Luc Besson wird bisweilen als der «Nabab» des französischen Films bezeichnet. Als ein Magnat, ein Tycoon, ein autokratischer Geldfürst, der nicht nur Filme schreibt, inszeniert und produziert, sondern eine ganze Industrie um seine Produkte herum entwickelt hat, die manchmal wirklich nur das eine sind: Produkte.
Besson wurde in Frankreich bekannt mit «Subway» (1985) und «Le grand bleu» (1988) und war kurz darauf auch international erfolgreich mit «Nikita» (1990), «Léon» (1994) und «The Fifth Element» (1997). Das Publikum mochte all diese Filme und mag sie zum Teil noch heute. Die Kritik hingegen war dem Bessonschen Œuvre in der Regel weniger gut gesinnt, was ihn schon früh dazu veranlasste, zu Filmjournalisten auf Distanz zu gehen.
Lange war Besson ein gewiefter Filmemacher, der den Geschmack des Publikums traf und als sein eigener Produzent viel Geld verdiente. Doch dabei sollte es nicht bleiben. Denn Besson – so drückt er es selbst einmal aus – hat bis heute eine kleine Krankheit: «Ich habe alle vier Minuten eine Idee, aber ich kann natürlich nicht alle vier Minuten einen Film drehen. In der Schublade nützen mir diese Ideen nichts, also reiche ich sie unter Kollegen herum. Das ist mittlerweile mein Lieblingsspiel.»
Ideenlieferant und Firmenchef
Dieses «Lieblingsspiel» führte in einer ersten Phase dazu, dass der Name Luc Besson inflationär auf Filmplakaten aufzutauchen begann und immer stärker mit actionlastigen B-Movies in Verbindung gebracht wurde. Das Spiel weitete sich definitiv zum Massenbetrieb aus, als Besson seine Produktionsfirma im Jahr 2000 in EuropaCorp umbenannte, diverse Franchisen ins Leben rief und regelmässig aufstrebende Regisseure engagierte, um sein gehetzt geschriebenen Drehbücher zu verfilmen: Louis Leterrier («Transporter 2»), Pierre Morel («Banlieue 13», «Taken») und Olivier Megaton («Taken 2»).
Die Ideen, die Besson im Vier-Minuten-Takt ausspuckt, gleichen sich bisweilen, und es mangelt nicht an wiederkehrenden Elementen: Besson mag exotische Schauplätze, er mag vierschrötige Killer mit menschlichen Seiten, er mag Frauen mit grossen Waffen in den Händen, Entführungen und Verfolgungsjagden. Er mag Geschichten, in denen eine Person (meist ein Mann) eine andere Person (meist eine Frau) beschützen oder retten muss. Kurz: Besson mag das klassische US-Kino, das er nicht nur inhaltlich, sondern auch von der Produktionsweise her kopiert.
Doch auch wenn bei Bessons massivem Output oft minderwertige Dutzendware herausschaut: Sein Ehrgeiz ist nicht nur finanzieller Natur. Besson hat das US-Kino in den Knochen, und wenn er sich selbst auf den Regiestuhl setzt, dann immer auch, um sein eigener Hitchcock, sein eigener Disney, sein eigener Spielberg, Lucas oder Scorsese zu sein. Diese Bestrebungen sind offensichtlich, und insbesondere die französische Filmkritik belächelt Bessons Hang zur Schmalspur-Imitation von grossen Meistern.
Imitate mit «Originalen»
Wobei sich Besson bei solchen Projekten nicht lumpen lässt: Wenn er ein Drehbuch in der Tasche hat, das an Tarantino erinnern soll, dann engagiert er für die Hauptrolle John Travolta («From Paris with Love»). Und wenn ihm eine komödiantische Mafia-Geschichte vorschwebt, dann holt er sich Robert de Niro als Darsteller und Martin Scorsese als ausführenden Produzenten an Bord («The Family»).
Was die französische Presse gerne vergisst, wenn sie Besson als einen Möchtegern-Hollywood-Regisseur bezeichnet: Besson hätte längst nach Kalifornien übersiedeln können, seinem Arbeitseifer wäre dort nichts im Weg gestanden. Doch er hat sich mit seiner eigenwilligen Arbeitsweise in seiner Heimat etabliert, obwohl er hier mit viel Missgunst und einem harten Steuergesetz konfrontiert ist.
Seit zwei Jahren steht im Norden von Paris ein riesiger Filmstudio-Komplex: «La Cité du Cinéma». Luc Besson hat sich einen gigantischen Arbeitsplatz mit neun Filmsets geschaffen, an dem auch Effekt-, Ton- und Make-up-Firmen ansässig sind, und den er oft an US-Produzenten untervermietet. Bis 2024 ist Luc Besson dort absoluter Herr über sein Tun – denn bis dann läuft sein Mietvertrag.