Bereits nach eineinhalb Ausgaben verlässt die künstlerische Leiterin Lili Hinstin das Filmfestival Locarno bereits wieder. Sie gehe «in gegenseitigem Einverständnis», wie es in einer Mitteilung des Festivals von Donnerstag heisst.
Kurz und knapp teilte das Filmfestival Locarno unter der Leitung des Präsidenten Marco Solari mit, es habe «unterschiedliche Auffassungen über die Zukunftsstrategie» gegeben. Deshalb sei beschlossen worden, das bestehende Arbeitsverhältnis aufzulösen.
Festivals unter Druck
Die Corona-Pandemie habe alle Festivals weltweit gezwungen, sich innert kürzester Zeit neu aufzustellen, sagt SRF-Filmredaktor Michael Sennhauser: «Gerade die reinen Online-Ausgaben einzelner Festivals, aber auch Hybrid-Ausgaben wie jene von Locarno im letzten August haben gezeigt, dass eine ausschliesslich lokale, physische Festivalausrichtung kaum eine internationale Zukunft haben dürfte.»
Selbst wenn die Pandemie einmal vorbei sei, würden sich die Reisegewohnheiten der Menschen gründlich ändern müssen, sagt Sennhauser: «Gut möglich, dass es solche Diskussionen waren, in denen sich Lili Hinstin und der leitende Ausschuss des Filmfestivals von Locarno nicht einigen konnten.»
Hinstin ist seit Ende 2018 künstlerische Leiterin in Locarno. Sie zeichnete sich für die Ausgabe von 2019 verantwortlich sowie für die reduzierte diesjährige Ausgabe, die wegen Corona weitgehend online stattfand.
Wer folgt auf Hinstin?
Der Exekutivausschuss und der Verwaltungsrat werden «in naher Zukunft» über die Regelung der Nachfolge diskutieren. Für die Nachfolge bleibt der Festivalleitung nicht viel Zeit.
«Nun beginnt sich das Kandidaten-Karussel wieder zu drehen», sagt Michael Sennhauser: «Irgendjemand bringt sicher wieder Seraina Rohrer ins Spiel». Die ehemalige Leiterin der Solothurner Filmtage wurde schon vor zwei Jahren als Favoritin gehandelt. Ob sie als Mitglied der Geschäftsleitung von Pro Helvetia für Locarno überhaupt verfügbar wäre, ist allerdings fraglich.