einsamkeit auslösen. Sie haben ein freiwilliges Engagement ausgeübt, das aber in der Form so nicht gepasst hat. Aber vielleicht gibt es ein anderes Engagement, das Ihnen entsprechen könnte? Sie haben erlebt das ein Haustier, ein Hund, ein treuer und wertvoller Begleiter sein kann. Vielleicht möchten Sie sich in einem Tierheim engagieren?
Gibt es wissenschaftliche Erkenntnisse oder Studien, die belegen, dass Einsamkeit langfristig zu schwerwiegenden gesundheitlichen Folgen bis hin zum Tod führen kann? Danke und MfG!
Undine Lang: Ja es gibt dazu einzelne Studien. In der Framington Heart Studie wurde der Einfluss verschiedener Faktoren auf die Herzkreislaufgesundheit untersucht. Soziale Isolation schien in dieser Studie die Gesundheit genauso stark zu beeinträchtigen wie der Konsum von 15 Zigaretten am Tag, ein Alkoholmissbrauch von sechs Drinks am Tag und doppelt so sehr wie Übergewicht, fehlende körperliche Aktivität oder auch eine fehlende Impfung gegen Lungenentzündungen. Die Studie wurde von Holt-Lunstadt in 2010 publiziert.
Es gab auch eine Studie in Australien, wo sich zeigte, dass bei ungefähr 1.500 älteren Menschen der Kontakt zu den Kindern und Verwandten einen kleineren Einfluss auf ihre Überlebensrate hatte als ein Freundschaftsnetz. Dieses Freundschaftsnetz verringerte während der zehnjährigen Dauer der Untersuchung die Sterblichkeit der Teilnehmer um ungefähr 25 %. Die Autor:innen dieser Studie sehen den Gesundheitseffekt von Freundschaften vor allem in der freiwilligen gegenseitigen Sorge, in der wechselseitigen Unterstützung, sowie in der Motivation zu leben. Die Menschen passen dann besser auf sich auf, gehen weniger Risiken ein, leben gesünder und nehmen durch gemeinsame Aktivitäten mehr Anteil am sozialen Leben. Die Studie wurde von Andrews et al. 2002 publiziert . Prof. Manfred Spitzer hat in seinem Buch über Einsamkeit sehr viele Studien zu dem Thema zusammengefasst, ich könnte Ihnen das als weitere Lektüre empfehlen. Herzliche Grüsse
Ich bin 39, Single und lebe in Zürich. Die meisten meiner Freunde haben mittlerweile Familie und Kinder und darum wenig bis keine Zeit für Unternehmungen oder Treffen. Zudem hab ich vor 3 Jahren noch ein Vollzeitstudium begonnen und arbeite noch Teilzeit nebenbei. Zwar kann ich so meine Einsamkeit mit Lernen bekämpfen, aber wenn ich dann mal freie Zeit habe, fühle ich so eine lähmende und schmerzhafte Einsamkeit. Einsamkeit entsteht bei mir dann, wenn ich freie Zeit habe und keine sozialen Kontakte aktivieren kann. Aufgrund meines Alters ist es aber an der Uni natürlich schwierig neue Freundschaften zu schliessen und viele Bekannte aus dem Arbeitsleben haben sich nach meinem Richtungswechsel von mir abgewandt.. so fühle ich mich nirgendwo zugehörig. Oft traue ich mich gar nicht, Bekannte zu fragen, ob sie mit mir Kaffee trinken möchten. Irgendwie bin immer ich die Initiantin. Ich schaffe es irgendwie nicht, tiefergehende Beziehungen aufzubauen und weiss aber nicht, was ich gegen meine Einsamkeit tun kann. Es hat bei mir viel auch mit Scham zu tun.
Anna Miller: Scham gedeiht im Dunkeln, sagt die bekannte Forscherin Brené Brown. Das Gefühl der Einsamkeit hat sehr viel mit Scham zu tun. Weil wir das Gefühl haben, nicht richtig zu sein. Nicht gewollt. Es ist kein situatives Scheitern, sondern wir haben das Gefühl, wir SIND falsch. Doch das ist auch die Crux daran: Schämen wir uns, ziehen wir uns noch weiter zurück. Wir sind dann also in einem Schamkreislauf gefangen, der uns klein macht, statt offen und hoffnungsvoll. Deshalb ist es so wichtig, ehrlich mit sich zu sein, und die Scham anzuerkennen und wirklich zu spüren. Sprechen Sie laut aus, wofür Sie sich schämen. Sie können sich auch therapeutische Unterstützung suchen. Auch wenn Sie sich vielleicht sogar dafür schämen, dass Sie «immer die Initiantin» sind: Sie haben vielleicht einfach mehr Mut als die anderen. Ihr Gefühl von Einsamkeit, das die anderen, die Sie fragen, vielleicht nicht teilen, hat einen grossen Vorteil: Sie zeigt Ihnen, was Sie wollen. Sehen Sie die Einsamkeit also als Richtungsweiserin. Sie suchen nach Verbundenheit, sind ein sozialer Mensch. Sie können nicht ersehnen, was nicht in Ihnen ist. Denken Sie also in Ruhe darüber nach: Wer hat eigentlich Ihre Zeit verdient? Wer war immer gut und offen zu Ihnen? Vielleicht ist es eine entfernte Person, der Kontakt Jahre her. Doch was echt ist, hält an. Wollen Sie überhaupt Ihre Zeit mit Menschen verbringen, bei denen Sie sich immer als fünftes Rad am Wagen fühlen? Zugehörigkeit entsteht durch Verbundenheit mit den richtigen Menschen, die unsere Werte teilen. Mit Liebe zu Orten, Dingen, Ritualen, die uns Halt geben. Also beginnen Sie damit, Ihre freie Zeit zu gestalten. Schritt für Schritt. Planen Sie voraus. Machen Sie eine Liste mit allem, was Sie wirklich gerne unternehmen würden. Und dann laden Sie ein, mit Ihnen zu kommen.
