In der Schweiz wird jedes Jahr eine riesige Vermögensmasse vererbt. Laut Ökonomen waren es in den letzten Jahren 90-100 Milliarden Franken. Immer wieder kommen dabei nicht nur Verwandte oder Bekannte, sondern auch gemeinnützige Organisationen wie Hilfswerke, Museen, Tierpärke, usw. zum Zug. Schätzungsweise 300 Millionen Franken wurden 2019 an gemeinnützige Organisationen vererbt.
Was nach viel klingt, ist im Vergleich mit dem Ausland ein eher tiefer Betrag: Von der gesamten Erbschaftsmasse bekommen gemeinnützige Organisationen in der Schweiz – so Schätzungen – «nur» 0,3 Prozent. In Grossbritannien geht man von etwa 6 Prozent aus.
Umfrage zum Erben und Vererben
«Eher wenige Menschen setzen sich hierzulande mit ihrem Nachlass auseinander», erklärt Nicolas Gehrig, Geschäftsführer von deinadieu.ch. Die Online-Plattform bietet Hilfe bei der Testamentserstellung und hat Partnerschaften mit rund 200 gemeinnützigen Organisationen: «75 Prozent der Menschen haben kein Testament. Und ohne Testament stellt sich die Frage überhaupt nicht, ob auch eine Organisation begünstigt wird.»
Gehrigs Plattform hat vor drei Jahren eine breite Umfrage unter gemeinnützigen Organisationen durchgeführt zum Thema. Gezeigt hat sich dabei auch: Viele Hilfswerke oder Naturschutzverbände sind im Bereich Erbschaften und Legate noch wenig aktiv: «Viele gemeinnützige Organisationen halten das Thema zwar für wichtig. Aktive Massnahmen ergreifen sie aber weniger.»
Zoo Zürich: Erbschaften wichtig für Ausbauten
Ein Beispiel ist der Zoo Zürich. Direktor Severin Dressen sagt: «Den laufenden Betrieb finanziert der Zoo aus Eigeneinnahmen und Subventionen, hier spielen Gelder aus Spenden und Erbschaften keine grosse Rolle.» Aber: Innovative Lebensräume zum Erhalt bedrohter Arten, die für einen modern geführten Zoo wichtig sind, wie zum Beispiel in den letzten Jahren die Lewa Savanne, werden fast ausschliesslich über Zuwendungen aus der Bevölkerung finanziert. Hier haben demnach auch Erbschaften eine Bedeutung.
Inserate oder gross angelegte Massnahmen, um aktiv an Erbschaftsgelder zu gelangen, plant der Zoo nicht: «Einerseits ist es ein heikles Thema. Andererseits wird der Zoo Zürich schon heute oft bedacht in Testamenten. Wir möchten die Menschen nicht bedrängen und bauen darauf, dass die Menschen in der Schweiz bereits wissen, dass nur mit ihrer Unterstützung die Weiterentwicklung des Zoos und unser Arten- und Naturschutz möglich ist.» Laut Dressen erbt der Zoo Zürich ab und an auch hohe Summen. Meist stammen diese von Menschen, die dem Zoo schon vor ihrem Tod eng verbunden waren – von Aktionärinnen oder Aktionären beispielsweise.
Caritas Schweiz: Zunehmende Bedeutung in Zukunft
Eine gemeinnützige Organisation, welche das Thema Erbschaften aktiv angeht, ist die Caritas Schweiz. Sie schaltet etwa Inserate oder veranstaltet Informationsanlässe. Reto Urech, Leiter Fundraising und Marketing bei Caritas Schweiz, sagt: «Wir achten stark darauf, dass unsere Werbung respektvoll und nicht aggressiv ist. Daher bekommen wir selten negative Reaktionen auf Inserate, in denen wir das Thema Testament offen ansprechen.»
Urech geht davon aus, dass das Thema in Zukunft noch wichtiger wird: «Setzt sich die bestehende Entwicklung fort, wird die vererbte Vermögensmasse in Zukunft noch stark wachsen. Erbschaften werden so weiter an Bedeutung gewinnen für die Finanzierung.»
«Treffpunkt» zum Tabuthema
Die Sendung «Treffpunkt» beschäftigt sich mit dem oft tabuisierten Thema Erbschaften: Wie weit kann und soll eine Organisation gehen, um an diese Gelder kommen? Welche Rolle spielt das neue Erbrecht?Davon erzählen der Direktor des Zoo Zürich Severin Dressen, Reto Urech von Caritas Schweiz und Nicolas Gehrig von deinadieu.ch.
Gast in der Sendung ist auch Simone Mülchi, Präsidentin des Verbands Bernische Notare. Sie erläutert, wo es rechtlich heikel wird, und wie Erblasserinnen und Erblasser für ein gültiges Testament sorgen.
Das Geschäft mit Erbschaften – was ist noch ok?
Wenn der Zoo plötzlich viel Geld erbt...Viele Hilfswerke oder Naturschutzverbände finanzieren sich auch über Erbschaften. Oft ein Tabuthema, das aber immer wichtiger wird.
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