Chat-Protokoll
Ich erwarte in zwei Monaten mein erstes Kind und habe von dem Babyblues schon oft gehört. Mein Bedenken ist, dass ich (emotionaler und sensibler Mensch) auch hineinschlittern könnte. Was könnten Vorbereitungstipps dagegen sein?
Claudine Haus: Herzlichen Glückwunsch und schon jetzt alles Gute für die Endschwangerschaft sowie die Geburt. Wie im Beitrag erwähnt, erleben 80% den Babyblues. Dieser tritt am 3. bis 5. Tag nach der Geburt infolge des enormen Absinkens der schwangerschaftserhaltenden Hormone auf. Die Merkmale sind Weinerlichkeit, Ängstlichkeit, Reizbarkeit & Unruhe. Sie gehen innert Stunden bis Tage wieder zurück. Was hilfreich ist, ist das Wissen darüber: Es betrifft fast alle und geht von alleine wieder weg. Trotzdem ist es lohnenswert, sich in der Zeit genug Ruhe zu gönnen, sich z.B. im Voraus zu überlegen, ob und wieviel Besuch man empfangen möchte. Sich Hilfe z.B. fürs Essenslieferungen (das könnte man sich von seinen Freunden zur Geburt wünschen) oder anderes (Reinigungskraft) im Voraus organisieren. Der Babyblues hat aber auch eine positive Seite, es markiert einen einschneidenden Übergang: etwas grossartiges aber auch teilweise beängstigendes ist Geschehen, man ist Mutter geworden.
Ich betreibe häufig Sport und frage mich, wann und wie ich mit dem Sport nach der Geburt wieder einsteigen kann. Danke!
Stefanie Meyer: Super, machen Sie regelmässig Sport. Das hat sowohl in der Schwangerschaft als auch nach der Geburt viele Vorteile!! Falls Sie bis zum Ende der Schwangerschaft regelmässig Sport machen werden / gemacht haben, kann der Start ins Wochenbett ohne Sport etwas schwierig sein, weil eben die sportliche Routine vorerst wegfällt. Deshalb gebe ich sehr aktiven Frauen gerne in der Schwangerschaft bereits Übungen mit (das kann z.B. einfach eine 360 Grad Atmung oder Boxatmung sein oder sanfte Mobilityübungen – zu Beginn z.B. Füsse kreisen im Liegen, Open Book), die bereits kurz nach der Geburt wieder gemacht werden dürfen. Sowieso müssen Sie nicht 6 Wochen oder länger warten. Wichtig ist das WIE und die Rücksichtnahme auf die individuellen Voraussetzungen (wie war die Geburt, gibt es allfällige Verletzungen). Ich sage jeweils, dass der Einstieg nach der Geburt mit dem Einstieg nach einer Sportverletzung vergleichbar ist. Da haben Sie auch unterschiedliche Phasen und starten z.B. nicht sofort wieder mit einer 45 Minuten Joggingrunde. Also zuerst den Fokus auf die körperlichen Veränderungen aus der Schwangerschaft legen (z.B. abgeflachte Füsse, Hohlkreuzhaltung, Belastung Beckenboden, Dehnung der Bauchmuskulatur, runde Haltung) sowie auf beanspruchte Körperregionen aufgrund der Geburt (Beckenboden, allfällige Narben, Bauchdecke, Kaiserschnittnarbe). Sie können mit sanften Übungen starten (Atmung, Wahrnehmungsübungen Beckenboden & tiefe Bauchmuskeln, Mobiltiyübungen) und dann nach und nach steigern (wie nach einer Verletzung ebenfalls). Ich empfehle Ihnen dann auch ein Rückbildungstraining und parallel können Sie gut sportartspezifische Vorbereitungen treffen. Bei einem schnellen sportlichen Wiedereinstieg ist sicher auch ein Beckenboden Check up bei einer Fachperson (z.B. spezialisierte Physiotherapeutin) nie verkehrt.
Ich hatte vor 16 Tagen eine traumatische Geburt mit Not-OP & mein Baby musste in die Neonatologie für einige Tage. Ich fühle mich seither wie neben mir, bin sehr viel ängstlicher als dass ich es von mir kenne. Das macht mich sehr traurig, ich kann diese spezielle Zeit mit dem Baby nicht geniessen. So habe ich mir dies nicht vorgestellt, ist das normal?
Claudine Haus: Eine Geburt stellt häufig eine Grenzerfahrung dar. Wenn sie dann noch traumatisch erlebt wurde, kann das Erlebte das Gefühl in einem erzeugen, dass eine Grenze des Machbaren, des Aushaltbaren überschritten wurde. Man fühlte sich vielleicht in der Situation hilflos, ohnmächtig und voller Entsetzen. Nach einer traumatischen Geburt braucht unser Körper und unsere Psyche Zeit und Ruhe, das Erlebte zu verarbeiten. Nicht ganz einfach mit einem Neugeborenen. Nicht selten kommt es Tage danach zu Symptomen von Ängsten, Schreckhaftigkeit und Reizbarkeit. Des Weiteren kann es auch sein, dass sich Erinnerungen an die Geburt häufig belastend aufdrängen oder das körperliche Symptome wie Herzrasen auftreten.
Vielleicht würde es Ihnen helfen, mit der Wochenbetthebamme über Ihre Empfindungen zu sprechen. Auch werden in den Geburtsabteilungen Nachgespräche von traumatisch empfundenen Geburten angeboten. Da können noch offene Fragen an die Geburtsbegleiter gestellt werden. Auch eine auf Traumaverarbeitung spezialisierte Psychotherapeutin kann Ihnen bei der Verarbeitung Ihrer Geburtserfahrung helfen. Gerne können Sie sich bei Bedarf hierfür an unsere Organisation (postpartale-depression.ch) wenden. Ich wünsche Ihnen alles Gute!
