Nicolas Cage ist ein Internet-Phänomen. Zusammenschnitte seiner emotionalen Ausbrüche sind auf YouTube unter Titel wie «Nicolas Cage losing his shit» zu finden. Von keinem anderen Schauspieler gib es so viele Memes und GIFs wie von Cage.
Wer sonst könnte also besser einen Mann spielen, der allen in den Träumen erscheint, zur viralen Sensation wird und die Kontrolle über sein eigenes Bild verliert?
Genau das ist die verrückte Prämisse seines neuen Films «Dream Scenario». Cage spielt hier Paul Matthews: ein ziemlich durchschnittlicher, gar langweiliger Typ. Ein Biologie-Professor, der Vorlesungen hält, für die sich seine Studierenden nur mässig interessieren. Sein Buch, über das er ständig redet, hat er immer noch nicht geschrieben, und seine Teenager-Töchter finden ihn ziemlich peinlich.
Ein surrealer Trip
Das ändert sich rasant, als alle plötzlich anfangen, von Paul zu träumen. Regisseur Kristoffer Borgli schafft es mit viel Witz und Kreativität, diese Träume als surreale, abgefahrene Trips darzustellen.
Paul wird wortwörtlich über Nacht zur Berühmtheit. Was ihn anfangs überfordert, geniesst er schliesslich. Plötzlich wollen alle wissen, wer dieser mysteriöse Mann ist.
Eine Werbeagentur sieht in ihm einen lukrativen Werbeträger: Denn wer kann schon sagen, dass sein Publikum alle Menschen sind? Junge Frauen wollen Sex mit ihm haben, weil sie von ihm als feurigen Liebhaber träumen und ihm wird ein Treffen mit Obama versprochen.
Vom Traum- zum Albtraummann
Doch der neue Ruhm währt nicht lange. Denn eines Nachts erscheint Paul den Menschen nicht mehr nur als passiver Beobachter: Er beginnt, in den Träumen gewalttätig zu sein, gar zu morden.
Auf einen Schlag will niemand mehr mit Paul zu tun haben. Der Werbedeal fällt weg, seine Studentinnen und Studenten rennen panisch vor ihm davon. Er verliert seinen Job.
Wegen dieses albtraumhaften Abstiegs wurde «Dream Scenario» vermehrt als Analogie zur sogenannten «Cancel Culture» interpretiert. Ein Mann wird – vermeintlich ohne Grund – aus sämtlichen sozialen Kreisen und Institutionen ausgeschlossen.
Doch viel deutlicher als ein Sinnbild für die Cancel Culture ist «Dream Scenario» eine sehr unterhaltsame Tragikomödie über die Gefahren von Geltungsdrang und plötzlicher Berühmtheit. Es geht darum, wie schnell man von den positiven Projektionen anderer verführt werden kann.
Ebenso zeigt der Film satirisch auf, wie schnell in einer hyperkapitalistischen Social-Media-Welt ein Gefeierter zum Geächteten werden kann.
Nicht viel Neues – dafür die perfekte Besetzung
Die cleveren, witzigen Wendungen bleiben vor allem dem ersten Teil des Films vorbehalten; auch viel Neues lernt man in der zweiten Hälfte nicht. Dafür überzeugt «Dream Scenario» mit der perfekten Besetzung seiner Hauptrolle.
Dass Nicolas Cages Gesicht oft als Meme verwendet wird, verletzt den Schauspieler, wie er wiederholt öffentlich zugab. Diese Gefühle hat er nun in die Rolle des Paul Matthews gesteckt.
Das hat sich gelohnt: Sein Comedy-Schauspiel ist subtil und bringt es doch auf den Punkt. Cage kennt die Gefühle seiner Rolle und nimmt Pauls Verzweiflung ernst – deshalb können wir so wunderbar darüber lachen.
Kinostart: 8.2.2024