Anne ist glücklich. Die junge Frau hat in Paris einen Verleger getroffen, der Interesse für ihr Tagebuch zeigt. So beginnt das Theaterstück, das schlicht «Anne» heisst. In der Folge erzählt sie dem Verleger aus ihrem Leben, das auf der Bühne in verschiedenen Szenen dargestellt wird.
Die Rahmenerzählung ist die Idee des niederländischen Schreiberehepaars Jessica Durlacher und Leon de Winter. Jessica Durlacher ist überzeugt, dass aus Anne eine Schriftstellerin geworden wäre, wenn sie den Krieg überlebt hätte.
Wie Anne Frank hätte sein können
Anne Frank war ein 13-jähriger, lebenslustiger, rebellischer Teenager, als sie sich vor den Nazis verstecken musste. Die junge niederländische Schauspielerin Rosa da Silva spielt diese Rolle ausgezeichnet. Anne könnte so gewesen sein: vorwitzig, voller Energie. Aber auch auflehnend – gegen die Mutter, gegen die Widrigkeiten des Krieges.
Alles, was sie beschäftigte und sie umtrieb, schrieb Anne in ihr Tagebuch. Kurz vor der Befreiung der Niederlande wurden sie und ihre Familie verraten, verhaftet und auf einen der letzten Deportationszüge geschickt. Anne starb 1945 an den Folgen von Typhus im Konzentrationslager Bergen-Belsen.
Nachbau der «echten Kulissen»
Um die verschiedenen Stationen ihres kurzen Lebens so präzise wie möglich darzustellen, liess der Produzent Robin De Levita nicht nur das Haus auf dem Amsterdamer Meerwedeplein, wo die Familie Frank vor ihrem Untertauchen lebte, sondern auch das Hinter- und das Vorderhaus auf der Prinsengracht in echter Grösse nachbauen. Dadurch bekommt das Publikum einen aussergewöhnlichen Eindruck der damaligen Lebensumstände. Und es wird zum Zaungast in der Wohnung, bevor sich die Familie am 6. Juli 1942 im Hinterhaus verstecken musste.
Damit die 1:1-Kopien der Schauplätze auf der Bühne gebührend zur Geltung kommen, liess De Levita im Amsterdamer Haufen ein neues Theater mit 1100 Plätzen bauen. Dort konnte sich der 55-Jährige, der aus der Musicalwelt kommt, so richtig austoben.
So hat er dafür gesorgt, dass sich das Hinterhaus um die eigene Achse drehen kann, damit auch zu sehen ist, was sich im hinteren Teil abspielt. Zudem hat er rechts und links der Bühne grosse Leinwände angebracht. Auf diesen werden immer wieder Kriegsszenen, aber auch viele Tagebucheinträge von Anne projiziert. Durch diesen Effekt steht den Betrachtenden eine 180-Grad-Bühne zur Verfügung.
Jugendlichen die Geschichte der Juden nahebringen
Der Vater von Anne Frank, der den Holocaust als einziger der Familie überlebte, gab in den 1950er-Jahren seine Zustimmung für ein Theaterstück über das Tagebuch seiner Tochter. Die Uraufführung war 1955.
Nun hat der Anne-Frank-Fonds in Basel, den Otto Frank in seinem Testament als Universalerbe eingesetzt hat, ein neues Schauspiel in Auftrag gegeben. Ziel ist es, Jugendliche mit der Geschichte der Juden im Zweiten Weltkrieg vertraut zu machen. Gut möglich, dass all die Spezialeffekte, die manchmal etwas gar dick aufgetragen werden, bei diesem Zielpublikum gut ankommen werden.