Guten Abend. 3 Fragen: -Wie wörtlich sollte das Wochenbett genommen werden? Sind ein paar Stunden pro Tag im Bett bspw die ersten Tage nach der Geburt ausreichend? – Und ist das Tragen des Babys im Tragetuch okay einige Tage nach der Geburt? -Ab wann werden erste Spaziergänge empfohlen? Danke!
Christina Roth: Je nach Definition dauert die Wochenbettzeit 6 – 10 Wochen. In dieser Phase finden verschiedene Vorgänge statt, unter anderem regeneriert sich der Körper der Frau von den Veränderungen der Schwangerschaft und der Anstrengung der Geburt. Grosse Anstrengungen sollten daher vermieden werden. Auch der Beckenboden sollte nicht zu stark belastet werden. Es ist von Vorteil, wenn sich die Wöchnerin auch zwischendurch tagsüber hinlegen kann. Wie oft und wie lange hängt von der Befindlichkeit ab. Babys können ab Geburt im Tragetuch getragen werden. Wenn die Mutter das Baby trägt, ist es wichtig, die körperlichen Grenzen zu beachten. Spaziergänge an der frischen Luft tun Mutter und Kind gut. Auch da soll sich eine Wöchnerin nicht überanstrengen.
Guten Abend, mir geht es schon länger nicht gut, mein Kind ist nun bereits 4 Monate alt, ich weiss aber nicht, mit wem ich über meine Gefühle sprechen soll. Bisher hat niemand etwas gemerkt. An welche Fachperson soll ich mich am besten wenden? Hebamme, Mütter-Väter-Beraterin, Gynäkologin, andere? Wer ist dafür der richtige Ansprechpartner?
Claudine Haus: Guten Abend und vielen Dank für Ihre Frage. Grundsätzlich sollten alle Fachpersonen die Thematik kennen und Ihnen helfen können, deshalb führen wir auch eine Vielzahl an Fortbildungen für diverse Berufsgruppen durch. Es ist aber natürlich ein persönliches Thema und Sie müssen Vertrauen in das Gegenüber haben, nur dann kann man sich öffnen. Gerne können Sie sich jederzeit bei uns melden, wenn Sie mit jemandem sprechen wollen, der genau weiss, wie Sie sich fühlen. Wir helfen auch gerne weiter, die richtige Fachperson zu finden, wenn diejenigen in Ihrem Umfeld für Sie nicht die richtigen sein sollten. Langfristig erhoffen wir uns natürlich ein flächendeckendes Screening auf die psychische Befindlichkeit für alle Frauen und Männer (z.B. mit dem EPDS-Selbsttest https://postpartale-depression.ch/de/selbsttest.html), damit man gar nicht mehr überlegen muss, an wen man sich wenden soll, weil zu verschiedenen Zeitpunkten von unterschiedlichen Fachpersonen die Thematik proaktiv angesprochen bzw. getestet wird. Teilweise wird das auch schon sehr gut gemacht, leider noch nicht von allen.
Wir hatten 2020 in den ersten 12 Wochen einen Abort. 2021 ist unser wundervoller Sohn zur Welt gekommen. Mein Mann hat die Zeit nach und während der Geburt viel geweint. Er hatte im Wochenbett oft Angst dass mir oder unserem Sohn etwas zustösst. Dass er als Mann nicht stillen kann hat ihn eifersüchtig gemacht. Unsere Wochenbetthebamme hatte sich mehr Sorgen um meinen Mann gemacht als um mich. Sie konnte uns da aber leider nicht weiterhelfen. Gibt es eine Fachstelle für das Thema Männer und Depression nach einer Geburt? Wie geht man das am besten an das Thema? Gibt es Fachlektüre darüber? Vielen Dank im Voraus.
Gabriella Stocker: Für die Männer gibt es auch Angebote, wenn auch weniger. Auf der Webseite postnatale-depression.ch finden Sie einen eigenen Abschnitt zu den Vätern. Ansonsten kann sich der Vater auch via seinen Hausarzt oder Hausärztin eine psychologische Betreuung verschreiben lassen oder sich direkt an eine psychologische Fachperson wenden (sie wird nun direkt von der Grundversicherung vergütet und muss nicht mehr delegiert sein). Oft hilft auch die Frauenärztin weiter, wenn der Mann in der Sprechstunde anwesend ist.
Wie kann man die Regulation der Hormone nach der Geburt unterstützen? Gibt es hier Mittel?
Gabriella Stocker: Die hormonelle Situation nach der Geburt verändert sich stark. Wichtig ist zu wissen, welche Symptome behandelt werden sollten. Dann kann eine gezielte Therapie eingeleitet werden. Es gibt zum Beispiel wenige Frauen die von einer östrogenhaltigen Therapie im Wochenbett profitieren, dort sollen aber die Vor- und Nachteile genau abgewogen werden. Diese Behandlungen sollen sehr individuell betrachtet werden.
Eine Bekannte erkrankte nach der Geburt schwer. Sie war ebenfalls mehrere Monate mit ihrem Kind in einer Klinik. Behandelt wurde sie wie jemand, der eine Postpartale Depression hat und durchlief das Standard-Therapieprogramm, wie alle anderen in dieser Klinik. Obwohl sie nicht die typischen Symptome dazu hatte. Erst sehr viel später kam die Diagnose einer Traumafolgestörung (aufgrund der eigenen Kindheit) sowie Autismus. Aufgrund der stationären Therapie mit ihrem Kind erlebte sie eine retraumatisierung – vorallem aufgrund des starren Therapieprogramms und -Drucks, mit dem sie als Autistin gar nicht die Chance hatte zu genügen auch wenn sie sich sehr anstrengte. (Man warf ihr stadessen Unwille und mangelnde Motivation vor). Wie kann man «gute» und «schlechte» Therapieansätze für Wöchnerinnen erkennen? Welche psychischen Erkrankungen sind noch typisch nach einer Geburt? Wie kann man ein diagnositisches Wirrwar verhindern?