Am 25. Feb. 2024 ist mein Mann (60J.) tödlich verunglückt. Wir waren 42 Jahre ein Paar. Wir haben drei tolle Kinder und viele Kollegen. Aber die haben auch ihr eigenes Leben. Mein Mann und ich hatten so viele Gemeinsamkeiten. Nun fühle ich mich trotz Freunden, Arbeit, Sport, sehr Einsam.
Udo Rauchfleisch: Dies ist für Sie tatsächlich eine sehr schwierige Situation. Aber Sie müssen bedenken, dass Sie in einer Trauerphase sind und müssen sich Zeit für die Trauer zugestehen. Ich würde bei den Gefühlen, die Sie schildern, eigentlich auch nicht von Einsamkeit sprechen. Es ist Trauer und das Erleben einer plötzlichen schmerzhaften Trennung von einem geliebten Menschen, mit dem Sie viel verbunden hat. Nutzen Sie die Kontakte zu Ihren Kindern und den Freundinnen und Freunden, um Trost zu finden, und haben Sie keine Angst, ihnen zur Last zu fallen. Die Trauer, die Sie jetzt erleben, ist ein Prozess, der Zeit braucht.
Wo kann man Leuten begegnen mit ü60? Kann nicht mit in der Laufgruppe, weil ich wegen schmerzenden Füssen nicht viel laufen kann (u.a. PNP). Darf nicht zum wöchentliche Seniorenessen weil sie nicht glutenfrei kochen und ich nicht selber Essen mitnehmen darf. Komplexe PTBS macht Kontakte behalten schwierig, wenige verstehen und akzeptieren einem wenn man sich zurückzieht / zurückziehen muss bei z.B. Überforderung, zu viele Reize. Ich getraue mich kaum mehr, weil ich Angst habe wieder verlassen zu werden, möchte aber gerne z.B. gemeinsam essen. Aber wie wenn ich nicht kommen darf. Kurse, z.B. Malkurs oder Computer-Handyhilfekurs, wäre etwas aber mit Rente nicht bezahlbar. Weiss nicht weiter
Corinne Hafner Wilson: Bei Pro Senectute oder über die neue Plattform www.infosenior.ch finden Sie Angebote und Aktivitäten für Menschen über 60. Gerade durch das Engagement von Freiwilligen ist es möglich Angebote sehr günstig anzubieten. Zögern Sie nicht anzusprechen, wenn ein Angebot für Sie finanziell teuer erscheint, es wird sich vielleicht eine Lösung finden lassen.
Könnt ihr irgendwie die Menschen die hier Fragen stellen connecten? Ich habe schon einige Kommentare/Fragen gelesen von Personen die mich ansprechen und mit denen ich gerne in Kontakt treten möchte.
Redaktion «Puls»: Danke für Ihr Interesse und den Vorschlag! Leider ist dies nicht möglich, da die Anonymität der Fragestellerinnen und Fragesteller ein wesentlicher Aspekt des «Puls»-Chats ist.
Kann man die Einsamkeit auch einfach akzeptieren und mit der Einsamkeit leben ohne immer danach zu streben es verändern zu wollen?
Undine Lang: So wie Sie es beschreiben, ist es für Sie vielleicht einfacher, der Einsamkeit auch eine gute Seite abzugewinnen als sich eine Veränderung zu erkämpfen? Sie sprechen damit einen sehr wichtigen Punkt an, per se ist «alleine sein» und «alleine sein» zu können nicht etwas Schlechtes, viele Menschen geniessen das «alleine sein» und betrachten es sogar als Privileg. Gerade wenn man dadurch Freiräume hat, für sich selbst und die Beschäftigung mit sich selbst, Freiräume für Kunst, Musik, Gedanken, Meditation etc. Einsamkeit wird erst dann zu etwas Negativem, wenn das alleine sein unfreiwillig ist, also wenn es in eine soziale Isolation ausartet, die schwer zu durchbrechen ist. Wichtig ist sicher, dass man nicht in den Massanzügen anderer Menschen lebt, also, nur, weil andere geselliger sind, als man selber, heisst das nicht, dass man genauso viel Kontakte benötigt. Von daher ist die Antwort ja und nein, Akzeptanz kann sehr gut sein, weil Sie vielleicht sogar Stress und Druck von Ihnen nimmt und Sie entlastet und sie kann falsch sein, wenn die Einsamkeit Sie wirklich belastet.
Guten Abend, ich fühle mich nicht alleine, aber einsam. Mein Mann ist vor 4 Monaten mit 66 Jahren gestorben. Es ist zum verzweifeln, diese Zeit ist so surreal. Ich gehe arbeiten, und werde das Pensum 80% erhöhen. Der Kopf denkt sehr oft «normal», aber mein Herz ist gebrochen. Wie bringe ich die zwei zusammen??
