Mit 163 Minuten Laufzeit ist «No Time to Die» der bislang längste Bond-Film, eine knappe Viertelstunde länger noch als «Spectre». Die gute Nachricht: Der letzte Craig-Bond kommt wesentlich kurzweiliger daher als sein Vorgänger, der in seiner Struktur doch eher ein Flickenteppich aus Bond-Klischees und Versatzstücken war.
Allzu viel über den Inhalt soll man nicht preisgeben. So viel sei verraten: «No Time to Die» knüpft mit seiner Handlung zunächst relativ direkt an «Spectre» an.
Die Idylle wird gestört
Wir sehen, wie Bond mit seiner Freundin, der Psychologin Madeleine Swann, eine Auszeit in einer malerischen süditalienischen Stadt geniesst. Die Idylle wird gestört, als Handlanger des Verbrecher-Syndikats Spectre aufkreuzen.
Das Paar übersteht den Hinterhalt. Der notorisch misstrauische Geheimagent trennt sich jedoch von Swann. Er vermutet, dass sie als Tochter eines verstorbenen Spectre-Auftragsmörders diejenige gewesen sein könnte, die ihn verraten hat.
Abweichen von der Formel
Fünf Jahre später befindet sich James Bond im Exil auf Jamaika, als er von seinem alten Freund, dem CIA-Agenten Felix Leiter ausfindig gemacht wird. Dieser erzählt ihm, dass ein russischer Wissenschaftler und Entwickler einer potenziellen Massenvernichtungswaffe in Diensten des MI6 von Spectre entführt wurde. Leiter weiss, dass dieser sich zusammen mit sämtlichen ranghohen Mitgliedern des Syndikats in Kuba befindet. James soll ihm dabei helfen, ihn zu befreien.
Bevor Bond aufbricht, macht er Bekanntschaft mit einer jungen MI6-Agentin namens Nomi, die das selbe Ziel verfolgt. Sie will den Wissenschaftler allerdings nicht der CIA aushändigen, sondern zurück nach London bringen. Nachdem Nomi ihm davon abrät, sich einzumischen, verrät sie Bond ihre Agentennummer: 007.
In Kuba überschlagen sich die Ereignisse und bald wird Bond klar, dass er sich mit einem weiteren, keineswegs weniger gefährlichen Gegner als Spectre konfrontiert sieht.
«No Time to Die» ist nicht nur Daniel Craigs letzter Film in der Rolle, sondern auch derjenige, der in vielerlei Hinsicht am mutigsten von der etablierten Bond-Formel abweicht. Regisseur und Drehbuch-Co-Autor Cary Joji Fukunaga sprach vor dem Kinostart bereits davon, dass man einen «verwundeten» Bond antreffen werde.
Dezentes Spiel mit Rollen-Klischees
Tatsächlich bedient sich «No Time to Die» eines breiteren emotionalen Spektrums als sämtliche 24 Vorgänger-Filme. Zudem wird bewusst dezent mit Rollen-Klischees gespielt, während besonders in der ersten Hälfte des Films ein interessanter Subtext mitschwingt: Wie relevant ist Bond noch? Dies könnte denjenigen Fans missfallen, die eine klare Vorstellung davon haben, was James Bond als Figur ausmacht.
Man darf es allerdings auch so betrachten, dass der Agent in seinen Beweggründen glaubwürdiger daher kommt denn je zuvor. Selbes lässt sich leider nicht von seinem Gegenspieler behaupten.
Zwar schaut man Oscar-Preisträger Rami Malek gerne dabei zu, wie er als Terrorist Lyutsifer Safin richtig dick aufträgt, allerdings widmet sich der Film dessen Motivation nur oberflächlich. Ein kleiner Wermutstropfen, der auch dem Umstand geschuldet sein dürfte, dass man sichtlich bemüht war, wiederkehrenden Nebenfiguren der bisherigen Craig-Filme ausreichend Platz zu bieten.
Das ist selbst bei 163 Minuten Laufzeit eine Herausforderung und trägt dazu bei, dass «No Time to Die» nicht ganz die Höhen eines «Casino Royale», dem Goldstandard der Bond-Reihe, erklimmt. Ein würdiger Abschluss der Ära Daniel Craig ist der Film jedoch allemal.