Die sieben Jurorinnen und Juroren des renommierten Berliner Theatertreffens haben ihre Auswahl getroffen: Zu den zehn bemerkenswerten Inszenierungen der letzten Saison gehören auch zwei Schweizer Produktionen. Theater Hora ist mit «Disabled Theater» und das Schauspielhaus Zürich mit «Die heilige Johanna der Schlachthöfe» nach Berlin geladen worden. Sie wurden zusammen mit acht deutschen Produktionen aus 420 Inszenierungen ausgewählt.
Je zweimal haben es die Münchner Kammerspiele und das Schauspiel Köln unter die Top Ten geschafft, die vom 3. bis 19. Mai 2013 bei der 50. Ausgabe des Festivals gezeigt werden. Österreich darf dieses Jahr keine Teilnehmer entsenden.
Disabled Theater
Seit bald zwanzig Jahren arbeitet das Zürcher Theater Hora mit Behinderten. «Disabled Theater» entstand in Zusammenarbeit mit dem französischen Choreographen Jérôme Bel und begeisterte an den grossen internationalen Tanz- und Theater-Festivals.
Die Theaterarbeit mit den Behinderten hat mit «Disabled Theater» eine neue Dimension bekommen. Es gibt keine Rollen, die Behinderten stehen selber im Zentrum. Es gibt kein «so tun als ob», die Behinderten sind sich selber.
Das Schauspiel wirft viele Fragen auf. Wer ist hier behindert? Die Schauspieler, weil sie das Down-Syndrom haben oder langsamer lernen als der Durchschnitt? Die Zuschauer, weil sie nicht wissen, wie man auf behinderte Schauspieler «normal» reagiert? Die Kritiker, weil ihre Kategorien, erprobt am herkömmlichen Repräsentationstheater, hier nicht greifen?
Die heilige Johanna der Schlachthöfe
Bertold Brecht schrieb das Stück «Die heilige Johanna der Schlachthöfe» Ende der 1920er Jahre. Draussen tobte die Weltwirtschaftskrise, im Stück werden ihre Ursachen verhandelt. Was kann uns dieser historische Klassenkampf heute noch sagen?
Viel, wie die Inszenierung von Sebastain Baumgarten zeigt. Der deutsche Regisseur hat das Stück am Schauspielhaus Zürich knallig und bunt inszeniert. Purste Unterhaltung - mit klarer Setzung: Baumgarten sitzt auf Brecht drauf – er nutzt die Brechtsche Verfremdung. Nach einer Vielzahl Filmzitate tanzen die Figuren schlussendlich als Spidermann verkleidet und völlig einig untereinander um die amerikanische Flagge und feiern.
Für Theaterkritikerin Ellinor Landmann ist klar: Diese Inszenierung von «Die heilige Johanna der Schlachthöfe» ist ein Stück voller Verweise, inszeniert als Popkultur. «Und Popkultur ist eine kapitalistische Systemstütze, die von den wirklich relevanten Fragen ablenkt. Kultur ist Scheuklappe – ein ziemlich kritischer Schluss für ein Theaterstück», so Landmann.