Corinne Hafner Wilson: Ihr Mann ist erst vor kurzer Zeit verstorben, für Sie fühlt es wohl wie eine Ewigkeit an. Auch Ihr Kopf und Ihr Herz sind noch dabei den Verlust zu verarbeiten, diesen neuen Alltag zu leben. Manchmal erscheint alles normal, und dann ist man wieder von Trauer überrollt. Geben und nehmen Sie sich die Zeit zu trauern die Sie benötigen. Eine Struktur im Alltag zu haben durch die Arbeit kann Halt bieten. Hören Sie aber weiterhin auf Ihren Kopf und Ihr Herz, dass es auf beiden Ebenen stimmt.
Wie unterscheidet sich das Gefühl Einsamkeit von Depression?Respektive, wie weit sind die beiden Begriffe voneinander entfernt? Seit ich in ein Dorf gezogen bin, habe ich den Kontakt zu den Freunden mit neu gegründeten Familien in der Heimatstadt immer mehr verloren. Am neuen Wohort aber fand ich keine neuen mehr. So legt sich dieses Gefühl wie ein schwer wiegendes Tuch über mich und macht mich oft traurig. Ich wohne aber eigentlich mit meiner Freundin und habe viele oberflächlichere Freundschaften.
Udo Rauchfleisch: Einsamkeit und Depression hängen eng zusammen. Einsamkeit führt häufig zu Depressionen. Ich weiss nicht, wie lange Sie schon am neuen Ort wohnen. Aber Sie müssen sich und Ihrer Umgebung Zeit lassen, bis neue Kontakte entstehen. Dabei müssen Sie allerdings auch selbst aktiv werden. Gerade in einem Dorf gibt es doch einige Vereine und es hängt viel daran, dass man sich als neu Zugezogener denen anschliesst. Ausserdem wäre es gut, wenn Sie die früher bestehenden Freundschaften aktiv weiter pflegen und die bisher oberflächlichen Freundschaften intensivieren. Setzen Sie dabei sich und Ihre Umgebung nicht unter Druck, sondern lassen die Beziehungen langsam entstehen.
Oft ist es so, dass ich viele Menschen treffe pro Tag, aber alles bleibt sehr oberflächlich. Auch wenn ich versuche persönlichere Themen anzusprechen oder interesse zeige, fühle ich wenig Verbundenheit oder Offenheit. Oft sind die Begegnungen bei der Arbeit, im Studium, in der Freizeit auch geprägt von unguten Dynamiken wie Konkurrenz, Neid, Dominanz, viele Menschen erzählen immer nur von sich. Wie findet man Menschen die zu einem passen? Wenn ich daran denke, dass man sehr viel Zeit miteinander verbringen muss um eine Freundschaft aufzubauen, fühlt sich das alles sehr streng an, genauso wie einem Verein beizutreten oder einem Lesekreis.
Anna Miller: Viele Menschen hadern damit, sich rasch zu öffnen. Sie schützen ihre Grenzen und ihre Privatsphäre. Das hat viele Gründe. Nicht jeder kann also in jedem Kontext flexibel und offen sein. Menschen, die das können, also sich verbunden fühlen und offen sein, haben grosse soziale und emotionale Fähigkeiten. Es liegt also vielleicht gar nicht wirklich an Ihnen, dass das Gegenüber so reagiert. Sondern vielmehr am Kontext. In beruflichen Situationen oder anderen Momenten, wo es darum geht, eine Rolle einzunehmen, oder sogar Konkurrenz oder Neid im Raum stehen, zeigen viele Menschen lieber Fassade als echte Verletzlichkeit. Auch, weil sie nicht wissen: Wie nimm der Andere das auf? Wird er es gegen mich verwenden? Versuchen Sie also mal, es umzudrehen: Sie sind offener als andere. Sie sind flexibler als andere. Und vor dieser Offenheit müssen Menschen sich manchmal schützen, weil sie nicht mit dieser Offenheit umgehen können. Das ist vielleicht nichtmal böse Absicht, sondern schlicht: Selbsterhalt. Wo also finden Sie Menschen, die zu Ihnen passen? Meine Frage an Sie: Wo und mit wem würden Sie denn gerne Zeit verbringen, wenn Sie die Versuche, mit all den anderen Menschen klarzukommen, die Sie nicht verstehen, loslassen würden? Wo wären Sie denn anzutreffen, für alle anderen, die nach einem offenen, freundlichen, interessierten Menschen suchen?
Ich arbeite seit der Pandemie im Homeoffice. Ich habe zwar Kundenkontakt am Telefon und per E-Mail. Trotzdem habe ich das Gefühl, als dienstleistungsorientierter und gesellschaftlicher Mensch zu vereinsamen. Ich suche in meiner Freizeit den Ausgleich im Verein oder bei Aktivitäten mit Freunden. Jedoch merke ich, dass viele Menschen selber zurückhaltend sind mit neuen Kontakten. oder lieber auf Social Media. Gibt es auch Social prescribing in der Schweiz? Merci für Ihre Empfehlung.