Gabriella Stocker: Die Beschreibung klingt nach einer sehr komplexen Situation, die manche Therapeuten herausfordern kann. Die Situation soll immer wieder evaluiert werden und bei Unklarheiten zu Therapieansätzen oder Erfolgen kann auch eine Zweitmeinung eingeholt werden. In der Regel lohnt es sich mit spezialisierten Therapeuten zusammen zu arbeiten, welche sich mit dem Krankheitsbild auskennen.
Als Jungmutter bin ich das erste Mal zu Hause mit meinem Kind. Wir sind eine Kleinfamilie und somit bin ich in der nicht einfachen Anfangszeit mit all meinen Fragen, Schlafmangel ect. alleine. Wohin kann ich mich wenden? Gibt es ein Tages/Wochen-Angebot für Mütter, für die Wochenbett-Zeit?
Claudine Haus: Vielen Dank für Ihre Anfrage. Das kann ganz schön überwältigend sein, zu merken, dass so viel neue Verantwortung auf einem lastet. Da Sie erwähnen, dass Sie keine Unterstützung haben, ist es bestimmt hilfreich, andere Alltagsaufgaben neben der Betreuung und Fürsorge des Babys so gut es geht aufzuschieben oder zu delegieren, die Erwartungen z.B. an den Haushalt zu minimieren und sich anderweitig Unterstützung zu holen.
Zögern Sie auch nicht mit Ihrer Hebamme, Ihrer Mütter-Väter-Beraterin und Ihrem Umfeld über ihre Gefühle zu sprechen und Hilfe einzufordern. Niemand muss diese belastende Phase alleine überstehen.
Es gibt zudem sowohl ambulante Unterstützungsangebote durch Fachpersonen als auch stationäre Mutter-Kind-Plätze, wo Mütter mit ihrem Baby eine Zeit lang unterkommen können. Dort treffen sie auf andere Mütter mit den gleichen Erfahrungen, aber können auch Therapien machen, während das Kind versorgt ist. Hier finden Sie eine Liste solcher Orte nach Kanton geordnet: https://postpartale-depression.ch/de/hilfe/muki-plaetze.html Gerne helfen wir auch bei der Vermittlung eines solchen Platzes. Falls Sie aber auch einfach mit jemanden sprechen wollen, der versteht, wie Sie sich grad fühlen, rufen Sie uns an. Gerne vermitteln wir Ihnen auch ein Gespräch mit einer Patin oder einer spezialisierten Fachperson. Wir sind für Sie da und Sie müssen das nicht alleine schaffen!
Mein Kind ist 2 Jahre alt, irgendwie wird mir langsam alles zuviel, kann ich auch jetzt noch eine postpartale Depression haben?
Gabriella Stocker: Eine Depression kann jederzeit im Leben auftreten, insbesondere wenn Veränderungen oder Belastungen auftreten (es ist nur eine Frage des Namens). Gut, dass Sie das äussern können, es lohnt sich immer eine Fachperson damit vertraut zu machen. Kontaktieren Sie Ihre Frauenärztin/Hausärztin oder holen Sie sich Hilfe bei einer Fachstelle.
Unser Sohn ist 2 Monate alt (Kaiserschnitt). Der Wochenfluss hat sich soweit eingestellt, jedoch hatte ich am 4.10. für ca 3 Tage und jetzt erneut für einige Tage Schmierblutungen. Beim Kontrolltermin nach Geburt hat mein Gynäkologe gemeint, dass alles in Ordnung sei und konnte nichts Auffälliges feststellen. Ich stille Vollzeit. Was könnten mögliche Ursachen sein? Ist das normal? Danke für die Beantwortung meiner Frage.
Gabriella Stocker: Normalerweise dauert der Wochenfluss nach einem Kaiserschnitt etwas länger als nach einer vaginalen Geburt. Der Wochenfluss ist auch nicht ganz linear, er kann mal stoppen und dann in Form einer kurzen Blutung wieder auftreten. Bei einer starken Blutung oder Schmerzen oder Fieber ist eine erneute Abklärung erforderlich. Sollte sich die Blutung über die nächsten 2-3 Wochen hinziehen dann ebenfalls.
Ich habe vor zwei Wochen unser drittes Kind geboren. Es geht mir sehr gut und die Geburt war nach zwei Stunden vorbei. Ich möchte gerne so schnell wie möglich wieder fit sein auch wegen den zwei Grossen. Ist es trotzdem ratsam bis zur sechsten Woche nach Geburt mit Übungen zu warten? Kann es im schlimmsten Fall länger dauern wenn ich mich überanstrenge? Vielen Dank!
Stefanie Meyer: Guten Abend, herzlichen Glückwunsch zur Geburt und das ist eine super Frage, weil immer noch viele der Annahme sind, dass sie bis zur Kontrolle sechs Wochen nach der Geburt gar keine körperlichen Aktivitäten machen dürfen! Aber gegen sanfte Bewegung im Wochenbett spricht nichts – im Gegenteil! Angepasste Übungen können die natürlichen Rückbildungsprozesse unterstützen, Verspannungen vom vielen Liegen und Sitzen (Stillpositionen!) lösen und eben auch auf den Alltag mit Kindern vorbereiten. Natürlich spielt es eine Rolle, wie die Geburt war und wie aktiv die Frau auch in der Schwangerschaft war. Mein Tipp: Starten Sie mit Atmungsübungen, Mobilityübungen, Wahrnehmungsübungen für den Beckenboden und die tiefen Bauchmuskeln. Auch Spaziergänge können Sie langsam etablieren: Hier und sowieso generell lohnt sich ein progressiver Aufbau – also nicht eine 45 Minuten Runde drehen, sondern mit einem kurzen Spaziergang anfangen und dann von Mal zu Mal steigern. Wichtig ist in dieser Phase ebenfalls ein beckenbodenfreundliches Alltagsverhalten: Also zum Beispiel eine Umkehrhaltung (Brückenposition mit Kissen darunter) nach dem Spaziergang oder abends einnehmen und den Beckenboden entlasten.
