An Möglichkeiten für eine Schauspielausbildung mangelt es in der Schweiz nicht. Neben den privaten Schauspielschulen gibt es vier öffentliche Fachhochschulen, die eine Ausbildung anbieten: Die französischsprachige «La Manufacture» in Lausanne, die «Academia Teatro Dimitri» im italienischsprachigen Verscio und die beiden deutschsprachigen Schulen in Bern (HKB) und Zürich (ZHdK). Sie alle haben mit der Bologna-Reform europaweit als erste Schauspielschulen auf das Bachelor-Master-System umgestellt.
Auch ohne Abschluss erfolgreich
Um einen Ausbildungsplatz zu ergattern, gilt es zahlreiche Hürden zu überwinden. Jung muss man sein: Die Altersgrenze für die Aufnahmeprüfung liegt bei den staatlichen Schulen zwischen 25 und 30 Jahren. Dazu müssen Interessierte über «Bühnenausstrahlung, Bühnenpräsenz und ein körperliches, stimmlich-sprachliches und darstellerisches Ausdruckspotenzial» verfügen und psychisch wie physisch belastbar sein – so etwa die Zulassungsbedingungen der HKB.
Die Ausnahme bestätigt die Regel
Der Abschluss einer Schauspielschule stellt den gängigsten Weg zum Erfolg dar. Ohne klassische Ausbildung schaffen es in der Schweiz bloss wenige, im Beruf Fuss zu fassen. Eine Ausnahme ist Andrea Zogg. Im Interview mit dem «Kulturplatz» berichtet er, wie er bei Aufnahmeprüfungen mehrmals abgelehnt und später dennoch erfolgreich wurde.
Nach privatem Schauspielunterricht und Engagements beim Theater wurde er Anfang der 1990er-Jahre als «Tatort»-Kommissar bekannt. 2011 wurde er als bester Darsteller für den Schweizer Filmpreis nominiert.
Coiffeur statt Schauspieler
Schauspielerei ist ein Traum vieler junger Menschen. Doch an den vier staatlichen Hochschulen wird jedes Jahr bloss ein Bruchteil der zahlreichen Interessierten aufgenommen. Was rät man einer 15-Jährigen, die davon träumt, der nächste Star auf der Bühne oder vor der Kamera zu werden?
«Jugendlichen lege ich nahe, erst die Matur zu machen oder eine Lehre mit Fachmatur abzuschliessen», berichtet Eva Holzmann von der Berufsberatung der Stadt Zürich aus ihrem Arbeitsalltag.
Es sei wichtig, einen Plan B zu haben: «Idealerweise erlernt man einen Beruf, in dem man entweder viel mit Text und Sprache zu tun hat oder viel mit Menschen in Kontakt kommt.» Etwa Coiffeur oder Buchhändlerin, Bibliotheksmitarbeiterin oder kaufmännische Mitarbeit im Büro eines Kulturbetriebes: «Die Jugendlichen sollen sich für die drei Lehrjahre etwas suchen, das ihnen Freude macht.»
Schauspiel ist Übungssache
Neben der finanziellen Absicherung sei eine Lehre oder eine Matur zudem eine gute Vorbereitung für die Schauspielerei, meint die Berufsberaterin Eva Holzmann: «Mit einer guten Allgemeinbildung und einer reiferen Persönlichkeit steigen die Chancen, an einer Schauspielschule aufgenommen zu werden.» Für die Aufnahme an eine Fachhochschule wird eine Berufsmaturität oder Maturität meist vorausgesetzt.
Die Berufsberaterin empfiehlt zudem, sich in einem Jugendtheater zu engagieren (siehe Box «Jugendtheater»): «Um Erfahrung zu sammeln, zu üben und zu überprüfen, ob man Talent hat.»
Kein Erfolgsrezept
Doch auch wer die Ausbildung erfolgreich abschliesst, hat es im Berufsleben oft schwer: Die meisten Schweizer Darstellerinnen und Darsteller arbeiten unter prekären Bedingungen. Nach ein paar Jahren sehen sich viele gezwungen, den Beruf zu wechseln oder sich zusätzliche Einnahmequellen zu suchen. Eindrücklich schildern dies Absolventinnen und Absolventen einer Schauspielklasse zehn Jahre nach ihrem Abschluss in der «Woz».
Um in der Schweiz als Schauspielerin Erfolg zu haben, braucht es grosses Durchhaltevermögen – und man muss flexibel sein. «Man muss bereit sein, mehrere Ortswechsel in Kauf zu nehmen», gibt Holzmann zu bedenken. Und: «Am Ende gehört auch eine gute Portion Glück dazu.»