Udo Rauchfleisch: In Zürich gibt es seit 2024 ein erstes social prescribing Pilotporjekt. Vielleicht fragen Sie dort mal an. Sonst verschreiben Sie sich selbst den sozialen Kontakt. Das Homeoffice war während der Pandemie zwar eine gute Möglichkeit, weiter zu arbeiten. Hinterher hat es sich für viele Menschen aber als negativ erwiesen, weil zum einen die realen sozialen Kontakte dadurch leiden und zum anderen eine unheilvolle Vermischung von privatem und beruflichen Bereich erfolgt. Versuchen Sie deshalb, mehr Präsenzdienst in Ihrer Firma zu machen.
Das Problem der Einsamkeit beginnt sobald man nicht mehr so mobil und fit ist wie die Gleichaltrigen (75). Wir waren stets am wandern und mich hat es mit long covid erwischt. Es wird nicht verstanden, ausser in der Selbsthilfegruppe, dass man sich jetzt die Zeit einteilen muss um nicht wieder einen crash zu erleiden. Da ist es sehr schwer zu verstehen wenn man den Tipp erhält, dass man versuchen soll sich an Institutionen zu wenden die etwas bieten.
Corinne Hafner Wilson: Gerade bei gesundheitlichen Beschwerden, die von aussen nicht sichtbar sind ist es manchmal schwierig das notwendige Verständnis zu erhalten. Das Sie eine Selbsthilfegruppe gefunden haben und Ihre Erfahrungen verstanden werden ist sehr wertvoll. Falls Sie gerne neue Bekanntschaften schliessen möchten, wäre vielleicht auch ein Besuchsdienst , bsp. der Pro Senectute etwas für Sie? So können Sie angeregte Gespräche führen in den eigenen vier Wänden, sich bei Bedarf aber auch ausruhen.
74 alt div. gesundheitlichen Probleme wie z B Knie, Lympfeodem, Inkontinenz nach Blasenspiegelung usw. Haushalt geht noch aber muss je nach Bewegung ständig Einlagen Wechsel somit habe ich grosse Hemmungen unter Leute zu gehen die eventuell etwas schmecken könnten. Die Spiegelung war in meinen Augen ein Arztfehler kam aber rechtlich nicht durch. Wäre gerne ab und zu unter Leuten aber eben wegen den genannten Sachen bin ich im Schneckenhaus.
Udo Rauchfleisch: Damit haben Sie zweifellos schwierige Bedingungen. Haben Sie aber mal, z. B. mit dem Hausarzt, die Möglichkeit einer Tagesstätte mit einem medizinischen Betreuungsangebot diskutiert? Dort oder in einer ähnlichen Institution müssten Sie keine Hemmungen haben, es würde für Ihre körperliches Wohlbefinden gesorgt und Sie wären zusammen mit anderen Menschen.
Ich,m, 48, bin umgeben mit Menschen im Beruf, Sport oder Hobby. Auch Freunde habe ich. Ich habe jedoch die Vorstellung, dass nur mit einer Partnerin die gelegentlichen Einsamkeitsgefühle bei mir nicht mehr entstehen können. Ich weiss nicht ob ich richtig liege.
Anna Miller: Wir sind alle verschieden. Und Zugehörigkeit und Nähe suchen und finden wir in verschiedensten Dingen, Orten, Ritualen und Menschen. Wenn Sie schreiben, Sie haben diese Vorstellung, dass Ihre gelegentlichen Einsamkeitsgefühle nur durch eine Partnerschaft nicht mehr entstehen können, kann ich Ihnen sagen: Sie können auch in einer Partnerschaft sehr einsam sein. Einsamer als alleine. Doch viel wichtiger ist: Ist das eine blosse Vorstellung, weil sie auf sozialem Vergleich beruht oder irgendwelchen Ideen aus der Gesellschaft? Oder ist das ein Herzenswunsch? Müssten Sie eine Partnerin haben, oder wünschen Sie sich eine? Denn eine Partnerschaft ist ein ganz eigener Kosmos. Man kommt einander sehr nahe, hat die grosse Chance auf echtes Verständnis, grosse Gefühle. Und gesehen zu werden, für das, was und wer man wirklich ist. Alles Dinge, die wir auch in Freundschaften finden können und im Beruf. Aber eben auch in der Liebe. Insofern ist Ihre Sehnsucht etwas sehr Natürliches. Und in vielen Momenten ist die Innigkeit einer Partnerschaft nicht leicht zu ersetzen. Aber eben auch die Tiefen. Überlegen Sie sich also: Was genau ersehne ich? Welche Art von Nähe ist mir wichtig? Wie würde denn diese Partnerschaft aussehen, die mir meine Einsamkeit nimmt? Und was kann ich selbst geben? Dann finden Sie sicher eine Liebe, die es wert ist, gemeinsam gelebt zu werden. Nicht, weil man sonst einsam wäre, sondern, weil man das Vertrauen schöpft, sich Jemandem wirklich öffnen zu können.
