Für viele ist es ein grosses Rätsel: Wie konnte der Bodybuilder Arnold Schwarzenegger in den 1980er-Jahren ein Superstar in Hollywood werden?
Mit seinem Namen, der für Amerikaner unaussprechlich ist. Mit seinem Englisch, das bis heute von einem starken österreichischen Akzent geprägt ist. Mit einem supermuskulösen Körper, der ihn von Normalo-Rollen als Briefträger oder Fleischfachverkäufer einfach ausschloss.
Die Antwort auf das Rätsel liegt in der Filmgeschichte.
Die Antihelden
Das US-Kino der 1970er-Jahre waren geprägt von Antihelden, von durchschnittlichen Männern und Frauen, die mehr persönliche Probleme hatten, als sie ertragen konnten und oft am Ende nicht siegreich in den Sonnenuntergang ritten. Die Filme zeigten eine heruntergekommene USA: Sex, Drugs, Crime und Arbeitslosigkeit.
Dieses düstere Kino gab es nicht ohne Grund. Durch das Debakel des Vietnamkrieges, die Watergate-Affäre, dem damit verbundenen Rücktritt von US-Präsident Richard Nixon, einer wirtschaftlichen Rezession, einer steigenden Verbrechensrate, der Geiselnahme des US-Botschaftspersonals in Teheran und der misslungenen Befreiungsaktion war das Land in einem Tief: moralisch, patriotisch, wertetechnisch.
«Let's make America great again»
Dann kam das Jahr 1980. Und mit ihm Ronald Reagan, ein konservativer Charmeur, der mit dem heute durch Donald Trump wieder bekannten Slogan «Let's make America great again» um die Präsidentschaft kämpfte und gewann.
Der ehemalige Hollywood-Schauspieler Ronald Reagan war einer, der an die USA, an die Stärke und Werte seines Landes glaubte, ein Superpatriot, der Optimismus verbreitete.
Ein Optimismus, der die deprimierten Amerikaner erfasste. Eine Welle der Euphorie schwappte übers Land. Und die veränderte auch das Kino.
Die Stunde der harten Kerle
Nicht länger trugen schmalbrüstige Typen ihre inneren Konflikte auf der Leinwand aus. Die wollte keiner mehr sehen. Neue Helden eroberten faust- und faustwaffenschwingend die Gunst der Zuschauer.
Es war die grosse Stunde von harten Kerlen wie Rocky, Rambo, Indiana Jones und John McClane. Siegertypen, die alles riskierten und trotz widrigster Umstände den Sieg davontrugen. Kernige, individualistische Amerikaner, wie Ronald Reagan sie sich wünschte.
Es war die grosse Stunde von Arnold Schwarzenegger. Diesem muskelbepackten Wonnepropen, der den amerikanischen Traum personifizierte, wie kaum ein anderer.
Schon vor Hollywood Millionär
Weil sich er vom armen Burschen aus der kleinen Gemeinde Thal bei Graz hochgearbeitet hatte. Als Bodybuilder gewann er sieben Mr. Olympia- und fünf Mr. Universum-Titel.
Vor seiner Schauspielkarriere hatte er mit Nahrungsergänzungsmitteln und Immobilien bereits seine erste Million verdient. Der Einwanderer Arnold Schwarzenegger stand für das, was Ronald Reagan seinen Landsleuten einbläute: Jeder kann es schaffen.
Box Office-Erfolg mit Bizeps
Der Erfolg lag nicht nur in der Zielstrebigkeit und Geschäftstüchtigkeit des Österreichers.
Auch sein Körper machte ihm zum perfekten Actionhelden der 1980er-Jahre. Mit seiner Muskelmasse füllte er Rollen aus, die kein anderer ausfüllen konnte. Rollen, die es auf einmal in den Action- und Science-Fiction-Filmen, die boomten, in jeder Menge gab.
Der spärlich bekleidete Barbar Conan. Der superstarke und nahezu unzerstörbare Killerroboter in «The Terminator». Der Alienjäger in «Predator». Arnold Schwarzeneggers Figuren: Larger-than-Life, grösser als das Leben, nie zweifelnd, nie zögernd.
Er war das absolute Gegenteil der abgeschlafften, rauchenden, kiffenden, unzufriedenen Helden des vorangegangenen Jahrzehnts: Eine Supermacht auf zwei Beinen.
Er stand für das wiedererstarkte Selbstbewusstsein der USA unter Ronald Reagan. Deshalb wurde er ein ganz Grosser des amerikanischen Kinos.