Sie war Innenarchitektin, Künstlerin, Autorin, Spoken-Word-Performern: Laurence Boissier. Nun ist die Genferin letzten Freitag nach kurzer Krankheit mit 56 Jahren verstorben.
Laurence Boissier, die vor wenigen Jahren den Schweizer Literaturpreis erhalten hat, war mit der Deutschschweizer Spoken-Word-Szene eng verbunden. So ist sie wiederholt gemeinsam mit dem Berner Schriftsteller Gerhard Meister aufgetreten. Er hofft, dass ihre Kunst noch vermehrt den Sprung über den Röstigraben schafft – auch nach ihrem Tod.
SRF: Nur gerade ein Buch von Laurence Boissier ist auf Berndeutsch übersetzt worden – «Safari». Was hat sie als Sprachkünstlerin ausgemacht?
Gerhard Meister: Ihre Sprache war ihre Kunst, die sie sehr schön beherrscht hat. Es ist eine Freude, ihr zuzuhören und ihre Worte zu lesen – was sie geleistet hat, ist grosse Klasse.
Boissier war ab 2011 Mitglied der Spoken-Word-Formation «Bern ist überall», in der Sie beide zusammen aufgetreten sind. Wie muss man sich eine zweisprachige Spoken-Word-Performance vorstellen?
Bei «Bern ist überall» gehört es seit dieser Zeit dazu, dass wir mit Kolleginnen aus der welschen Schweiz in Französisch, Deutsch, Schweizerdeutsch – Laurence zum Teil auch auf Englisch – auftreten.
Mit ihr aufzutreten, war sehr schön. Sie hatte auf jeden Fall Bühnenpräsenz und Charisma.
Als Künstlerin nahm man Boissier als sehr sensibel wahr. Sie war aber auch Delegierte beim IKRK – ein Knochenjob. War sie also zart und zäh zugleich?
Ja, vielleicht. Wenn man sie sah – hochgewachsen und schlank – dachte man, sie sei zart oder sensibel. Aber sie hatte noch andere Seiten: Ihr Humor war zum Teil ziemlich böse, aber auch raffiniert.
Laurence Boissier hatte auf jeden Fall Bühnenpräsenz und Charisma.
Ihre Mutter war aus Wales. Da schwang der Humor und das britische Understatement mit. Sie beherrschte es, sich distanziert zu zeigen – und dann doch Pfeile zu schiessen.
Wie unterscheidet sich ihre Prosa von ihren Spoken-Word-Performances?
Ihre Prosa ist eher ernsthafter, obwohl auch Humor drin ist. Sie hatte eine wahnsinnig gute Beobachtungsgabe. Neben ihren Romanen hat sie etwa ein Inventar von Orten publiziert, wo sie verschiedene Orte sehr genau beschreibt – manchmal mit überraschenden oder auch unheimlichen Wendungen.
Welche Lücke hinterlässt sie?
Es gibt wenige Leute, die beides können: Spoken-Word-Künstlerin und Autorin sein. Ich hoffe, dass ihre Bücher ins Deutsche übersetzt werden und es über den Röstigraben schaffen.
Das Gespräch führte Annelis Berger.