Vorgeschichte: Beide Eltern zu 150 % beruflich belastet, keine Geschwister, keine anderen Kinder im Quartier, Zeit für mich nur sonntags (katholisch) , sehr guter Schüler, unterfordert, ausser Bibel keine Bücher im Haus. Erinnerung an Kindheit: es war mir dauernd langweilig. Sehr erfolgreich beruflich national und international, aber nur mein Wissen, meine Kenntnisse waren gefragt. Beispiel: Ich war während 7 Jahren Delegationsleiter einer internationalen Organisation an Sessionen des Codex Alimentarius. Ich erhielt jede Menge Komplimente für die Führung der Delegation, aber abends, wenn es ums Abendessen ging, sass ich allein in einem Restaurant, und wenn ich versuchte, mich mit Kollegen zu verabreden, erhielt ich immer die Antwort: Tut mir leid, ich bin schon verabredet. Anderes Beispiel: ich hatte ab 50 keinen Geruchsinn mehr. Ich habe Alles versucht, dies zurückzubekommen. Ich war unter anderem bei einem chinesischen Arzt. Kaum hatte ich das Sprechzimmer betreten, sagte er mir, ich könne gleich wieder gehen und wieder kommen, wenn ich den Panzer um mich entfernt habe. Gleiches Resultat bei einem anderen Naturheiler. Er sprach von einer Mauer um mich herum. Inzwischen bin ich 89, meine Frau ist gestorben, und seit ich mich aus den beruflichen Aktivitäten zurückgezogen habe, habe ich auch keine Bekannten und Freunde, da ich immer nur berufliche Kontakte hatte und nie rein menschliche. Woran liegt es, dass während meinem ganzen Leben immer nur meine Leistung beansprucht wurde und ich als Mensch offensichtlich absolut unattraktiv war?
Corinne Hafner Wilson: Sie haben ein erfolgreiches Berufsleben geführt, und da ist es oftmals schwierig auch noch private Kontakte zu pflegen. Kennen Sie Erzählcafés? Das wäre vielleicht eine interessante Möglichkeit neue Menschen zu treffen, von Ihrem interessanten Leben zu erzählen. Wechseln Sie auch mal die Perspektive: Wie würde Sie Ihre verstorbene Frau jemandem gegenüber beschreiben? Sie würde wahrscheinlich andere Worte wählen.
Ich wohne alleine. 90% meiner Morgen, wache ich mit neg. Gedanken, leichen Depressionen, bin demotiviert und habe exestentielle-/Zukunftsängste. U.a. habe ich Respekt von einer neuen Beziehung aus einer weiteren Scheidung, resp. Trennung. Wie handhabe ich die negativen Gedanken? Herzlichen Dank!
Udo Rauchfleisch: Wenn Sie so stark unter Depressionen und negativen Gedanken leiden, würde ich Ihnen empfehlen, eine Psychotherapie aufzunehmen. Es würde Ihnen vermutlich gut tun, wenn Sie dort die negativen Erfahrungen, die Sie offensichtlich in der Vergangenheit gemacht haben, klären und verarbeiten könnten.
danke, dass sie einsamkeit thematisiert haben. nachdem meine erwachsenen kinder ausgezogen sind, blieb ich als geschiedene frau berufstätig und habe lange allein gelebt, bevor ich vor fünf jahren meinen lebenspartner kennengelernt habe, der kürzlich leider verstorben ist, trotz einem intakten sozialen umfeld fühle ich mich mit 62 jahren in der grossen trauer nach diesem schweren verlust viel einsamer als damals und spüre auch, dass viele menschen nicht nachvollziehen können oder wollen, weil sie es selber nicht erlebt haben. deshalb lebe ich wie in einer «zwischenwelt» und frage mich, was ich tun kann, um nicht zu verzweifeln...
Undine Lang: Wie Sie von sich schreiben spricht für mich sehr vieles dafür, dass Sie eine sehr starke Frau sind mit vielen Interessen und Ressourcen, Sie haben Ihre Kinder, Ihren Beruf und ein soziales Umfeld. Sie hatten auch wieder einen Partner gefunden, der leider verstorben ist. Wenn der Partner verstirbt, braucht es oft eine sehr lange Zeit, in der man trauert, weniger Interessen hat oder einen geringeren Antrieb und sich weniger freuen kann, vielleicht sogar schlechter schläft, viel grübelt. Vielleicht liegt bei Ihnen eine Depression vor, hier könnte professionelle Hilfe, zum Beispiel eine Psychiaterin/ Psychiater oder Psychotherapeutin oder ein Psychotherapeut diese Krise verkürzen helfen. Ich würde Ihnen empfehlen, sich hier professionelle Hilfe zu suchen, dann kann sich die Dauer einer solchen Trauerreaktion halbieren. Letztlich wird diese Krise jedoch vorübergehen, sie wird nicht ihr ganzes Leben anhalten und sich nicht über ihr ganzes Leben ausbreiten, Sie werden wieder neue Kontakte knüpfen und ausbauen, zu Ihren Kindern, in Ihrem Freundeskreis oder beruflichen Umfeld, es braucht Zeit.
Ich (47j) bin durch eine schwere körperliche Krankheit hausgebunden, ca. 160 Wochenstunden auf wenigen Quadratmetern. Nun suche ich einen Ort, wo man betreut und sozial eingebunden wird, der reizarm ist und sozial konstruktiv, aber auch bezahlbar. zB Mehrgenerationenhaus oder Ä. im Bereich integratives Wohnen, zugänglich auch für Personen <65 Jahre – auch weil der Alltag schwer geworden ist, da alle vollends eingebunden sind und sich so etwas auf Dauer jede Beziehung überstrapaziert. Kennen Sie da Angebote in der Schweiz?
