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60. Solothurner Filmtage «Bagger Drama»: Ein Bagger sagt mehr als tausend Worte

Es ist die bisher persönlichste Arbeit des Schweizer Filmregisseurs, Theatermachers und audiovisuellen Künstlers Piet Baumgartner. Zur Solothurner Premiere liess er die Bagger auffahren – zum Tanz.

Da standen sie, wie zwei Urtiere aus Metall und begrüssten das Solothurner Premierenpublikum, die beiden Schaufeln einander zugeneigt: Riesige Bagger waren zur Schweizer Premiere des Spielfilms «Bagger Drama» aufgefahren worden.

Zwei Bagger bei Nacht am Flussufer.
Legende: Bedrohlich oder gar menschlich? Regisseur Piet Baumgartner bittet in «Bagger Drama» zum Tanz der majestätischen Baumaschinen. Filmcoopi

«Nur» die Schweizer Premiere war es, denn die Weltpremiere war schon letzten Herbst am Filmfestival von San Sebastián im spanischen Baskenland. Eigentlich – so erzählt Piet Baumgartner am Tag nach der Premiere im Gespräch – hatte er damit gerechnet, den Film in Solothurn uraufzuführen.

Und er hätte sich auch darüber mächtig gefreut. Denn er hatte angenommen, dass diese «typisch schweizerische Familiengeschichte» niemanden ausserhalb der Schweiz interessieren würde.

Preisregen vor der Schweizer Premiere

Falsch gedacht: Der Film wurde nicht nur nach San Sebastián eingeladen, sondern wurde dort auch ausgezeichnet mit dem «New Directors Award». Es folgte die Einladung ans Filmfestival Efebo d'Oro in Palermo – und eine lobende Erwähnung. Zeitgleich zur Solothurner Premiere erhielt er Film am wichtigen Nachwuchsfestival Max Ophüls in Saarbrücken gleich zwei der grossen Auszeichnungen.

«Ich habe das alles noch gar nicht richtig verarbeitet», sagte Baumgartner. Aber die Schweizer Premiere sei für ihn die wichtigste Vorstellung. Weil hier seine Freunde, Bekannte und vor allem die Familie den Film sahen. Und vor deren Reaktion auf den Film habe er doch etwas Angst gehabt: Denn obwohl fiktionalisiert, hat Baumann im «Bagger Drama» viel von seiner eigenen Lebensgeschichte in den Film gepackt. Es sei seine persönlichste Arbeit bisher, sagt der Filmemacher dazu. 

Von der Unfähigkeit, Gefühle auszusprechen

Piet Baumgartners Film ist eine sehr feine und leise Familiengeschichte. Ein tolles Ensemble verkörpert die Familie, die soeben eine Tochter beziehungsweise Schwester wegen eines Kanu-Unfalls verloren hat: Bettina Stucky spielt Mutter Conny, Phil Hayes den Vater Paul und Vincent Furrer Sohn Daniel.

Da, wo ich herkomme, ist der Glaube an die Technik gross.
Autor: Piet Baumgartner Regisseur

Alle drei trauern, aber alle auf andere Art. Darüber zu sprechen, fällt ihnen schwer. Überhaupt wird nicht viel ausgesprochen in dieser Familie. Jeder macht die Trauer mit sich allein aus, Vater und Sohn schaffen es nicht, ein Gespräch über die mögliche Übergabe der Bagger-Firma zu führen und dass Daniel schwul ist, wird sowieso nicht ausgesprochen.

Choreografie der Maschinen

Statt miteinander zu sprechen, lassen die drei lieber die Bagger tanzen. Die Maschinen sind im Film ein wichtiges visuelles Element. «Da, wo ich herkomme», sagt Baumgartner, «ist der Glaube an die Technik gross. Technik heisst Fortschritt und Technik kann alles lösen». Auch Familienprobleme.

Das Baggerballett fährt auf, Kieslastwagen fahren Ringelreihen, der Gabelstapler surrt durchs Bild. Und tatsächlich vermitteln sie etwas Tröstliches, etwas Schönes und Gutes im Film, diese Maschinen, die wir sonst eher als störende, laute Ungetüme wahrnehmen.

Drei Personen stehen im Profil im Freien.
Legende: Lassen die Bagger sprechen: Vincent Furrer, Bettina Stucky und Phil Hayes überlassen in «Bagger Drama» den Baumaschinen die Kommunikation. Filmcoopi

Piet Baumgartner ist es gelungen, eine feine Familiengeschichte zu erzählen, die einerseits in ihrer Anlage – Familienmitglieder haben Mühe, sich einander zu öffnen – universell ist. Andererseits aber hat der Film mit seinen visuellen Einfällen eine ganz eigenständige Handschrift, die überrascht und überzeugt.

Wenig verwunderlich und verdient ist es da, dass der Film – obwohl doch so schweizerisch in der Anlage, wie Baumgartner betont – international wahrgenommen und ausgezeichnet wird.

60. Solothurner Filmtage

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  • Aktuell laufen die 60. Solothurner Filmtage. Sie dauern vom 22. bis am 29. Januar 2025.
  • Die Filmtage in Solothurn sind das zweitälteste Filmfestival der Schweiz.
  • Die Werkschau des Schweizer Films wurde 1966 gegründet und zählt jährlich um die 65’000 Eintritte.
  • An den Filmtagen werden jährlich Preise verliehen. Das Publikum wählt aus den nominierten Filmen die Preisträgerin oder den Preisträger des «Prix du public». Eine Jury vergibt den «Prix de Soleure» für einen herausragenden, gesellschaftsrelevanten Film sowie den Preis «Visioni», der erste und zweite Werke auszeichnet.

Koproduktion

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«Bagger Drama» ist in Koproduktion mit dem SRF entstanden. 

Radio SRF 2 Kultur, Kultur-Aktualität, 27.01.2025, 7:06 Uhr.

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