Südkoreanische Filme und Serien gehen weltweit durch die Decke. Für «Squid Game» war der Weg an die Spitze ein Kinderspiel, «Parasite» nistete sich schon vor gut zwei Jahren bei den Oscars ein.
Aktuell können wir von Untoten aus Südkorea nicht genug bekommen: Drei Tage nach dem Netflix-Start Ende Januar wurden weltweit 124 Millionen Stunden der Serie «All of Us Are Dead» geschaut.
Made in South Korea
Südkorea war bereit für den internationalen Erfolg, jahrzehntelang wurde die Filmindustrie im Land geschützt und gefördert. Südkoreanische Kinos sind noch heute verpflichtet, mehr als zweieinhalb Monate pro Jahr heimische Filme zu zeigen.
Koreanische Filme und Serien sollten bald nicht nur im eigenen Land begeistern: Nach der Wirtschaftskrise Ostasiens 1997 setzte Südkorea stark auf Export – auch in der Kulturbranche. Damit wollte das Land nicht nur die Wirtschaft ankurbeln, sondern auch das internationale Image stärken.
Inspiriert von den USA – und doch anders
Auch die politische Nähe zu den USA hatte Einfluss auf einige der bekanntesten Regisseure Südkoreas. Für die im Land stationierten US-Soldaten gab es eigens amerikanische Sender, die schon in den 70er- und 80er-Jahren Hollywoodfilme zeigten. Auch junge Koreaner wie der «Parasite»-Regisseur Bong Joon-ho liessen sich von den amerikanischen Filmen inspirieren.
Die koreanische Welle schwappt über
Zuerst fassten K-Pop und koreanische Liebesdramen in den asiatischen Nachbarländern Fuss. Und hier?
Horror-Serien mit Monstern und Zombies stehen bei uns besonders weit oben, so SRF-Filmredaktor Enno Reins. «Koreanische Filme und Serien sind eine seltsame Mischung aus Gewalt, Komik, Spannung und Anspruch.» Die koreanische Filmwelt habe keine Angst, verschiedene Genres zu kombinieren.
Brutale Gesellschaftskritik
Die richtig grossen Durchbrüche gelangen hier mit Geschichten, bei denen man kaum hinschauen mag. Dabei sei das südkoreanische Fernsehen eigentlich sehr strikt, was Gewalt und Sex-Szenen angehe, so Enno Reins: «Bei den Streamingdiensten können die Macher jetzt mehr wagen, wie es zuvor schon Kinoregisseure wie Bong Joon-ho und Park Chan-wook vorgemacht haben.»
Brutal ist oft auch die Gesellschaftskritik. Mobbing, gesellschaftliche Zwänge und Ungleichheit sind Themen, die in Südkorea das Leben mitbestimmen. Sie bewegen aber auch global und sorgen – mit raffinierten Plot-Twists, starkem Schauspiel und Gewaltszenen – für Filme und Serien, die weltweit Anklang finden.
«Parasite» ist eine Kritik an Klassenunterschieden, in «Squid Game» spielen Millionäre mit der Verschuldung der Armen. Selbst in der Zombie-Serie «All of Us Are Dead» gibt es Gesellschaftskritik: Das Virus soll ursprünglich den fast zu Tode gemobbten Sohn eines Biologielehrers stärker machen. Nach Ausbruch der Zombie-Pandemie meint der Vater trocken: «Die Starken zerreissen jetzt die Schwachen. Das passiert ständig.»
Netflix surft die K-Welle
Social Media und Streaminganbieter befeuern den Südkorea-Trend. Disney+ etwa kündigte im Oktober an, mehr koreanische Filme und Serien zu produzieren. Dabei setzt der Anbieter auch auf Besetzungen mit bekannten K-Pop-Stars. Noch weiter geht Netflix: Dieses Jahr sollen 25 koreanische Produktionen veröffentlicht werden, so viele wie noch nie.
Netflix wirft das Genre-Netz breit aus: Neben der bereits erschienenen Zombie-Serie «All of Us Are Dead» gibt es süsse Büro-Romantik («Forecasting Love and Weather»), illegale Machenschaften («The Accidental Narco», «A Model Family»), Dystopien («Black Knight») sowie koreanische Adaptionen von internationalen Erfolgsserien wie «El casa del papel».
Der Streaminganbieter verkündete, er wolle damit «der K-Welle zu neuen Höhen verhelfen». Und er will sich mit ihr wohl auch eine goldene Nase verdienen.