Während der Corona-Pandemie griff die 65-jährige Schauspielerin Sharon Stone zu Farbe, Pinsel und Leinwand. Eine neue Karriere? Eher ein Comeback. Vor ihrer Filmkarriere hatte sie angefangen, Kunst zu studieren. Heute malt sie bis zu 17 Stunden täglich.
SRF: Sie sind weltbekannt als Schauspielerin, jetzt verkaufen Sie Ihre Kunst. Was gibt Ihnen das Malen?
Sharon Stone: Dasselbe, was eine Musikerin davon hat, ihr Instrument zu spielen oder ein Pfarrer, in seiner Kirche zu predigen. Ich hoffe, meine Seele kommt durch in meinen Kunstwerken.
Die Hirnverletzung, die ich erlitt, verändert, wie man Farben sieht: Seit dem Schlaganfall sehe ich mehr Farben. Diese sind ein wunderbarer Teil meiner Reise geworden.
Was, wenn die Leute Ihre Bilder nur Ihrer Berühmtheit wegen kaufen?
Mir ist egal, warum die Leute sich für meine Kunst entscheiden. Die Leute sollen das Gemälde kaufen, weil sie etwas dabei empfinden. Vielleicht fühlen sie sich glücklich. Vielleicht traurig. Vielleich schenken Sie es jemandem, den sie lieben. Oder auf den sie wütend sind. Oder sie wollen ihre Wohnung damit schmücken, weil es zu ihren Möbeln passt.
Ich musste wieder lernen zu sprechen, zu gehen, zu essen, mich an Leute zu erinnern.
Die Kunst hat einen grossen Teil zu meiner Genesung beigetragen. Ich bin dankbar, dass ich das anderen Menschen vielleicht auch ermöglichen kann.
Sie reden vom Schlaganfall, den Sie 2001 erlitten und der Hirnblutung, mit deren Folgen Sie lange zu kämpfen hatten.
Genau. Mit Anfang 40 hatte ich einen Schlaganfall. Ich bin nicht sofort ins Krankenhaus. Die Ärzte haben Tests gemacht, aber nicht erkannt, was passiert ist. Sie haben mich nicht ernst genommen. Ich hatte neun Tage lang Hirnblutungen – ich wäre wohl am gleichen Tag gestorben, hätte meine Freundin nicht auf eine weitere Untersuchung gedrängt.
Ich habe beschlossen, dass ich negativen Menschen nicht meine Energie gebe.
Meine Genesung dauerte sieben Jahre. Ich musste wieder lernen zu sprechen, zu gehen, zu essen, mich an Leute zu erinnern.
Hegen Sie einen Groll gegen die Ärzte, die Sie nicht ernst genommen haben?
Ich musste mich von einer schweren Hirnverletzung erholen und mein Gehirn wieder neu vernetzen. Ich entschied, was ich in mein Gehirn aufnehmen wollte. Ich habe keine Nachrichten konsumiert, keine Horrorfilme geschaut und beschlossen, dass ich negativen Menschen nicht meine Energie gebe.
Das Erste, was ich tue, wenn sich jemand unmenschlich verhält: Ich vergesse seinen oder ihren Namen.
Was fühlen Sie, wenn Sie malen?
Ich bin im Flow. Ich glaube, das ist der Grund, warum Musikerinnen bei Preisverleihungen immer zuerst Gott danken: Weil man als Künstlerin in diesem göttlichen Flow ist.
Sie bekennen sich zum Buddhismus. Wie kam es dazu?
Ich wuchs auf dem Land in Pennsylvania auf, als eines Tages eine alleinerziehende Mutter mit ihrem Sohn in einem Wohnwagen bei uns auftauchte. Ich habe mich als 15-Jährige um den Sohn gekümmert, der sich beim Football den Rücken gebrochen hatte.
Ich habe ihn gewaschen, gefüttert und ihm stundenlang vorgelesen. Danach haben wir über Texte philosophiert. Wir lasen Bücher über Spiritualität, Buddhismus. Schliesslich wurde er ein Hare Krishna und ich Buddhistin.
Wenn Sie sich entscheiden müssten, was Sie für den Rest Ihres Lebens machen wollen – wäre es schauspielern, Bücher schreiben oder malen?
Ich glaube nicht, dass der Verstand einer Künstlerin so funktioniert. Nehmen wir Da Vinci: Er war Künstler, Architekt und erfand gleichzeitig etliche Dinge.
Es ist, als würde ich Sie fragen: Wenn Sie für den Rest Ihres Lebens nur noch eines Ihrer Glieder bewegen könnten, welches wäre es – der Arm, die Beine oder der Mund? Unmöglich.
Das Gespräch führte Alexander W. Rauscher.