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Kinos in der Corona-Krise Für kleine Filme ist das der Untergang

In den Schweizer Kinos geht das Licht aus. Was bedeutet das für die Betreiber, ihr Personal und fürs Publikum?

Letzte Woche herrschte Unsicherheit in der Schweizer Kinobranche. Darf und soll man noch Filme zeigen? Viele individuelle Abwägungstelefonate über die Kantonsgrenzen hinaus hätte man sich sparen können.

«Wir hätten uns gewünscht, es hätte zu dem Zeitpunkt einen einheitlichen Entscheid gegeben», sagt Tobias Faust, Geschäftsführer der Basler Kultkinos. «Die grosse Herausforderung für die Kinos sind die Filmstarts, die auf Monate hinaus terminiert sind. Eine verordnete Schliessung zum gleichen Zeitpunkt wäre da sicher hilfreich gewesen.»

Unsicherheit bei Angestellten

Nun herrschen endlich klare Verhältnisse: «Ich begrüsse sehr, dass jetzt im ganzen Land die gleichen Regeln herrschen», sagt Res Kessler von der Zürcher Neugass Kino AG. «Auch für unsere Kunden und Angestellten ist es verständlicher. Wenn jeder irgendwas macht, kommen auch mehr Angst und mehr Unsicherheit auf.»

Unsicherheit herrschte auch bei den vielen Teilzeitmitarbeitenden der Kinos. Für viele von ihnen gibt es kaum mehr etwas zu tun die nächsten Wochen. «Der grosse Teil der Angestellten ist im Stundenlohn angestellt, hat aber einen normalen Arbeitsvertrag und garantierte Schichten», erklärt Res Kessler von der Neugass Kino AG. «Das wird auch bei der Kurzarbeit so berücksichtigt.»

Auch die Basler Kultkinos haben Kurzarbeit angemeldet und anerkannt bekommen, sagt Geschäftsführer Tobias Faust. «Wir können die Löhne garantieren. Das ist schon mal ein erster Schritt.»

Was passiert mit den Filmen?

Die Zürcher Arthouse-Kinos retten einen kleinen Teil ihrer aktuellen Filme via Streaming-Angebot, ebenso die Basler Kultkinos. Aber zum Betriebsumsatz trägt das kaum etwas bei.

«Das ist ein Angebot für das Publikum, damit man uns nicht ganz vergisst», sagt Tobias Faust. «Wirtschaftlich wird das den Schaden nie auffangen können.»

Sorgen macht er sich auch um die kleinsten Filme: «Viele kleine, kostbare Produktionen sollten jetzt starten und haben ihr Marketingbudget schon aufgebraucht. Wenn das Kino dann wieder zurück ist, werden sie nicht mehr starten können und komplett untergehen.»

Düstere Aussichten

Rund zwei Monate könne der geschlossene Betrieb wohl durchhalten, meint Tobias Faust, danach wirds kritisch. Res Kessler sieht ein zusätzliches Problem:

«Wenn wir im Sommer wieder starten, wird das für die Kinos keine starke Zeit werden. Wir rechnen damit, dass wir auch bei der Eröffnung noch mit schwachen Zeiten leben müssen.»

Unterangebot in einem Jahr?

Aber alle Kinobetreiber sind sich im Klaren darüber, dass sie ihre Situation mit vielen anderen Betrieben teilen. «Es betrifft ja nicht nur die Kinobranche», sagt Beat Käslin von den Zürcher Arthouse-Kinos. «Es ist ein globales Phänomen.»

Die Zukunft ist für alle unsicher. Für das globale Filmangebot gibt es zwei Szenarien: Der Kino-Stau verdrängt die kleinen Filme endgültig und die retten sich auf Streaming-Plattformen. Oder die mittlerweile ebenso gestoppte Filmproduktion führt in etwa einem Jahr zu einem Unterangebot.

Wenigstens dürfen die Kinobetreiber darauf hoffen, dass bei den Menschen zu Hause in den nächsten Wochen das Bedürfnis nach gemeinsamen Kinoerlebnissen wieder grösser wird. Manches vermisst man ja erst dann so richtig, wenn es nicht mehr zu haben ist.

So ging es dem Schweizer Kino 2019

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Die neu veröffentlichten Jahreszahlen zeigen: Nach dem schlechten Kinojahr 2018 gab es 2019 eine leichte Erholung. Trotz des Kinostarts von Blockbustern wie «The Lion King», «Avengers: Endgame» oder «Joker» nahmen die Eintritte nur um 6.5% zu . Es wurden 12.5 Millionen Eintritte verzeichnet.

Der Markanteil der Schweizer Filme gemessen an den Eintritten blieb im letzten Jahr mit 6.7% fast unverändert (+0.3%).

Die Anzahl Kinosäle verharrte 2019 auf demselben Wert wie im Jahr zuvor (605 Säle). Die Anzahl aktiver Kinos nahm im letzten Jahr zwar leicht ab (–7 auf insgesamt 269 Kinos), aber die Eröffnung von Multiplexen verhinderte einen Rückgang bei der Anzahl Säle.

Der Anteil an Vorführungen in 3D nahm in den letzten Jahren ab (12% im Jahr 2019, -5 Prozentpunkte seit 2014). Einerseits, weil weniger 3D-Filme in die Kinos kommen. Andererseits scheinen die Kinobetreiber immer weniger auf die teureren 3D-Vorführungen zu setzen und zeigen die Filme in 2D.

Quelle: Bundesamt für Statistik

Radio SRF 2 Kultur, Kultur Aktualität, 18.3.2020, 8:20 Uhr ; 

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