Corinne Hafner Wilson: Vielleicht kann Ihnen www.procap.ch weiterhelfen oder kennt Angebote in Ihrer Region. Es ist eine gute Idee sich sein Wohnumfeld zu anzupassen, dass man mehr Ressourcen zur Verfügung hat und wählen kann, wofür man sie nutzt.
Es klingt wahrscheinlich sehr seltsam, aber ich habe 3 Kinder (2,5; 6,5; 10 Jahre alt) und fühle mich allein. Genauer gesagt, habe ich das Gefühl, nicht mehr zur Gesellschaft zu gehören. Ja, ich habe viel zu tun zu Hause, mache alles eher wie ein Roboter, und es macht keine Freude. Es macht mir auch nicht viel Freude, mich mit anderen Mamas zu treffen, wegen dieser Gespräche... und auch, weil ich nichts sagen kann. Ich habe immer Vollzeit gearbeitet, wurde jedoch gekündigt (es war einer der schwersten Momente meines Lebens). Es war und ist so schlimm, dass ich sogar ein paar Termine in der Psychiatrie gebucht habe, jedoch ist es zu teuer für unsere Familie. Ich erhalte von meiner Umgebung keine Unterstützung. Die Mamas in unserer Umgebung haben fast nie gearbeitet (Swiss Model) und haben mich dafür verurteilt, dass ich zu viel wolle. Wie kann ich mit drei Kindern arbeiten usw.? Es war nie einfach. Oh Gott, es geht um meine Existenz, um mir auch Produkte leisten zu können, die nicht unbedingt im Coop -50% kosten. Ich bin Mama von drei Kindern, möchte ein Vorbild für sie sein und ihnen eine bessere Zukunft sichern. Im Moment kann ich jedoch keine Stelle finden. Ich werde überall abgelehnt (egal, ob der Arbeitgeber fragen darf oder nicht; wenn er fragt, wie viele Kinder ich habe und wie alt sie sind, ist das meistens schon ein Urteil für mich). Ich fühle mich nicht nur erschöpft, sondern auch einsam und wie ein Versager. Ich habe ich das Gefühl, nicht mehr zur Gesellschaft zu gehören.
Anna Miller: Was Sie beschreiben – dass Sie Mutter von drei kleinen Kindern sind und sich gleichzeitig einsam fühlen, klingt überhaupt nicht seltsam. Sie beschreiben die Ursache selbst sehr gut: Ihr Umfeld, Ihre Lebensumstände, die Gesprächsinhalte, die Alltagsinhalte – all das hat sich in den letzten Jahren stark verschoben. Sie haben sich stark mit Ihrem Beruf identifiziert – und fanden dort auch viel von dem, was Sie jetzt vermissen. Das anzuerkennen ist ein wichtiger, erster Schritt. Sie spinnen nicht. Sondern Sie fühlen ganz richtig. Sie trauern um die Aspekte Ihrer Persönlichkeit und Ihres Könnens, die Sie jetzt aktuell nicht mehr ausleben können. Das ist nicht einfach. Sie sind keine schlechtere Mutter, bloss, weil Sie diesen Teil an Ihrem Leben so wertvoll finden. Sie sind wirklich beides – in Ihnen drin. Im Aussen ist im Moment aber nur ein Teil präsent. Im Kontext Beruf: Suchen Sie sich Hilfe in Form von Beratung, Coaching, Laufbahnberatung. Vernetzen Sie sich mit ambitionierten Müttern. Wie beispielsweise der Community Mamibrennt. Und spannend wäre, sich zu fragen: Was genau liebten Sie an Ihrem Job? Welche Rolle, welche Fähigkeiten, welche Ziele, welche Inhalte? All das ist noch immer in Ihnen. Und vielleicht können Sie Teile davon auf Ihre private Situation anwenden. Und Aspekte davon als Mutter ausleben. Auf Ihre Weise.
Bin 83 Jahre alt , seit 6 Jahren verwitwet , noch an vielem interessiert ,fahre noch Auto . Habe Diabetes und Neuropathie , bin aber trotzdem untergewichtig , da seit 20 Jahren nach OP nur noch 1/2 Bauchspeicheldrüse vorhanden. Mein Problem : Seit langem leide ich unter starker Wetterfühligkeit und seit ein paar Jahren immer srärker unter Schwank-Schwindel und Benommenenheit , der mich teilweise beim Aufrechtstehen und Gehen behindert .Deshalb kann ich nicht mehr regelmässig spazieren , kann schlecht Termine abmachen , da ich keinenTag weiss wie ich dran bin . Beim Sitzen gehts viel besser . Meine Hausärztin weiss über alles Bescheid , kann mir aber beim Schwindel nicht helfen . Ich ziehe mich wegen diesem Problem immer mehr zurück ,kann wenig unternehmen , fühle mich deshalb einsam .
Corinne Hafner Wilson: Bei Pro Senectute finden Sie verschiedene Angebote, beispielsweise Fahr- und Besuchsdienst, vielleicht wäre das etwas für Sie.
