Eigentlich hat Harrison Ford schon als junger Schauspieler den prototypischen «Grumpy Old Man» verkörpert, das vordergründig ewig schlecht gelaunte Raubein mit dem Herz am rechten Fleck.
Sicher war es das, was seinen Han Solo in den Star-Wars-Filmen so anziehend machte – nicht nur für Prinzessin Leia.
Jetzt, in «Indiana Jones und das Rad des Schicksals», dem wohl letzten «Indiana Jones»-Abenteuer, darf er die Rolle des grummeligen alten Mannes maximal – und bisweilen ziemlich rührend – auskosten.
Ein Senior mit Zeitmaschine
Allerdings erst nach einer halben Stunde. Denn die Eröffnungssequenz des Filmes spielt in den letzten Tagen des «Dritten Reichs». Unter Fliegerangriffen der Alliierten versucht der digital verjüngte Harrison Ford als junger Indy aus einem Schloss voller Nazis die eine Hälfte des titelgebenden Gimmicks zu retten.
Das vom griechischen Mathematiker Archimedes gebaute Ding soll, so seine zweite Hälfte gefunden würde, als Zeitmaschine funktionieren. Dr. Jones glaubt zwar nicht wirklich daran, aber das Teil gehört nicht zu den Nazis, sondern in ein Museum, findet er.
Das Gleiche denken eine halbe Stunde später seine Studenten vom nun deutlich älteren Dr. Jones, vor denen er ohne viel Feuer eine letzte Vorlesung hält. Im Hintergrund warten schon die Kollegen, um mit ihm auf seine Pensionierung anzustossen.
Nebenrollen: Patentochter und Nazi-Physiker
Mittlerweile ist es 1969 und New York feiert die Astronauten, die vom Mond zurückgekommen sind. Auftritt Phoebe Waller-Bridge, alias Helena Shaw: Sie ist die Tochter von Indys verstorbenen britischem Kollegen Professor Shaw (Toby Jones) und Indys Patentochter.
Gleich darauf taucht auch Mads Mikkelsen wieder auf, der Nazi-Physiker, den Indy 1939 vom fahrenden Zug gekickt hatte, und der nun den Amerikanern ihre Mondrakete gebaut hat. Immer noch ist er auf der Jagd nach dem Zeitmaschinchen des Archimedes.
Erfolgsformel Abenteuerkino
Die eigentliche Zeitmaschine ist natürlich der Film. Das war Indiana Jones schon, als sich George Lucas und Steven Spielberg die Figur seinerzeit ausgedacht hatten. Sie wollten so etwas wie die Kino-Serials der 1940er-Jahre erschaffen, die endlosen Abenteuer ihrer eigenen Fernsehjugend.
Mit «Raiders of the Lost Ark», dem ersten Indy-Abenteuer von 1981, schufen Spielberg und Lucas den Prototypen des neuen Sequel-Kinos, das Hollywood in den Jahrzehnten darauf endlos ausmelken sollte. Mit dem simplen Rückgriff auf das einstige Abenteuerkino, das in kolonial geprägtem Geist die Welt zum Spielplatz für US-Amerikaner und Europäer erklärte.
Es ist die gleiche Formel, die schon in den 1960er-Jahren die James-Bond-Filme erfolgreich machte: klares Gut-Böse-Schema und exotische Schauplätze, mit einer ironisch gebrochenen, amoralisch angehauchten Heldenfigur.
Indy in der Endlosschleife
Schade nur, dass dieses fünfte und wohl letzte Indiana-Jones-Abenteuer die eigene Formel reichlich mechanisch erfüllt: endlose Action und ein paar Sprüche. «Indiana Jones and the Dial of Destiny» erinnert bisweilen mehr an die «Tomb Raider»-Filme um Lara Croft. Die gehen auf ein Computergame zurück, das wiederum die Indiana-Jones-Filme abkupferte.
Kino ist eine Zeitmaschine. Aber manchmal gerät man in eine Endlosschleife.
Kinostart: 29.06.2023