«Warte nicht auf morgen – kaufe doch jetzt.» Dies sei die Aufforderung vieler Kredit-Banken, sagt Andrea Fuchs von der Schuldenberatung Aargau-Solothurn. Und damit würden diese auf einen Trend reagieren: «Es ist absolut nicht ‚in‘ zu sparen». Nichts desto trotz würden mit Werbebriefen für Konsumkredite Bedürfnisse geweckt, die ohne solcher Schreiben nicht auftauchen würden, zeigt sich die Psychologin überzeugt.
«Espresso»-Hörer Michel Gentile hat den Brief der Cembra Money Bank erhalten. Auch er als Empfänger findet solche Schreiben aufdringlich. Sie würden junge Leute, wie er mit 28 Jahren einer sei, auf Ideen bringen, die gefährlich sind. «Mir wird 48‘500 Franken versprochen. Und zwar schnell und diskret.» Da würden sicherlich viele seiner Altersgenossen, die unter Umständen gerade in finanziellen Engpässen sind, darauf einsteigen, so seine Vermutung.
Der Brief suggeriert zudem, dass es völlig normal sei, einen Kleinkredit aufzunehmen. «Aber es ist doch nicht normal, auf Pump zu leben», ärgert sich Michel Gentile. «Auf solche Angebote fallen sicherlich Menschen herein, die sowieso schon wenig Geld zur Verfügung haben.»
Sich einmal einen Wunsch erfüllen
Die Vermutung Gentiles wird durch Psychologin Andrea Fuchs gestützt. Gerade Personen mit kleinerem Einkommen würden sich durch einen Kleinkredit auch gerne mal einen Herzenswunsch erfüllen wollen. Werde jemand regelmässig durch Werbung und Werbeschreiben auf die Möglichkeit des «Lebens auf Pump» hingewiesen, sei es nicht einfach zu widerstehen: «Es ist wie wenn jemand abnehmen will und immer und immer wieder stellt man ihm ein Tortenstück vor die Nase. Da ist es extrem schwierig, Nein zu sagen.»
Aufgrund dieser Tatsache versuchte SP-Nationalrätin Josiane Aubert Werbung für Kleinkredite zu verbieten. Im parlamentarischen Prozess wurde die Idee aber so verwässert, dass schlussendlich eine Selbstregulierung der Branche zum Tragen kommt. Darin ist unter anderem geregelt, dass Kreditbanken auf «aggressive Werbung» verzichten sollen.
«Das ist enttäuschend»
Mario Roncoroni, Co-Leiter der Schuldenberatung Bern, zeigt sich ob dieser Lösung enttäuscht. «So ein weicher Kodex, in der sich die Branche selber beschränken soll, ist viel zu lasch.» Ein Werbeverbot wäre auch seiner Ansicht nach die einzige vernünftige Lösung. «Ein Kleinkredit ist kein Geschäft wie jedes andere. Banken stiften Menschen damit an, ihre Ausgaben zu erhöhen und Dinge zu kaufen, die sie nicht brauchen.»
Anpassung ist nötig
Der Verband der Kreditbanken VSKF kontert die Argumente der Schuldenberater. Obwohl die Konvention erst in Kraft trete, wenn das Parlament grünes Licht gebe, würde man sich schon heute an die Selbstregulierung halten und es würde auf aggressive Werbung verzichtet.
Der Verband gibt sich dennoch selbstkritisch: «Ausdrücke wie ‚…rapidement…‘ sollten nicht mehr verwendet werden. Wir haben in diesem Sinne mit Cembra Money Bank (vormals GE Money Bank) Kontakt aufgenommen, und wir sind sicher, dass eine der Konvention entsprechende Textanpassung vorgenommen wird.»
Auf Anfrage des Konsumentenmagazins «Espresso» von Radio SRF 1 sagt Cembra-Kommunikationschefin Brigitte Kaps, dass solche Schreiben, wie sie Michel Gentile erhalten hat, «nötige Marketingmassnahmen» seien. Allerdings würde man sich dabei an geltendes Gesetz und darüber hinaus bereits an die mitverfasste Selbstregulierung halten – obwohl diese noch nicht in Kraft sei. «Wir ziehen jedoch in Erwägung das Wording in Bezug auf den Begriff ‚schnell/rapidement‘ zukünftig anzupassen», sagt Kaps.