Super Sendung. Bin von 1952. Motivierten internationalen Job und seit 20 J. Als Consultent selbständig im Marine Trade Risk Management. Ich lebe gut. Seit 2 Jahren alleine in einer neu umfunktionierten Mietwohnung, Altstadt Lausanne. Ich habe seit Jahren ein oder max zwei Freunde die aber gesundheitliche Probleme haben. Kaum jemanden dem ich ein echtes Problem anvertrauen könnte.
Ich mache vielerorts aktiv mit (Chor, Badminton mit ( 40 Jhre jungen) und auch bei Veteranen, Fitness, Gruppenwanderungen, sogar Pro Senectute Disco im bekanntestem Club für +60. Ich höre viel Musik bei mir. Ein Muss. Ich habe gelernt zu kochen nach 30 Jahren. Ich reise und wandere gerne in die Berge ofer im Schnee. Vielgereist privat und beruflich (40 Länder). Kenne alle Länder von Iran bis Kasachstan und Ostblock. War dort oft alleine da es abenteuerlicher ist und man selbst bestimmen kann. Und meine 2.te Gattin als Tschetschenin nur ans Meer wollte...
Aber, manchmal finde ich, dass ich einmal ganz alleine sein könnte, etwa wie jetzt aber gesundheitlich nicht so top wie jetzt. Mieter nebenan sind alt und kaum Kontakte ausser Grüezi. Meine 2 Kinder sind unverheiratet, resp. wollen keine Kinder. War verheiratet 25J. Frau mit 49 an Krebs gestorben. 2.te Heirat war «exklusif interessant « und habe vieles gelernt (Tschetschenin) aber nicht sehr emotional. Habe mich vor 3 J. trennen lassen. Nun habe ich mit einem GA grösste Freiheit und Zeit für die Berge.
Frage: Was raten Sie mir um meinem «Luxusleben» etwas mehr humanes oder Freunde / echte Kollegen zu geben?? Frage beschäftigt mich seit 2003, Tod meiner ersten Gattin. ?? Freiwilligenarbeit aber denke ich kann einen fixen Plan nicht unbedingt einhalten. Beste wäre mit ein bis 3 Personen gleiche Interessen zu teilen. Als Mann in einer Wandergruppe kommt man nirgends hin zu vertieften Kontakten. Idem in einem Top-Chor wo ich seit 15 J. Klassik singe. Musik zu Hause. Kaum TV-Interesse ausser DOK etc. Grosses Interesse an Wirtschaft und Finanztechnik. Besten Dank. Depressiv bin ich nicht. Habe dies zwischen 2003 und 2009 ganz hinter mich gelassen und Diplome reussiert. Gruss – und habe nichts zu verbergen weder noch etwas beweisen zu müssen.
Udo Rauchfleisch: Sie schildern eine sehr komplexe Situation, die zeigt, dass Einsamkeit jeden treffen kann und nicht von der Zahl der Kontakte abhängt, auch wenn Sie ein «luxeriöses» Leben führen. Vielleicht ist es jetzt an der Zeit, dass Sie sich grundsätzlich Gedanken über Ihr Leben machen und einen neuen Kurs einschlagen. Sie schreiben selbst, wohin es gehen soll: um ein humaneres Leben, frei von dem Bedürfnis, anderen oder sich selbst etwas zu beweisen. Das haben Sie alles längst und in grossem Masse getan. Es könnte Ihnen vielleicht helfen, sich auf ein paar Ihnen besonders wichtige Kontakte und Beschäftigungen zu konzentrieren und diese zu vertiefen. Vielleicht ist es jetzt auch an der Zeit, sich spirituellen Themen zuzuwenden – womit ich nicht die Teilnahme an kirchlichen Aktivitäten meine, sondern allgemein sich vertieft Gedanken zum Sinn und Ziel Ihres Lebens zu machen. Wenn Sie das lieber im Dialog machen möchten, wäre auch eine Therapie eine Möglichkeit.
Ich (42) leide seit meiner jugend unter einsamkeit. Ich habe vor dem 9. Lebensjahr die Diagnose POS bekommen und mit 18 Jahren deswegen eine IV Rente bekommen. Trotz etlichen Therapien die ich von meiner Kindheit bis jetzt bekommen habe hat sich meine Situation kaum verbessert. Ich habe mich zwar gelernt anzupassen doch beteilige ich mich oft an aktivitäten die mich nicht wirklich befriedigen und wenn ich meine bedürfnisse äussere ernte ich oft unverständnis und soziale Ausgrenzung. Ich habe sehr oft erlebt das ich als Patient lieb, dankbar und ein wenig doof zu sein habe da ich sonst ausgeschlossen werde. Ich hoffe dass Sie mir weiterhelfen können.
Anna Miller: Manchmal wollen wir von den Menschen, die uns am wenigsten verstehen, am stärksten angenommen werden. Weil wir glauben, erst dann unseren Wert zu rehabilitieren. Doch diese Versuche scheitern oft. Das ist sehr frustrierend. Und ich wünschte mir auch eine Gesellschaft, die mit mehr Offenheit, Toleranz und Güte verschiedenste Formen von Gemeinschaft pflegt. Doch bis es soweit ist: Nehmen Sie Ihre Energie zu sich zurück. Sie sind ein Mensch, der viel Lebenserfahrung mitbringt. Sie langweilen sich – also haben Sie sicher auch eine Idee davon, was Sie inspirieren würde. Und ein klares Bild davon, was Sie möchten: Verständnis und Inklusion. Nehmen Sie Ihre Erfahrung, Ihr Wissen, Ihre Frustration, Ihre Wut, und bauen Sie damit ein Stück Welt, wie sie Ihnen gefällt. Statt den Fokus auf bestehende Systeme zu richten, die Sie ausschliessen, fragen Sie sich: Welches System kann ich bauen, das Menschen wie mich integriert? Sie sind ganz sicher nicht alleine mit Ihrer Sicht und Ihren Bedürfnissen. Und Sie können die Hoffnung und die Inklusion sein für viele andere.