+++ Super, dass sie einen Chat zum Thema Wochenbett anbieten. Leider fehlt im Expertenteam aber eine Beckenbodenphysiotherapeutin, die für Fragen während und nach der Schwangerschaft zu Themen wie Senkungsbeschwerden, Schmerzen im Beckenbereich, zum Beispiel spezifisch beim Geschlechtsverkehr, Miktions- oder Defäkationsstörungen, Rektusdiastase oder auch wann wieder mit Sport gestartet werden kann, evidenzbasierte Auskunft geben könnte. Wer eine zertifizierte Bechenbodenphysiotherapeutin zu obengenannten Themen sucht, kann über die Therapeutinnensuche auf eine Fachfrau in der Nähe finden. +++
Guten Tag, mein Mann und ich haben im Wochenbett nicht viel Unterstützung erhalten. Da unser Kind oft sehr viel geweint hat, haben wir oft eine zusätzliche Hilfkraft vermisst. Gibt es hier Angebote, die Familien in den ersten Wochen mit einer Zusatzbetreuungsmöglichkeit entlasten können? Vor allem, wenn das zweite Kind kommt, scheint mir dies noch eine sehr grosse Hilfe zu sein.
Claudine Haus: In der Tat wäre dies eine grosse Hilfe, etwas Entlastung in der Betreuung zu haben. Falls keine geeigneten Familienmitglieder da sind, kann womöglich auf Freunde oder Gotti/ Götti zurückgegriffen werden. Teilweise sind diese sehr dankbar, wenn sie hören, wo sie konkret helfen können. Je nach Wohnort gibt es gut organisierte Nachbarschaftshilfen oder Gemeinden stellen Babysitterlisten zur Verfügung. Ansonsten gibt es vom Schweizerischen Roten Kreuz einen Entlastungsdienst.
Wir erwarten unser erstes Kind. Wieviel (Stunden pro Tag) muss meine Frau effektiv im Bett sein? Wir planen eine ambulante Geburt im Spital. Sind Trombosespritzen notwendig durch das viele Liegen? Es gibt keine Vorgeschichte von Trombose oder Übergewicht. Wie sollen wir unser Baby unserer Katze vorstellen? Lg und Danke
Christina Roth: Es gibt keine Vorgaben, wie viele Stunden eine Wöchnerin im Bett verbringen sollte. Je nachdem wie die Geburt verlaufen ist und wie es Ihrer Frau geht, ist sie auf mehr oder weniger Ruhezeiten angewiesen. Bei einer ambulanten Geburt ist sicher zu stellen, dass in der ersten Zeit zu Hause nicht die Wöchnerin selber, sondern jemand anders den Haushalt managt. Falls eine Thromboseprophylaxe nötig ist, wird diese von der Ärztin oder dem Arzt im Spital verordnet (z. B. nach Kaiserschnitt oder bei vorbestehenden Krankheiten). In der Anfangszeit ist es ratsam, das Baby und die Katze zusammen nicht unbeaufsichtigt zu lassen.
Gibt es auch noch andere psychiatrische Erkrankungen, die typischerweise im Wochenbett auftreten können? Wer ist eine gute Anlaufstelle, wenn man sich mit der Thematik absolut nicht auskennt? (Hebamme, Gynäkologe, Hausarzt oder andere?)
Claudine Haus: Vielen Dank für Ihre Frage. Ja, neben der im Beitrag erwähnten postpartalen Depression & der postpartalen Psychose gibt es noch Angsterkrankungen (die kommen relativ häufig vor nach der Geburt eines Kindes) & Zwangserkrankungen. Gewisse Symptome können auch gleichzeitig, wie im Beitrag gehört, mit einer postpartalen Depression auftreten, aber auch für sich alleine stehen. Ein gewisses Mass an Ängsten ist in diesem Lebensübergang mit all seinen neuen Facetten auch normal, aber bei der Angsterkrankung gehen die Ängste & Sorgen über dieses Mass hinaus & beeinträchtigen den Alltag. Des Weiteren kann es zu Traumafolgestörungen nach einer traumatisch erlebten Geburt kommen oder die Frau erfährt durch die Geburt eine Retraumatisierung (wenn man in seiner Vorgeschichte bereits an Traumafolgen gelitten hat).
Wir haben eine bald 1.5-jährige Tochter. Im Nachhinein denke ich, dass ich in den ersten Monaten unter einer postpartalen Depression gelitten habe. Ich habe aber keine Therapie gemacht. Seit etwa 3 Monaten geht es bergauf. Wir denken nun auch über ein zweites Kind nach, was ich noch vor einem halben Jahr strikt ablehnte. Ich habe aber Angst wieder in ein Tief nach der Geburt zu fallen. Was können sie mir raten? Vielen Dank!
Gabriella Stocker: Sie beschreiben eine Situation die häufig vorkommt, da die Depression im Wochenbett oftmals weder diagnostiziert noch behandelt wird. Vor der Planung einer erneuten Schwangerschaft würde es sich lohnen sich mit einer Fachperson auszutauschen. Es gibt spezialisierte Angebote, in denen mit Ihnen die Situation evaluiert und für eine weitere Elternschaft die Belastungen und Risikofaktoren mit Ihnen zusammen identifiziert und hoffentlich positiv beeinflusst werden können. In der Regel treten beim 2. Kind weniger häufig postnatale Depressionen auf, aber eine gutes Netzwerk für den Fall vorzubereiten, lohnt sich!
+++ Die Mütter/ Väterberatung ist in jeder Gemeinde und eine grosse Unterstützung. Nach der Geburt bekommt die Mütterberaterin eine Geburtsmeldung. Dann nimmt sie in der ersten Wochen Kontakt mit der Familie auf. Hausbesuche, Telefonberatung täglich, usw. Dies als Hinweis. +++
Ist Joggen während der Stillzeit möglich resp. für das Brustgewebe nicht empfohlen?
