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Eine ältere Frau mit Perlenkette und schwarzem Kleid – halb auf dem Fussboden liegend, halb sich aufrichtend.
Legende: Möchte ihre «kleine Ecke auf der Bühne» noch eine ganze Weile ausfüllen: Nikola Weisse, Schauspielerin. Ayse Yavas

Bühne Nikola Weisse: «Ich kann nicht an mein Alter denken»

Die Schauspielerin Nikola Weisse ist 75 Jahre alt und regelmässig auf der Bühne zu sehen. Mit Regisseur Christoph Marthaler tourt sie durch Europa – derzeit ist sie in «Hexenjagd» am Zürcher Schauspielhaus zu sehen. Doch Frauen ihres Alters sind im Theater die Ausnahme.

Koffer packen, zum Flughafen tragen. Treppe hoch, Treppe runter. Zwei Stunden Flug, Koffer wieder auspacken, Hotelbett testen, Stadtplan studieren. Abends auf die Bühne treten und spielen. «Das Vögelchen, welches man bis dahin sicher durch das Nadelöhr gebracht hat, fliegen lassen», so nennt es Nikola Weisse. Das Spielen ist nicht das anstrengendste, soviel ist schnell klar. Bei unserer Begegnung steht Nikola Weisse kurz vor einem Zahneingriff. Sie zeigt lachend auf ihre Wange und sagt «So viel zum Thema Alter!»

Nikola Weisse

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Die Schauspielerin wurde 1941 in Pommern geboren. Nach ihrer Ausbildung in Bochum war sie an zahlreichen deutschsprachigen Bühnen engagiert – auch am Theater Neumarkt, Theater Basel und am Zürcher Schauspielhaus. Sie ist Mitglied des Ensembles von Christoph Marthaler. 2014 erhielt Weisse den Schweizer Theaterpreis.

Ganz oder gar nicht

Nicht immer ist die Schauspielerin, was die Gesundheit angeht, so gut gelaunt. Letztes Jahr musste sie sich einer Rückenoperation unterziehen und war danach lange angeschlagen. Doch das Theater kennt kein Pardon. «Dann schickt man dich eben mit Antibiotika auf die Bühne», sagt Nikola Weisse lakonisch. Schon von klein auf sei ihr eingeimpft worden, dass man im Theater nicht krank werde. Das gilt auch, wenn man 75 Jahre alt ist. «Du kannst im Theater nicht halb mitmachen. Entweder du bist dabei. Oder du hörst auf».

Als Nikola Weisse ins Metier einstieg, wurde man gemäss Typ in ein bestimmtes Rollenfach eingeteilt. «Die Liebhaberin» musste blond sein, auch wenn Shakespeares Julia eigentlich Italienerin ist. Nikola Weisse war keine Julia-Typ und blond schon gar nicht.

Ein Agent hatte der Debütantin schlechte Chancen prophezeit. Mit «diesem Gesicht» würde vor 40 nichts aus ihr werden, hiess es. Als wäre sie keine Berufsfrau, sondern ein Stück Fleisch. «Da wurde man echt hart geprüft», erzählt Nikola Weisse. Allerdings war die Einteilung in ein Fach auch ein Schutz. «So kam man sich nicht in die Quere.»

Brutaler Konkurrenzkampf

Das sei heute anders, stellt Nikola Weisse mit Blick auf den Schauspielberuf fest. «Heute bist du umgeben von Konkurrenz, da stellt sich schnell das Gefühl der Wertlosigkeit ein.» Junge Schauspieler treten heute bei einem Vorsprechen schnell mal gegen 350 Mitbewerber an. Die Kosten tragen sie selbst. «Das ist fürchterlich demütigend», meint Nikola Weisse. Ohne eine gute Portion Selbstbewusstsein und Selbstbehauptung sei der Beruf richtig schwierig.

Dass sie selbst heute oft die Älteste auf der Bühne ist, nimmt Nikola Weisse zur Kenntnis. Ihre Gelassenheit – nicht nur dem Alter gegenüber – fusst auf 50-jähriger Berufserfahrung und der Tatsache, dass ihr nie der grosse Erfolg prophezeit worden war.

«Ich war auch widerborstig», sagt Nikola Weisse, deren Karriere dann doch glanzvoll verlief und die ihre «kleine Ecke auf der Bühne» gerne noch ausfüllen will, so lange es geht. «Ich kann nicht an mein eigenes Alter denken, das ist Quatsch», sagt Nikola Weisse und lacht ihr unvergleichliches Lachen, das so gar kein Verfallsdatum kennt.

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