Cléo ist sechs Jahre alt. Seit ihre Mutter an Krebs gestorben ist, kümmert sich Gloria um das Mädchen: die Àma, das Kindermädchen aus den Kapverden. Cléo weiss, dass Gloria auch eigene Kinder hat, weit weg, auf einer Insel im Süden, bei Afrika.
Cléo liebt auch ihren Papa, aber der muss arbeiten. Gloria dagegen ist immer für Cléo da – bis zu dem Tag, als sie nach einem Anruf plötzlich Tränen in den Augen hat.
«Was ist los, Gloria?», fragt Cléo. «Ich muss bald zurückkehren auf meine Insel», flüstert Gloria. Jetzt kullern auch bei der kleinen Cléo Tränen unter der Brille hervor.
Mütter auf Zeit – ein sehr reales Drama
Filmemacherin Marie Amachoukeli ist 44 Jahre alt, aber für ihre Geschichte von Cléo und deren Àma Gloria hat sie auf eigene Kindheitserinnerungen zurückgegriffen.
Bis sie sechs Jahre alt war, sagt sie, sei sie von ihrer Nounou erzogen worden, von der Frau, die sie mehr liebte, alles andere auf der Welt. Dann habe diese ihr eröffnet, dass sie nach Hause müsse, um sich um ihre eigene Familie zu kümmern. Das sei eine Katastrophe gewesen, sagt die Filmemacherin.
Als Sechsjährige habe sie sich dann geweigert, sich von der Nounou zu verabschieden. Erst Jahre später habe sie sich schliesslich gefragt, wer diese Frauen eigentlich seien, die sich um «unsere» Kinder kümmerten – und von denen trotzdem nie geredet werde.
Das Schicksal der Nounous
Der Spielfilm «Àma Gloria» gibt mögliche Antworten. Und er ist wohl auch der Abschied, den die kleine Marie Amachoukeli damals nicht vollziehen konnte.
Für den Film habe sie viele Nounous getroffen, aus Ländern wie Peru, Thailand oder auch Mexiko, sagt Amachoukeli. Und die alle hätten das gleiche Schicksal geteilt: Sie mussten ihre eigenen Familien verlassen, um sich in der Ferne um die Kinder anderer zu kümmern.
Ein menschlicher Blick auf soziale Realität
Als Spielfilm ist «Àma Gloria» grossartig geworden, weil Marie Amachoukeli das Dokumentarische nachvollziehbar mit dem Emotionalen verknüpft. Denn im Film darf die kleine Cléo ihre Gloria schliesslich auf den Kapverden besuchen, um ihre andere Familie kennenzulernen.
Die Sechsjährige erfährt da zum Beispiel, dass Gloria ihre eigenen Kinder mindestens so liebt wie sie. Aber auch, dass ihr Glorias Sohn mit kalter Eifersucht begegnet: ist sie doch ein Grund dafür, dass er so lange auf seine Mutter hat verzichten müssen. Cléos Blick verändert sich, wird älter.
Marie Amachoukelis «Àma Gloria» wirft einen zutiefst menschlichen Blick auf die soziale Realität, die abstrakte wirtschaftliche Transaktion einer familiären Verbundenheit zwischen Kindermädchen und Kind.
Aber auch auf die unterschiedlichen Perspektiven der Erwachsenen und der Kinder in ihrer jeweiligen emotionalen Wirklichkeit.
Kinostart am 13.06.2024.