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Bühne Auf Augenhöhe: Stefan Kaegi, Träger des Grand Prix Theater 2015

Mit dem schweizerisch-deutschen Kunstkollektiv Rimini Protokoll erfindet Stefan Kaegi seit 15 Jahren immer neue Theaterformen. Nun ist er für diese Arbeit mit dem höchsten Preis im Schweizer Theater ausgezeichnet worden: ein Statement für ein zeitgenössisches, experimentelles Theater.

Rimini Protokoll ist eine der prägendsten Theatergruppen der letzten zehn Jahre. Dabei gestaltet Stefan Kaegi gemeinsam mit den beiden Deutschen Helgard Haug und Daniel Wetzel Bühnenarbeiten, Hörspiele, Stadtrundgänge und Projekte im öffentlichen Raum. Immer wieder erfinden die drei neue Theaterformate, die so verspielt wie zugänglich und so klug wie herausfordernd sind. Mit ihren Projekten strapaziert Rimini Protokoll nicht nur den Theaterbegriff, sondern stellt auch unsere Wahrnehmung auf den Prüfstand.

Persönlich erzählte Wirklichkeit

Mit dem Begriff der «Experten des Alltags» hat das Kollektiv bereits heute Theatergeschichte geschrieben. Nicht ein Stück oder professionelle Schauspieler sind der Ausgangspunkt ihrer Arbeiten, sondern ein Thema. Und je nach Stoff stehen dann bulgarische Lastwagenfahrer, Basler Modelleisenbahnbauer oder indische Call-Center-Angestellte – allesamt Theaterlaien – auf der Bühne und erzählen als Spezialisten ihres Lebens von ihren eigenen Erfahrungen.

Dieser Ansatz hat in den letzten Jahren viele Theatermacher inspiriert und ist nicht unwesentlich für den anhaltenden Trend eines neuen dokumentarischen Theaters verantwortlich. Realität und Fiktion, Bühne und Wirklichkeit geraten bei Rimini Protokoll durcheinander. Das Publikum kann sich dabei nicht in eine passive Zuschauerhaltung zurückziehen, sondern wird zum aktiven Mitspieler.

Ist das noch Theater?

Vor Kurzem in Berlin Neukölln: «Klingeln bei Cremer», heisst es auf dem Theaterticket. Das neuste Projekt von Rimini Protokoll findet in Privatwohnungen statt – jede Vorstellung in einer anderen. Bei «Hausbesuch Europa» gibt es einen Gastgeber, einen Spielleiter und 15 Gäste. Diese sitzen für zwei Stunden an einem grossen Tisch zusammen und spielen nach vorgegebenen Regeln ein Gesellschaftsspiel zum Thema Europa.

Audio
Stefan Kaegis Statement fürs kleinteilige Arbeiten
00:29 min
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Mit diesem Projekt macht Rimini Protokoll das Publikum selbst zu «Experten des Alltags». Das Konzept ist nur noch ein Regelwerk, das einen Ablauf beschreibt. Spielen müssen wir selber.

Wie viele Projekte von Rimini Protokoll wird auch «Hausbesuch Europa» in den nächsten Monaten und Jahren international touren. Auch das ist Teil des Erfolgs, dass Konzepte und Spielregeln einfacher transportierbar sind als aufwändige Bühnenbilder und ein Ensemble aus professionellen Schauspielern.

Eine neue Form von Welttheater

Stefan Kaegi mit gelbem Helm und Videokamera – mit Sicht auf entstehende Gebäude.
Legende: Mit Rimini Protokoll zeigt Stefan Kaegi Projekte an renommierten Theaterhäusern, aber auch auf freiem Feld. Stefan Kaegi

Angefangen hat die Erfolgsgeschichte von Rimini Protokoll in Giessen, am Institut für angewandte Theaterwissenschaften. Dort haben sich Stefan Kaegi, Helgard Haug und Daniel Wetzel vor mehr als 15 Jahren kennengelernt.

Seither arbeiten sie in unterschiedlichen Konstellationen unter dem Label Rimini Protokoll zusammen und sind international zu einem Garant für zeitgenössisches Theater geworden. Mit Projekten, die mit konventionellen Theatervorstellungen kaum noch etwas zu tun haben und sich nicht vor grossen Themen scheuen. Denn so wie sie den Theaterbegriff seit Jahren lustvoll strapazieren, so klug hinterfragen sie mit ihren Projekten unsere Wahrnehmung und die Welt.

Viele Projekte von Rimini Protokoll erlebt man nicht in grossen Theatersälen, sondern in kleinen Publikumsgruppen. Stefan Kaegi sagte bei der Preisverleihung in Winterthur denn auch: Er verstehe diese Auszeichnung mit dem Grand Prix Theater als ein Statement für kleinteilige Arbeiten, die das Publikum auf Augenhöhe ansprechen und miteinbeziehe.

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