Christina Roth: Joggen ist während der Stillzeit möglich. Es kann angenehm sein, einen gut sitzenden BH zu tragen. Vielleicht ist es Ihnen wohler, nach einer Stillmahlzeit joggen zu gehen. Falls die Geburt noch nicht lange zurück liegt, sollten Sie langsam mit dem Training beginnen um den Beckenboden nicht zu stark zu belasten und dann schrittweise aufbauen.
Stefanie Meyer: Ich kann mich dem nur anschliessen: Sport und Stillen schliessen sich überhaupt nicht aus! Beim Wiedereinstieg ins Laufen ist es wichtig, dass der Körper nach der Geburt wieder bereit dafür ist. Es gibt hier auch Testübungen, die gemacht werden können (https://rund8fit.ch/kostenloser-check-bist-du-run-ready). Mit spezifischen Übungen kann der Laufeinstieg auch vorbereitet werden. Zu Beginn machen Jogging-Walking-Intervalle Sinn, wobei die Jogging-Anteile dann laufend ausgebaut werden. Wichtig ist im Zusammenhang mit dem Stillen vor allem auch die Flüssigkeitszufuhr sowie die Ernährung, weil sowohl Sport und Stillen Kalorien verbrauchen. Vor allem dann auch, wenn Sport wieder intensiver wird. Wichtig bezüglich Brustgewebe: Während der Stillzeit kann sich die Grösse der Brust verändern und eventuell sitzt dann mit der Zeit (v.a. wenn das Kind länger gestillt wird), der Sport-BH nicht mehr so gut – also zwischendurch checken, ob der Sport-BH noch gut supportet.
Können Sie mir den Unterschied zwischen prämenstruelle Depression und postpartaler Depression schildern?
Gabriella Stocker: Das prämenstruelle Syndrom mit depressiven Symptomen ist eine zyklische Erkrankung, die in der ersten Zyklushälfte nicht vorhanden ist. Die pospartale Depression ist eine depressive Stimmungslage nach der Geburt eines Kindes. Es kann ein Zusammenhang bestehen, muss aber nicht. Das offene Kommunizieren bei einer Fachperson ist wichtig und kann Leiden verhindern.
Ich habe vor 2 Wochen meine Tochter geboren, seither fühle ich mich traurig, niedergeschlagen und heule oft. Ich frage mich, ob das noch normal ist oder ob ich Hilfe brauche.
Claudine Haus: Möglicherweise leiden Sie aktuell noch am Babyblues, der bis zu 80% aller Frauen trifft. Dieser tritt am 3. bis 5. Tag nach der Geburt infolge des enormen Absinkens der schwangerschaftserhaltenden Hormone auf. Die Symptome sind oft ähnlich wie die einer Depression, gehen aber von alleine wieder zurück. Die häufigsten sind Weinerlichkeit, Ängstlichkeit, Reizbarkeit & Unruhe. Falls die depressiven Symptome länger anhalten, empfehlen wir den Selbsttest (frühestens 2 Wochen nach der Geburt) zu machen (Link unten) und je nach Punktzahl unsere Organisation (postpartale-depression.ch bald periparto.ch) oder direkt eine Fachperson zu kontaktieren. Link Selbbsttest (EPDS): https://postpartale-depression.ch/de/selbsttest.html
Meine Rektusdiastase hat die Hebamme erst nach der Geburt „gemessen“ und sie ist oben breiter als ein Daumen. Die Hebamme meinte, das wäre zu viel und ich soll mich gut darauf achten, meine Bauchmuskeln zu schonen (z.B. mit über Seite aufstehen). Warum ist das wichtig und wie kann ich mit Sport im Wochenbett beginnen? Soll ich mich schonen?
Stefanie Meyer: Eine Rektusdiastase ist ein ganz natürlicher Anpassungsprozess in der Schwangerschaft: Die Bauchmuskeln müssen zur Seite weichen, um dem Baby Platz zu machen. Die Rektusdiastase schliesst sich z.T. nach der Geburt von alleine, aber nicht bei allen Frauen. Das hat unterschiedliche Gründe (auch genetische!). Das «Über-die-Seite"-Aufstehen wird dann empfohlen, um die von der Schwangerschaft beanspruchten Bauchmuskeln zu schonen. Aber auch hier: Wenn das Mal nicht so gemacht wird (z.B. nachts wenn das Baby plötzlich wach ist und man einfach schnell reagiert), dann passiert da nicht direkt etwas. Im Wochenbett darf der Fokus zu Beginn auf der Erholung und der Regeneration liegen. Dennoch dürfen sanfte Übungen eingebaut werden und es muss nicht bis zum Start des Rückbildungstrainings gewartet werden. Mit entsprechenden Übungen können die natürlichen Rückbildungsprozesse unterstützt werden. Zum Beispiel hilft es, sich mit den tiefen Bauchmuskeln wieder zu verbinden – das ist manchmal (besonders auch nach einem Kaiserschnitt) gar nicht so einfach. Grundsätzlich dürfen und sollen aber alle Bauchmuskeln trainiert werden im Rückbildungstraining (einzelne Bauchmuskeln können nicht einfach ausgeschaltet werden!). Ich erwähne das im Zusammenhang mit der Rektusdiastase, weil sich dieser Mythos leider noch hält. Schliesslich ist ein starker und funktioneller Core wichtig im Alltag mit Kind/ern ;-) und häufig hat Frau dann auch weniger Rückenschmerzen. Und ein Daumen Abstand kann je nach Daumengrösse durchaus normal sein: Es besteht ein natürlicher Abstand zwischen den geraden Bauchmuskeln (die sind nicht aneinandergewachsen).