Meine Einsamkeit (50 jährig) ist schon lange chronisch. Ich schäme mich, finde mich hohl und arm ( im Sinn von uninteressant, leer, eine Person mit Summe von schlechten Entscheidungen, als Versager). Ich bin 100% berufstätig aber schaffe es sonst kaum in den oeffentlichen Raum. Linkedin , wichtige Plattform für die berufliche Vernetzung und langfristige Einstellbarkeit ist mir ein greuel. Wenn sich jemand mein Profil ansieht oder sogar eine Vernetzung anfragt, bedeutet es für mich einen grossen Stress. Der erste Schritt für eine Aktivität ist sehr schwer.
Undine Lang: Ich denke es wäre wichtig, dass Sie sich genau überlegen, was eine Aktivität sein könnte, die Ihnen wirklich Freude bereitet und in der Sie einen Sinn sehen. Etwas, was Ihnen mehr Energie gibt, als es Sie kostet. Das kann sehr vieles sein, Kontakt in der Natur zu haben, zu wandern, Sport (am besten ein Gemeinschaftssport), Tanzen, ein Theaterabonnement oder ein Haustier, eine ehrenamtliche Tätigkeit, Singen im Chor, etwas kreatives machen. So könnten Sie in authentische Kontakte mit anderen kommen, die in die gleiche Richtung zielen wie Sie was Ihre interessen angeht. Ich habe den Eindruck, dass Sie sich selber sehr unter Druck setzen, sei es, was Sie alles schaffen müssen (öffentlicher Raum) und sei es, wie Sie sein müssten. Wahrscheinlich ist Linked nicht die geeignete Form für Sie um Freundschaften zu knüpfen. Vielleicht wäre auch eine Psychotherapie sinnvoll, um einerseits wahre Interessen für sich zu definieren und zu finden und andererseits an dem Druck zu arbeiten, den Sie sich machen und der Ihnen zweifelsohne eine Kontaktaufnahme zu anderen Menschen erschwert?
Guten Abend ich habe Heute Puls Geschaut ich habe die Erfahrung auch Gemacht habe seid einem Jahr Eine Gute freundin Kennengelernt in Einer Klinik habe eine freundschaft wollen haben und wegen meiner Lebensparterrin ist die freundschaft in die Brüche Gegangen ich habe Gemerkt was sie für mich Emfindet und sie für mich ich habe mein Schätt müssen Blockieren jetzt weiss ich nicht mehr was ich Machen muss sie hat einen ex partner also ist Geschieden aber sie hat sich in mich Verliebt was soll ich tun?
Udo Rauchfleisch: Es ist schwierig, Ihnen einen einfachen Rat zu geben, wie Sie mit dieser Situation umgehen können. Ich denke, zum einen müssten Sie mit Ihrer Partnerin klären, ob und, wenn ja, wie Sie Ihre Partnerschaft weiterführen wollen. Zum anderen müssten Sie zu erfahren versuchen, wie die Gefühle der Frau sind, die Sie kennengelernt haben, und ob sie die Beziehung zu Ihnen weiterführen möchte. Und dann müssten Sie sich entscheiden, wie Sie sich verhalten wollen. Sie könnten auch eine Therapie in Anspruch nehmen, um diese Fragen zu klären.
Ich bin 28 Jahre alt und wurde als teenager zweimal stark gemobbt wo die Schule auch eingreifen musste. Ich möchte nicht alleine sein aber finde es zu anstrengend, Freundschaften zu bilden. Der erste Eindruck den andere von mir haben, scheint gut zu sein, aber danach klappt es nicht, mit einem weiteren Treffen oder das die Person mehr Interesse zeigt...
Anna Miller: Dass Sie es anstrengend finden, Freundschaften zu schliessen, ist bei Ihrer Vergangenheit absolut verständlich. Ihr System hat sozialen Kontakt als instabil, als teilweise gefährlich abgespeichert. Sie wollen auf der einen Seite nicht alleine sein, weil Sie Bindung suchen. Verbundenheit ist ein urmenschliches Bedürfnis. Diese Sehnsucht nach Verbundenheit ist aber auch gleichsam «gefährlich», weil wieder passieren könnte, was schon passiert ist. Beziehungen sind sehr komplex – und die inneren Glaubenssätze und Ängste und Narben beeinflussen sehr aktiv, wie wir die Welt sehen und uns verhalten. Es würde sich in Ihrem Fall sicher lohnen, Ihre Erfahrungen und Ihre Wünsche in Bezug auf soziale Beziehungen mit einer Fachperson genauer anzuschauen. Um die Dynamiken zu verstehen – und sie so verändern zu können, dass Sie in Beziehung gehen können, leicht und offen, mit Menschen, die Ihnen gut tun und wo Sie sich sicher fühlen.