«Up yours! Get out the way!» Mit gestrecktem Mittelfinger lässt John Shaft beim Überqueren der Strasse einen Taxifahrer wissen, wer da in Queens Vortritt hat: nämlich er.
Das war der selbstbewusste Auftakt, das waren die ersten Minuten des ersten Films, bereits unterlegt mit der weltbekannten Waka-Waka-Gitarre aus Isaac Hayes gleichnamigem Titelsong.
Die Rolle seines Lebens
Richard Roundtree, vorher als Model tätig, hatte gleich mit seinem ersten Spielfilmauftritt die Rolle seines Lebens ergattert. «Shaft» (1971), «Shaft’s Big Score» (1972) und «Shaft in Africa» (1973): Mehr brauchte es nicht. Und das Blaxploitation-Genre wuchs in diesen drei Jahren von der Subkultur zum Massenphänomen.
Roundtree, der am 24. Oktober 2023 mit 81 Jahren verstarb, war ein Aushängeschild der Blaxploitation. Und er blieb Shaft zuerst einmal treu: Bis 1974 war Roundtree gleich in sieben Folgen einer gleichnamigen TV-Serie zu sehen.
Erfolgreich waren die «Shaft»-Filme nicht wegen ihren Plots oder der nervösen Kameraführung, sondern weil die Figur John Shaft im US-Kino etwas völlig Neuartiges verkörperte. In den späten Sechzigern waren afroamerikanische Figuren in kommerziellen US-Filmen oft integre Männer gewesen, die Rassismus erfuhren – dann wurden sie gespielt von Sidney Poitier. Oder sie waren Hippies, Drogendealer und Prostituierte.
«Cool» wird zum Begriff
John Shaft war ein ganz anderes Kaliber: ein schwarzer Privatschnüffler, ganz in der Tradition des Film Noir aus den 1940er- und 1950er-Jahren. Schnoddrig, schiessfreudig, cool, hartnäckig im Ermitteln und – das liess er ungezwungen alle wissen – immer gern für ein Schäferstündchen zu haben. Der weissen Obrigkeit hingegen begegnete er mit gebotenem Misstrauen.
Richard Roundtree war im Anschluss an die drei «Shaft»-Filme ein gefragter Schauspieler, vor allem aber ein Idol: Der Erfolg von «Shaft» zog bis in die späten 1970er-Jahre weitere Blaxploitation-Filme nach sich, weitere Stars wie Pam Grier und Fred Williamson kamen nach.
Für immer «Shaft»
Nach den Shaft-Erfolgen nahm Roundtree die unterschiedlichsten Rollen an, etwa als Freitag in einem missglückten Robinson-Film mit Peter O’Toole. Er konnte sich aber nie als Charakterdarsteller profilieren. Er war abonniert auf Nebenrollen und – das war weit lukrativer – auf Gastauftritte im Shaft-Kostüm.
Richard Roundtree war bis in die 2010er-Jahre auf den Bildschirmen und Leinwänden präsent, tauchte in Krimis und Komödien auf, da und dort in einem Horrorfilm. Sein grosser Verdienst aber blieb sein Durchbruch: Mit seiner lässigen Art als Shaft hatte er den afroamerikanischen USA eine Stimme gegeben, die bleiben sollte.