Das Berner Theaterfestival «auawirleben» hat vor einem Jahr schnell reagiert: Statt der geplanten, wegen Corona verunmöglichten Festivalausgabe, stampfte es ein pandemiesicheres Format aus dem Boden.
Das Publikum konnte ein Briefabo buchen und bekam während der Dauer des Festivals jeden Tag Post mit einer Überraschung eines Künstlers oder einer Künstlerin, die eigentlich in Bern hätten auftreten sollen. Abends trafen sich die Zuschauerinnen und die Künstler dann im Zoom-Raum, dem digitalen Festivalzentrum.
Die Situation in diesem Jahr sei schwieriger, sagt die künstlerische Leiterin Nicolette Kretz. «Letztes Jahr hatten wir eine kreative Narrenfreiheit, das Publikum wie die Künstler waren einfach froh, dass wir überhaupt etwas anboten. Dieses Jahr sind die Erwartungen höher.»
Absagen ist keine Option
Dabei sind im Moment die Bedingungen, untern denen ein Festival stattfinden kann, weiterhin unklar. Werden die Theater Anfang Mai wieder offen sein? Werden die Künstlerinnen aus dem Ausland reisen können? Werden Schnelltests es dem Publikum erlauben, die Vorstellungen zu besuchen?
Klar sei nur: Absagen ist auch dieses Jahr keine Option. Nicolette Kretz spricht von unterschiedlichen «Bausteinen» des Programms. Das digitale Live-Theater-Game von der Gruppe «machina eX» werde auf jeden Fall stattfinden. Die Projekte im öffentlichen Raum hoffentlich auch. Die Openair-Festivalbeiz zumindest dann, wenn auch die Terrassen wieder offen sind. Und die Festivalausstellung, wenn die Museen auch im Mai geöffnet bleiben.
Kleine Festivals reagieren flexibler
Das grösste Fragezeichen steht derzeit hinter den «normalen» Vorstellungen. «Wir sind mit den Künstlerinnen im Gespräch, in welcher Form diese stattfinden können, falls es nicht möglich ist, sie in Bern zu zeigen», sagt die Festivalmacherin.
Es ist kein Zufall, dass gerade ein kleines Festival wie das «auawirleben» sich in der Krise wendig und kreativ zeigt. Die Freie Szene hat im letzten Jahr viele Erfahrungen mit alternativen Formen gemacht und das «auawirleben» hat schon immer mit Gruppen zusammen gearbeitet, die für ihre Performances nicht notwendigerweise eine Theaterbühne brauchen.
Auch das Schweizer Theatertreffen hat diesen Mittwoch sein diesjähriges Programm vorgestellt und die neun eingeladenen Inszenierungen bekanntgegeben. Anfang Mai sollen sie im Kanton Freiburg gezeigt werden. Letztes Jahr musste die Werkschau des Schweizer Theaterschaffens kurzfristig ganz abgesagt werden, dieses Jahr werde sie in der einen oder anderen Form stattfinden. Die Dramaturgin und künstlerische Co-Leiterin des Schweizer Theatertreffens, Julie Paucker, ist davon überzeugt: «Das Theater wird seinen Weg zum Publikum finden. Auch in der Krise.»
Kompakt, künstlerisch vielversprechend
Dass die Auswahl zum ersten Mal nicht durch ein mehrköpfiges Kuratorium sondern nur von zwei Personen getroffen wurde, sieht man dem Programm an: Es ist kompakter, künstlerisch vielversprechend – obwohl es weniger Theatervorstellungen im letzten Jahr gab.
Selbst wenn es nicht möglich sein wird, alle Inszenierungen wie geplant vor Ort zu zeigen, werde man gute Formen der Präsentation finden, verspricht Julie Paucker. Es werde ein aktuelles Rahmenprogramm mit Workshops und Diskussionen geben. Denn gerade in Zeiten wie diesen, sei es wichtig, miteinander in Kontakt zu bleiben. So, wie es das Schweizer Theatertreffen auszeichnet: über die Sprachgrenzen hinweg.