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Proteste gegen Polanski-Film: zu Recht?
Aus Kultur-Aktualität vom 13.02.2020. Bild: Getty Images / Andreas Rentz
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Debatte zum Film Wie viel Polanski steckt in «J'accuse»?

Ein angeklagter Regisseur verfilmt einen Justiz-Skandal: Kann man Polanski und seinen neuen Film trennen – und soll man?

Im Vorfeld der Uraufführung von Roman Polanskis Film «J'accuse» am Filmfestival Venedig gab es lautstarke Proteste. Ein Regisseur, der sich an einer Minderjährigen vergangen habe, dürfe keinen Film drehen über einen der grössten europäischen Justizskandale des 19. Jahrhunderts.

Man müsse trennen zwischen Werk und Künstler, argumentierten dagegen jene, die «J'accuse» trotzdem für sehenswert halten. Aber kann man das überhaupt?

Ein millionenschweres Monument

Objektiv betrachtet ist «J’accuse» ein starker, stellenweise brillanter Film. Es ist eine minutiöse Rekonstruktion der Dreyfus-Affäre, in der 1895 in Frankreich der jüdische Offizier Alfred Dreyfus zu Unrecht für den Verrat militärischer Geheimnisse degradiert und deportiert worden war.

Mit einem Millionenbudget hat Roman Polanski ein Monument errichtet für das Gerechtigkeitsempfinden eines aufrechten Mannes, der sich gegen die öffentliche Meinung stellt.

Als Polanski sich vor der Weltpremiere in einem Interview indirekt mit dem unschuldig verurteilten Dreyfus verglich, bezog er sich jedoch nicht auf den Missbrauchsfall, in dem er sich schuldig bekannt hatte.

Er bezog sich auf den Mord an seiner Ehefrau Sharon Tate durch die Manson-Family im August 1969 – und darauf, damals zeitweilig selber als Mörder seiner Frau verdächtigt worden zu sein.

Untrennbar oder losgelöst?

Wer um Polanskis persönliche Geschichte weiss und auch die jüngeren Vorwürfe mitbekommen hat, wird also kaum darum herumkommen, im Kino hin und wieder an den Regisseur zu denken.

Spätestens dann, wenn sich Polanski in seinem eigenen Film einen winzigen Auftritt als Konzertbesucher gönnt, ist es nicht mehr möglich, Werk und Künstler voneinander zu trennen.

Dass es allerdings sehr wohl möglich ist, einen Film völlig losgelöst von den Intentionen und der Biografie des Regisseurs zu erleben, beweisen Millionen von Zuschauerinnen und Zuschauern seit Jahrzehnten. «Gone with the Wind» etwa gehört zu den bekanntesten Werken des klassischen Hollywood – aber wer kann schon spontan den Regisseur des Films nennen? (Fun Fact: Es waren sogar drei, aber Mastermind hinter dem Film war ohnehin Produzent David O. Selznick.)

Roman Polanskis «J'accuse» ist – für sich genommen – ein starker Film und eine eindrückliche Geschichtslektion, mit einem klaren moralischen Standpunkt.

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Kinostart dieser Woche: «J'accuse»
Aus Keine 3 Minuten – Die Filmkritik für Eilige vom 14.02.2020.
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Sendung: Radio SRF 2 Kultur, Kultur aktuell, 13.02.2020, 7:20 Uhr

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