Guten Tag, ich bin in der 12. Woche schwanger und leide seit Wochen an extremer Müdigkeit, Schlafproblemen und seit ca. 10 Tagen kommen zunehmend negative Gedanken hinzu. Mittlerweile glaube ich, dass es eine Depression ist (ich hatte in den letzten Jahren schon einmal an einer Depression gelitten). Gibt es eine spezielle Anlaufstelle oder einen Verein (wie derjenige für postpartale Depressionen) für Depressionen während der Schwangerschaft oder soll ich mich besser wieder an meine früheren Psychotherapeutin wenden? Wie sieht es aus bezüglich Antidepressiva in der Schwangerschaft?
Gabriella Stocker: Es ist wichtig, dass Sie das ansprechen. Bei der nächsten Schwangerschaftskontrolle sollten Sie die Symptome erwähnen. Der Kontakt zu ihrer früheren Psychotherapeutin macht Sinn. In der Schwangerschaft gibt es günstigere Medikamente und solche die nur bei Therapieversagen der Anderen eingesetzt werden sollten. Idealerweise sprechen sich Ihre Frauenärztin und Ihre Psychotherapeutin ab. Der Einsatz von Medikamenten in der Schwangerschaft und im Wochenbett kann den Verlauf einer Depression und auch der Schwangerschaft selbst günstig beeinflussen, obwohl man dies nicht denken würde.
Claudine Haus: Unsere Organisation ist auch da für werdende Eltern, die eine psychische Erkrankung vermuten. Deshalb treten wir bald neu als «periparto.ch – Psychische Gesundheit rund um die Geburt» auf, also sind wir auch für Schwangere da. Auch der Screening-Selbsttest https://postpartale-depression.ch/de/selbsttest.html kann bereits in der Schwangerschaft angewendet werden.
Werden bei der Postpartalen Depression grundsätzlich die gleichen Antidepressiva verordnet wie bei der normalen Depression?
Claudine Haus: Ja, die Symptome einer Postpartalen Depression sind vergleichbarer mit einer Depression, die zu einem anderen Zeitpunkt im Leben auftritt. Die Behandlung ist immer sehr individuell. Wichtig ist, sich von einer spezialisierten Fachperson beraten zu lassen, damit die passende Behandlung gefunden werden kann. Diese besteht meist aus einer Psychotherapie sowie möglicherweise ergänzend einer medikamentösen Behandlung. Falls Antidepressiva in Erwägung gezogen werden, ist eine Beratung bei einer Psychiaterin/ einem Psychiater notwendig, der Ihnen aufzeigen kann, welche Antidepressiva mit dem allfälligen Stillen vereinbar sind. Zudem darf im Heilungsprozess nicht vergessen werden, wie wichtig es ist, sich mit anderen Betroffenen (Peers oder Patinnen) über die persönlichen Gefühle austauschen zu können. Diese Gespräche können eine fachliche Therapie ideal ergänzen, da jemand, der selbst betroffen war, am besten versteht, wie man sich fühlt und so auch glaubwürdig Mut machen kann.
Ich möchte gerne meine Nachbarin/Freundin im Wochenbett unterstützen, indem ich ihr die Abendmahlzeiten koche. Gibt es Faustregeln oder empfehlenswerte Bücher zum Thema, worauf in dieser Phase beim Essen/Kochen zu achten ist? Herzliche Grüsse
Christina Roth: Guten Abend, ich glaube, dies ist eines der besten Geschenke, dass Sie einer Wöchnerin machen können! Während der Wochenbett- und Stillzeit sind bezüglich Ernährung keine Einschränkungen nötig (abgesehen von Verzicht auf Alkohol). Sie können kochen, was Ihre Freundin mag. In den ersten Tagen nach der Geburt sind leicht bekömmliche Speisen zu bevorzugen. Und falls Sie eine doppelte Portion zubereiten, ist die eingefrorene Mahlzeit auch noch später mal an einem strengen Tag willkommen. Übrigens leisten solche Hilfestellungen einen wichtigen Beitrag zur Wochenbettsdepressionsprävention.
Wir erwarten in 5 Wochen unser erstes Kind. Anfangs begleiteten mich schon diverse Ängste. Mit zunehmender Zeit wurden diese aber besser. Jetzt flammen sie aber wieder auf. Ich habe Angst dass nun im „Endspurt“ der Schwangerschaft doch noch etwas passieren könnte. Sind solche Ängste gegen Ende der Schwangerschaft normal? Was kann man dagegen tun?
Lucien Frisch-Volkert: Guten Abend und vielen Dank für Ihre Frage. Ja, solche Ängste sind «normal» und dürfen auch sein. Es ist auch normal, dass Ängste je nach Phase stärker und schwächer ausgeprägt sind (so, wie auch unabhängig von einer Schwangerschaft/Geburt Ängste mal stärker mal schwächer sind, z.B. auch vor der Menstruation stärker). Ich denke, es ist günstig, wenn Sie die Ihre konkreten Ängste erstmal mit Ihrer Gynäkologin/Ihrem Gynäkologen oder im Rahmen eines Geburtsvorbereitungskurs besprechen. Vielleicht kann das die Ängste auch schon entkräften. Vielleicht kann es Ihnen bereits helfen, wenn Sie sich nochmal vor Augen halten, was Ihnen am Anfang bereits geholfen hat? Auch kann es helfen, die Ängste etwas zu strukturieren, z.B. indem Sie sich Ihre Ängste bzw. Angstgedanken aufschreiben und/oder mit anderen darüber reden. Wenn Sie mit anderen darüber reden, werden Sie vielleicht auch merken, dass Sie nicht damit alleine sind und auch andere diese Probleme hatten. Auf jeden Fall können Sie auch psychotherapeutische Hilfe in Anspruch nehmen. Ihre Hausärztin/Ihr Hausarzt kann eine entsprechende Verordnung ausstellen.
