Die Arbeitswelt ist in einem rasanten Wandel – viele Jobs, die es heute gibt, dürften in Zukunft der künstlichen Intelligenzen weichen. Das macht Angst, aber gibt uns auch die Chance, die Rolle der Arbeit neu zu denken. Eine Dokumentation auf Play SRF wirft einen kritischen Blick auf das heutige Konzept der Arbeit.
Reicht Arbeit als Sinn des Lebens?
«In der Generation meines Vaters gibt es nur eine Sache, auf die man stolz ist: Einen Job zu haben und bis spätabends zu arbeiten», sagt Yo Ga-yeon, Lehrerin aus Korea. Sie fängt damit ziemlich gut die Arbeitsmoral der Südkoreanerinnen und -koreaner ein. Diese stehen, was die Arbeitsstunden angeht, weltweit auf dem 3. Platz. Sie arbeiten etwa 14 Stunden am Tag.
Sind Koreanerinnen und Koreaner so erfüllt in ihren Jobs, dass sie kaum davon lassen können? Vermutlich nicht, denn Korea hat die höchste Suizidrate der Welt und viele Menschen leiden unter arbeitsbedingten Krankheiten. Da die Arbeitnehmenden sich nicht trauen, vor ihren Vorgesetzten nach Hause zu gehen, mussten diverse Massnahmen ergriffen werden.
Beispielsweise arbeitet der Staat aktiv mit Kampagnen gegen die Überarbeitung. Auch gibt es das «PC-Aus-Programm». Pünktlich um 18:00 Uhr werden alle Computer ohne Wenn und Aber ausgeschaltet.
Unzufriedenheit in Jobs
Weltweit hat etwa eine Milliarde Menschen einen Job. Doch: Eine Befragung in 150 Staaten hat ergeben, dass 85 Prozent der Arbeitnehmenden entweder unengagiert oder aktiv unbeteiligt sind. Das sind über 850 Millionen Menschen, die jeden Tag zur Arbeit gehen und nicht wissen, was von ihnen erwartet wird, denken, dass sie Ihren Vorgesetzten egal sind oder keinen Sinn in ihrer Arbeit sehen.
Freiwillige Arbeitslosigkeit
Liegt das Glück also in der Arbeitslosigkeit? In Italien gibt es ausserordentlich viele «Neets», also junge Erwachsene, die weder arbeiten noch in Ausbildung sind. Die guten Aussichten auf das Erbe der Eltern hat ein Phänomen kreiert, welches sich die freiwillige Arbeitslosigkeit nennt. In Italien sind es 30 Prozent. Sprich, fast jeder dritte junge Mensch entscheidet sich für das Nichtstun. Funktionieren tut dieses Konzept aber nur, wenn man gut erbt. Und das wiederum kommt von einer Vorgänger-Generation, die gearbeitet hat.
Armando Pizzoni Ardemani ist Erbe einer italienischen Adelsfamilie. Er kümmert sich um den Garten von Valsanzibio, einen der bekanntesten und bedeutendsten Parks Italiens. «Mein Vater wurde immer wütend auf mich, wenn er mich im Garten arbeiten sah», erzählt er. «Er fand, ich solle das jenen überlassen, die etwas davon verstehen.» Das berühmte «dolce far niente» ist für ihn keine Option, auch wenn er es sich problemlos leisten könnte: «Nichtstun … das gibt es nur im Tod.»
Die Lösung dürfe also irgendwo dazwischen liegen. Für Philosophin Elisabeth S. Anderson ist klar, dass wir von einer arbeitsbasierten in eine freizeitsbasierte Gesellschaft wechseln müssen: «Wir sollten uns hinterfragen, wie ein gutes Leben aussehen könnte und wie die Rolle der Arbeit darin aussieht.»