«Zero Dark Thirty» beginnt denkbar unfilmisch: Vor schwarzer Leinwand hören wir Tonaufnahmen aus dem Innern des World Trade Centers kurz nach dem Einschlag des ersten Flugzeugs. Die verzweifelten Hilferufe dringen tief ein, erschüttern Mark und Bein. Mit diesem Start gibt Kathryn Bigelow gleich zu Beginn den Tarif bekannt: Sie signalisiert damit den fast schon dokumentarischen Charakter ihres Spielfilms.
Die hässliche Fratze der Folter
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In der Folge blicken wir zweieinhalb Stunden lang in eine hässliche Fratze. Allerdings nicht in die des Terrors, sondern diejenige der Terrorbekämpfung. Wir sehen, wie Amerikaner Araber foltern, um den Staatsfeind Osama Bin Laden zu finden. Noch nie wurden die «erweiterten Verhörmethoden» der CIA so schonungslos zur Schau gestellt.
Dass die Regisseurin eine Folter-Gegnerin ist, bringt sie allerdings nur sehr subtil zum Ausdruck. Zum Beispiel in den entsetzten Augen ihrer zwiespältigen Heldin, die für Bin Ladens Leiche eigentlich über Leichen gehen würde. Dennoch machen sie die brutalen Verhörmethoden ihres Kollegen stutzig, lassen ein moralisches Dilemma erahnen. Kathryn Bigelow vorzuwerfen, ihr Film verbreite die Botschaft, dass Folter funktioniere, greift daher zu kurz. Das vielschichtige Drama leuchtet vielmehr die ethischen Grauzonen aus, in welche sich die USA mit ihrem resoluten Kampf gegen den Terror manövriert haben.
Spektakulär unspektakulär
«Zero Dark Thirty» ist ein Film, der schmerzt. Bewundernswert kühn zeigt die Regisseurin den Bedürfnissen nach Unterhaltung des amerikanischen Mainstream-Publikums die kalte Schulter. Ihre Jagd auf Osama Bin Laden ist weder pathetisch noch patriotisch, sondern bemerkenswert nüchtern inszeniert. Ein Film mit Schockmomenten, aber ohne echten Spannungshöhepunkt. Das widerspricht allen Regeln der klassischen Hollywood-Dramaturgie. Die Erschiessung von Osama Bin Laden so unspektakulär zu schildern, wie sie wohl war, verdient Respekt.