Katharina Walser entspricht nicht den Vorstellungen von Anstand und Sitte, denen man in den 1930er Jahren in der Ostschweiz huldigt. Ausserdem ist die kecke Kellnerin eine Ausländerin: Sie kommt aus Österreich.
Dorthin wünschen sich die konservativen Dorfbewohner die «Hexe, die den Männern den Kopf verdreht», zurück. Weil sie nicht geht, steckt man sie ins Irrenhaus, wo sie mit Elektroschocks und Deckelbädern zur Räson gebracht werden soll.
Unter einem Deckelbad muss man sich eine Wanne vorstellen, in welche Patienten stundenlang einsperrt wurden. Nur der Kopf blieb über Wasser, vom restlichen Körper mit einer Holzplatte abgeschirmt.
Ein dunkles Kapitel Schweizer Geschichte
Katharina Walsers Schicksal ist fast zu tragisch, um wahr zu sein. Und doch basiert «Das Deckelbad» auf harten Fakten. Nach jahrelanger Recherche schuf Kuno Bont mit der Hilfe von Zeitzeugen und Direktbetroffenen zuerst ein Theaterstück und nun einen Kinofilm. Damit bricht der Rheintaler Regisseur eine Lanze für all die Menschen, die im 20. Jahrhundert Opfer behördlicher Zwangsmassnahmen wurden. Von den damals «administrativ Versorgten» leben zwischen 15 und 20 Tausend noch heute in der Schweiz.
Vielversprechende neue Kino-Gesichter
Inszenatorisch wird der sechste Film des Autodidakten Kuno Bont seinem wichtigen Thema nicht ganz gerecht. Dass sich die Handlung der Low-Budget-Produktion über ein Vierteljahrhundert erstreckt, transportieren die Bilder eher schlecht als recht. Die Erzählweise in drei deutlich getrennten Akten scheint zudem mehr den Gesetzen des Theaters als denjenigen des Kinos zu folgen.
Dass einem das Drama dennoch in seinen Bann zieht, liegt in erster Linie an seinen starken Figuren und deren Darstellern. Mit Bonts Schauspiel-Entdeckung Simona Specker und ihrem fernseherprobten Filmpartner Gian Rupf sorgen gleich zwei unverbrauchte Leinwandgesichter für Gänsehaut.
«Das Deckelbad» startet am 23. April in den Kinos.