Vor Einführung der Regel «Service inbegriffen» im Jahre 1974 war die Verunsicherung in der Schweiz noch viel grösser als heute. Sowohl beim Service-Personal als auch bei den Gästen. Ursprünglich gab es gar keine Regel, dann erhielt das Personal einen rechtlichen Anspruch auf zehn Prozent.
Es sei oft entwürdigend gewesen, sagte eine Café-Angestellte damals der Presse, auf das Wohlwollen des Gastes angewiesen zu sein und gewissermassen als Bittsteller am Tisch zu stehen, bis das Trinkgeld ausgerechnet und bezahlt war.
Trinkgeld-Annahme wurde 1974 verboten
In den 70er Jahren gingen immer mehr Schweizer Gasthäuser dazu über, Preise inklusive Service anzugeben. Weil das aber nicht alle taten, war für die Gäste nicht mehr klar, was wo gilt. Preisvergleiche wurden komplizierter.
1973 einigten sich der Wirteverband, der Hotelier-Vererein und die Organisation der alkoholfreien Betriebe mit der Gewerkschaft der Hotel- und Restaurant-Angestellten (Union Helvetia) darauf, «Service inbegriffen» generell einzuführen.
In einem neuen Gesamtarbeitsvertrag hielten sie fest: «Dem Bedienungspersonal ist es untersagt, auf zusätzliche Bediengelder auszugehen.»
Seit 1. Juli 1974 ist «Service inbegriffen»
Auf den 1. Juli 1974 erklärte der Bundesrat den Gesamtarbeitsvertrag und damit auch das System «Service inbegriffen» für das Gastgewerbe als allgemein verbindlich.
Einige Monate später befand die Neue Zürcher Zeitung, die neue Regel funktioniere noch nicht richtig: Man habe ausländische Gäste beobachtet, die dem Personal bis zu 20 Franken Trinkgeld gegeben hätten.
Das Personal habe das Geld eingestrichen - «ohne Wimpernzucken und auch ohne jeden freundlichen Hinweis an den Kunden, der Service sei jetzt auch in der Schweiz im Preis inbegriffen».
Die Direktion, forderte die NZZ im Oktober 1974, müsse das Personal dazu anhalten, Gäste auf die Neuregelung hinzuweisen.
Wie kompliziert die Trinkgeld-Rechnerei und wie unübersichtlich die Situation für den Gast war, das illustriert ein Radio-Sketch von 1971.