Das Zürcher Publikum liess sich sofort infizieren, als 1980 das erste Theater Spektakel stattfand. In acht Festivaltagen wurden 12’500 Eintrittskarten verkauft.
«Die Zürcher waren angefressen, und für mich als Fotografen war es wie auf Safari», sagt Christian Altorfer. Der Fotograf ist seither jedes Jahr dabei. Was mit drei Zirkuszelten begann, entwickelte sich in den ersten Jahren rasend schnell.
Das Wetter: ein gewichtiger Mitspieler
Die ersten Ausgaben des Zürcher Theater Spektakels fanden im Juni statt. Es regnete oft und dies in einer Zeit, als Freizeit Outdoor und Gore-Tex noch nicht existierten.
«Es dauerte Jahre, bis man das Gelände mit Brettern auslegte», sagt Altorfer. Von Beginn an war das Wetter ein wichtiger Player des Theater Spektakels. Das Publikum liess sich davon kaum einschüchtern.
Werbung in der Innenstadt
In den frühen 80er-Jahren bewarb sich das Theaterspektakel mit Strassenaktionen ausserhalb der Landiwiese. «Theater über Mittag» nannten sich diese ausgefallenen Auftritte in der Zürcher Innenstadt.
Es gab exklusive Stadtführungen für einen Zuschauer, Vorstellungen für zwei Personen auf dem Rücksitz eines Deux-Cheveaux und überraschende Interventionen mitten auf der Strasse. Etwa die Gruppe «Epigonentheater» aus Belgien mit dem Stück «de Struiskogel».
Kultur und Kulinarik
Am ersten Theaterspektakel verköstigte man sich in zwei Küchen. Die eine war ein Karussellzelt mit runder Bartheke (dort gab es griechischen Salat), nebenan waren in einem Zelt drei Fritteusen aufgestellt.
«In dichtem Öldampf wurden Fischstäbli ausgebacken», sagt Altorfer. «Da prallten Welten aufeinander.» 1987 waren es bereits fünf Gastrobetriebe, darunter das asiatische Restaurant Tao Yuan, das bis heute zur kulinarischen Infrastruktur auf der Landiwiese gehört.
Zwischen Spektakel und Lebensgefahr
Mit der Werfthalle der Zürcher Schifffahrgesellschaft wurde 1985 erstmals eine ultimative Spielstätte in Betrieb genommen. Gruppen wie «La Fura dels Baus» nutzen die riesige Bühne für spektakuläre Auftritte.
«Das hatte was von Kriegsfotografie», sagt Altorfer. Die katalanische Kamikazetruppe wütete 1991 in «Noun» mit Motorsägen und Einkaufswagen durch die Werfthalle. Sie lehrte so manche Zuschauerin das Fürchten.
Einblick in fremde Theaterwelten
Produktionen mit einem politischen, sozialkritischen Hintergrund hat sich das Theater Spektakel von Anfang an gross auf die Fahne geschrieben.
William Kentridge und das Handspring Puppet Theatre aus Südafrika gastierten mehrmals auf der Landiwiese und brachten dem lokalen Publikum eindrücklich und erschütternd die Lebensrealitäten im Apartheid-Regime näher. Zum diesjährigen Jubiläum ist William Kentridge mit zwei Solo-Stücken zu Gast.
Abschied von den Zelten
Ab den 90er-Jahren ist das Theater Spektakel eine feste Grösse im Zürcher Kulturleben. Das Festival am linken Ufer des Zürichsees wird offiziell als «Zürichs 5. Jahreszeit» betitelt. Auch der äussere Look des Theaterspektakels verändert sich.
Die Zelte verschwinden und machen mobilen Holzbauten für die Vorstellungen und die Caterings Platz. 1994 wird zum ersten Mal die Saffa-Insel als Auftrittsort benutzt. Drei Jahre später legt am Bürkliplatz erstmals das Theater-Spektakel-Schiff ab.