Hallo! Mein Mann ist seit der Geburt unseres Kindes vor 6 Monaten irgendwie verändert, vor allem in den letzten Wochen arbeitet er nur noch oder ist beim Sport, es scheint, als hätte er gar kein Interesse daran, Zeit mit mir und dem Kind zu verbringen. Was soll ich tun?
Claudine Haus: Guten Abend. Auch Männer können von einer postpartalen Depression betroffen sein (ca. 10%), bei Ihnen setzt die Erkrankung oft etwas später ein und es kann auch sein, dass Männer sich vermehrt in die Arbeit stürzen oder exzessiv Sport machen als Flucht. Denn für sie ist es meist noch schwerer über ihre Gefühle zu sprechen, schliesslich haben sie ja kein Kind zur Welt gebracht. Dass aber auch bei den Männern körperlich eine Veränderung stattfindet, wissen viele nicht (z.B. das Testosteron, welches sinkt kann gleichzeitig das Risiko für eine Depression erhöhen). Vielleicht sprechen Sie mal mit ihm und falls er sich nicht öffnen kann, schlagen Sie ihm den Selbsttest (Link Selbbsttest, EPDS: https://postpartale-depression.ch/de/selbsttest.html) vor. Er kann auch von Männern ausgefüllt werden. Möglicherweise würde es ihm helfen, mit einem Vätercoach oder – therapeuten zu sprechen. Gerne vermittelt Ihnen unsere Organisation entsprechende Hilfe.
Lucien Frisch-Volkert: Die von Ihnen beschriebene Situation trifft gemäss dem Motto «Männer haben es schwer und nehmen's leicht» leider auf viele Männer zu. Vielleicht würde es Ihrem Mann einfacher fallen, wenn er die Möglichkeit hat sich mit einer neutralen Fachperson z.B. dem Hausarzt/der Hausärztin auszutauschen. Oft besteht zu den HausärztInnen bereits ein gutes Vertrauensverhältnis und er/sie könnte ihren Mann auch an eine/n Psychotherapeut/in überweisen. Wenn Sie mit ihrem Mann direkt sprechen, würde ich Ihnen empfehlen, die Situation aus Ihrer Sicht zu schildern und, dass Sie sich Sorgen um Ihn machen.
Unser Kind ist 3 Monate alt. Ich stille. Mein Partner und ich haben seit kurzem wieder Geschlechtsverkehr, was leider nur sehr eingeschränkt möglich ist, da es mir Schmerzen bereitet. Es brennt, so als hätte ich ganz dünne Haut im Inneren der Vulva. Ist das normal? Kann man da was dagegen machen?
Gabriella Stocker: Sexualität im Wochenbett ist ein Thema das leider nicht oft angesprochen wird. Viele Faktoren beeinflussen diese. Die hormonellen Voraussetzungen beim Stillen ist sicherlich für Ihre beschriebenen Symptome verantwortlich. Durch das Stillen wird die Schleimhaut dünner und verletzlicher. Sprechen Sie dies bei Ihrer Frauenärztin an: eine Kontrolle (zum Ausschluss von Beschwerden von der Geburtsverletzung) und auch eine lokale Therapie hilft weiter. Gleitmittel und allenfalls eine lokale Östrogentherapie können die Situation schnell verbessern.
Ist es denkbar, dass sich bei männern eine postpartale depression über 2 Jahre ziehen kann?
Lucien Frisch-Volkert: Guten Abend und vielen Dank für Ihre berechtigte Frage. Ja, es ist denkbar, dass sich eine postpartale Depression auch bei Männern über 2 Jahre hinweg ziehen kann. Es ist auch durchaus möglich, dass der Beginn der postnatalen Depression als solcher erstmal gar nicht erkannt wird und sich später herausstellt, dass die Depression nach Geburt eines Kindes begann. Letztlich ist es auch nicht so wichtig, ob es sich um eine postnatale Depression oder «normale» Depression handelt. Wichtig ist, rasch mit einer Fachperson wie einem Psychotherapeuten oder Psychiater Kontakt aufzunehmen: dafür ist die erste Anlaufstelle in der Regel die Hausärztin oder der Hausarzt.
Momentan stillt unser 10 Tage altes Baby nur mit Stillhütchen, die Umstellung auf Stillen ohne Hütchen ist schwierig. Was sind die Nachteile, wenn wir beim Stillhütchen bleiben? Dies scheint eine viel einfachere Lösung zu sein, die für Mutter und Kind momentan besser funktioniert. Stimmt es, dass Stillen ohne Hütchen zu Muttermilch führt die besser auf das Baby angepasst ist (nicht nur mengenmässig, sondern auch inhaltlich). Vielen Dank!
Christina Roth: Herzlichen Glückwunsch zu Ihrem Baby! Es ist gut möglich, dass in der momentanen Situation das Stillhütchen die einfachste Lösung ist. Da Ihrer Frage nicht zu entnehmen ist, warum das Stillhütchen eingesetzt wird, ist es schwierig einzuschätzen, ob es eine bessere Lösung geben würde. Die Qualität der Muttermilch verändert sich bei der Verwendung von Stillhütchen nicht. Es ist jedoch wichtig, dass das Gewicht des Babys überprüft wird, da es sein kann, dass die Milchbildung nicht so gut angeregt wird, und das Kind dann nicht genügend zunimmt. Ein weiterer Nachteil ist, dass das Stillhütchen immer dabei sein muss, falls auswärts gestillt wird. Achten Sie auch gut auf die Hygiene. Wenn es Ihr Ziel ist ohne Hütchen zu stillen, können Sie versuchen, wenn Sie nach einigen Minuten mit Hütchen gestillt haben, dieses wegzunehmen und gleich weiter zu stillen. Vielleicht akzeptiert Ihr Kind dies. Falls Sie Unterstützung möchten, können Sie Ihre Hebamme um Rat fragen oder eine Stillberatung bei einer Stillberaterin in Anspruch nehmen. Die Grundversicherung übernimmt die Kosten von drei Stillberatungen. Ich wünsche Ihnen und Ihrem Baby eine wunderschöne Stillzeit!
