Josef Hader fällt in letzter Zeit vor allem in der Filmwelt auf. Als Regisseur, Autor und Schauspieler. Was ist anders am Hader auf der Bühne und auf der Leinwand? Warum haben seine Rollen immer diesen tragischen Anstrich?
SRF: Sie sind als österreichischer Underdog inmitten makabrer Gestalten mit den vier Simon-Brenner-Filmen berühmt geworden. Wie hat Sie das als Kabarettist und Schauspieler geprägt?
Josef Hader: Die Brenner-Filme waren immer der Ausflug vom Kabarett in den Film. Die Brenner-Filme waren für mich auch eine Drehbuch-Schule. Während den vier Filmen habe ich geübt, von einer Krimi-Komödie immer stärker zu einem Drama zu kommen, zu einem Drama mit komischen Elementen. Wo das Komische nur so eine Art Gewürz ist, das man drüber gibt. Das war für mich eine wichtige Entwicklung.
Schon Thomas Bernhard hat in seinem Buch «Holzfällen» das sogenannte gebildete Bürgertum voller Wut niedergemacht. Wie sieht es bei Ihnen aus? Sind Sie wütend, wenn Sie auf die Bühne gehen?
Ich habe die Wut ehrlich gesagt nicht so gern, zumindest nicht als Behauptung auf der Bühne. Ich versuche vielmehr die Zeit zu erfassen und eine Geschichte darüber zu erzählen. Ich bin jetzt dabei ein neues Programm zu schreiben und ich überlege die ganze Zeit, wie kann ich diese verrückte, seltsame, besorgniserregende Zeit irgendwie am Schopf packen. Wut ist etwas, das kann ich nicht jeden Abend auf der Bühne reproduzieren, da käme ich mir ein bisschen komisch vor.
Ich überlege beim Schreiben, wie ich diese verrückte, seltsame, besorgniserregende Zeit irgendwie am Schopf packen kann.
Sie können aber sehr gut austeilen und man bekommt schon eine gehörige Portion Gift serviert. Kroaten, Rentner, Katzen, Frauen, Kinder... Sie lassen nichts aus.
Ich habe immer geschaut, dass meine Bühnenfigur unverlässlich ist, dass sie Dinge sagt, die nicht korrekt sind. Dass sich nicht nach jedem Satz in meinen Programmen ein Sinnzusammenhang ergibt, sondern manchmal erst nach einer halben Stunde oder vielleicht erst nach einem ganzen Abend.
Sie sind der bekannteste Kabarettist Österreichs und damit vielleicht auch Teil des Kabarett-Mainstream?
Es gibt diese Form von Kabarett, die es sich ein bisschen bequem macht und nur so unreflektiert auf die da oben schimpft. Man erkennt diese Form auch gut daran, dass der Kabarettist auf der Bühne wie ein Volkstribun steht und dem Publikum das Gefühl gibt, dass er gerade was ganz Verbotenes, unglaublich Mutiges macht. Daran erkennt man glaube ich schlechtes populistisches Kabarett.
Schlechtes populistisches Kabarett schimpft unreflektiert auf die da oben.
Ist populistisches Kabarett denn unbedingt schlecht? Oder anders gefragt: Kann Kabarett etwas im Bewusstsein der Menschen bewirken oder sogar verändern?
Interessanterweise verlangt man das vom Kabarett viel stärker als vom Roman oder vom Theater, so als wäre das Kabarett ein bisschen eine praktischere Kunstform als die anderen. Ich glaube das gar nicht. Wenn man sich überlegt, was Kabarett oder einzelne Programme bewirken, dann wird man vielleicht depressiv.
Wenn wir zehn Jahre zurückgehen und schauen, was die herrschende Meinung war und schaut, was die Künstler damals gedacht haben, dann werden wir viele von diesen Avantgarde-Meinungen heute als Common Sense wiederfinden.
Das Klima, wie in vielen Ländern Europas, hat sich kräftig nach rechts gedreht. Für einen Kabarettisten ein gefundenes Fressen. Sehen Sie schwarz?
Das ist in einer Demokratie normal, dass «Die» nun dran sind, zu denen man nicht so ein freundliches Verhältnis hat, sondern wo man auch besorgt sein darf. Aber man muss halt wachsam sein und man muss vor allem darauf achten, dass die Spielregeln in der Demokratie nicht geändert werden.
Ich habe eher eine Gewissheit, dass Österreich eine starke Zivilgesellschaft hat und dass bei uns nicht Dinge passieren können wie in Ungarn oder in Polen. Ich bin auch gespannt, wie lange diese grosse Harmonie in der Regierung herrscht. Ich denke mir, dass eine Art Entzauberung stattfindet und dass diese Mehrheit auch wieder verschwinden wird.
Man muss wachsam sein und vor allem darauf achten, dass die Spielregeln in der Demokratie nicht geändert werden.
In «Arthur & Claire» spielen Sie wieder einen Mann, der mit dem Leben abgeschlossen hat und aus dem Leben scheiden möchte. Zieht Sie das Thema an: Erst Stefan Zweig, der im Exil in den Tod geht, dann der verzweifelte Musikredaktor in «Wilde Maus» und nun Arthur, ein krebskranker Zyniker auf dem Weg zur Sterbehilfe...
Es ist nicht das Thema, dass ich mich ständig privat mit dem Tod beschäftige. Ich persönlich habe mir gedacht: Diese Rolle sollte ich nicht spielen. Es ist eigentlich ungeschickt, dass ich mich wieder in diese Ecke stellen lasse. Aber ich wurde durch diese Geschichte von zwei ganz unterschiedlichen Menschen verführt. Ich möchte eigentlich auf dem Weg sein, von Film zu Film, wo man das Komische immer bewusster und weniger einsetzt.
Das Interview führte Sven Ahnert.