+++ Ich habe keine Frage, nur eine Bemerkung. Ich selber hatte gar keine postpartale Depression, obwohl ich nach dem Kaiserschnitt 2 Wochen lang nicht sitzen und schon gar nicht aufstehen konnte (mir wurde ein Nerv beim Nähen angestochen, nach der Fadenentfernung war der unglaubliche Schmerz augenblicklich vorbei). Zudem wollte mein (Asperger) Sohn nicht trInken. Ich musste die Milch abpumpen und ihm jede Stunde 10 ml mit einer Spritze einflössen. Aber nach 11 Wochen hatte er es begriffen und ich durfte 14 Monate lang stillen. Dafür hatte mein Mann sehr starke Depressionen. Diese legten sich aber, nachdem mein Sohn und ich nach Hause konnten. Wenn er uns jeweils im Spital besuchte, konnte er sich gar nicht recht über seinen Sohn freuen. Er sass nur da und schaute den Kleinen traurig an. Leider kann er sich nicht mehr darüber äussern, er ist vor 5 Jahren verstorben. Er hätte diese Depression auch niemals zugegeben. Aber als mein Sohn 2 Jahre alt war, hatte dann ich plötzlich unglaubliche Angst vor ihm. Ich musste mich sehr zusammenreissen, um ihm weiter eine gute Mutter zu sein. Am Schlimmsten war es, wenn er nachts weinte. Ich hätte mich aber damals nicht getraut, dies jemandem mitzuteilen. Nach ungefähr einem Monat war dieser Spuk wieder vorbei und ich konnte wieder eine glückliche Mutter sein. Heute ist er 30 und trotz Asperger Syndrom ein fröhlicher junger Mann, der sich beruflich selbstständig machen konnte. +++
Wieder und wieder höre ich das heraus (auch bei einigen Frauen im Beitrag), was auch ich nach meiner ersten Geburt erlebte: ein (aufgewecktes) Baby das sehr wenig schlief/Schlaf brauchte, jedoch (sehr) viel schrie. Und ich, eine völlig übermüdete Mutter, da ich (in den ersten Monaten) meist nur 3 Std. Schlaf in der Nacht bekam (vor- und nachher Stillen).
Immer wieder wurde ich zu jener Zeit darauf angesprochen, ich hätte doch eine Wochenbett-Depression. Ich verneinte, weil es das wirklich nicht war (ich liebte/liebe mein Kind, wollte es umsorgen, etc.). – Es ist wirklich äusserst schade/tragisch (?), dass unser System einer jungen Mutter/Familie nur dann (institutionelle) Unterstützung zukommen lässt, wenn sie sich als psychisch krank bezeichnet!
Leider haben nicht alle ein unterstützendes Umfeld in der Nähe das helfen kann (und gewillt ist, sich Nächte um die Ohren zu schlagen). Unterstützung sollte daher nicht von einer Diagnose abhängig sein. Und in unserem Kleinfamilien-Umfeld grosszügiger gewährt werden. Oder hat sich da etwas geändert und ist die Unterstützung besser geworden?
Gabriella Stocker: Die vorhandenen Unterstützungen für junge Familien sind oftmals nicht den Bedürfnissen angepasst. Stillen und Babypflege ist ein 24 h Job. Ein Kind, das viel schreit, kann die Eltern erschöpfen. Es gibt spezialisierte Angebote für Schreikinder. Die Entlastung für die Mutter ist nicht einfach zu organisieren. Eine kurze «Auszeit» in einer Institution ist möglich, dort ist eine 24 h Betreuung möglich, ambulant muss auf die Tagesangebote zurückgegriffen werden, damit wenigstens der Schlaf tagsüber nachgeholt werden kann. Die Mütter und Väter Beratung können weiterhelfen oder auch die Kinderärzte in Bezug auf das Kind.
Welchen Tipp haben Sie für das Wochenbett mit dem zweiten Kind? Als Spannungsfeld sehe ich schlaflose Nächte ohne Möglichkeit der Erholung tagsüber, weil ja „Baby Nummer 1“ nicht nur Aufmerksamkeit verdient hat, sondern durch die neue Situation auch eine starke Anpassungsleistung erbringen werden muss… Welche Betrachtungsweise hilft, mit möglichen Abstrichen im Alltag besser umzugehen? (Beispielsweise was Ordnung, oder vielleicht auch Mal das Kochen eines Fertiggerichtes angeht?)
Claudine Haus: Sie beschreiben ganz richtig die möglichen Spannungsfelder, wenn ein zweites Kind zur Welt kommt. Zu diesem Thema gibt es mittlerweile gute Geschwister-Vorbereitungskurse oder Bücher. Nicht, dass nun alles mit einem Kurs absolviert werden muss. Aber die Vorbereitung kann helfen, auf kreative Ideen zu kommen & bereits im Voraus Gewisses einzuplanen (z.B. wann plane ich als Mama mal ungeteilte Aufmerksamkeit/ Zeit ein mit dem älteren Geschwister?). Bestimmt ist es hilfreich, wenn der Erwartungsdruck an andere Alltagsaufgaben (Haushalt, Kochen, Putzen, Einkaufen) etwas nachlässt. Wenn man sich da selbst mit mehr Mitgefühl begegnet, Prioritäten setzt. Wenn einem aber eine gewisse Ordnung in der Wohnung sehr wichtig ist, weil es z.B. beruhigend wirkt, dann kann dies delegiert werden. Fragen Sie doch z.B. den nächsten Besuch einfach, ob sie nicht gemeinsam Wäsche zusammenlegen können, während dem Kaffee trinken. Und neben all dem, was man unter einen Hut bringen möchte, vergessen sie nicht, sich selbst gut zu schauen.