Zum Inhalt springen

Neu im Kino: «Suspekt» Terroristenanwalt Rambert: «Jeder hat das Recht auf Verteidigung»

Er verteidigte den Ausbrecherkönig Walter Stürm, RAF-Sympathisanten und den Gewalttäter Brian Keller. Der Dokfilm über den umstrittenen Strafverteidiger Bernard Rambert provoziert und polarisiert.

«Sie haben viele sogenannte Terroristen und Terroristinnen verteidigt. Bereuen Sie bestimmte Dinge, die Sie gemacht haben?» – «Ich bereue nichts». Markige Worte im Interview zu Beginn der Dokumentation «Suspekt». Das Filmsetting ist einfach: Die Journalistin Julia Klebs, Redaktorin der linken Zeitschrift «Widerspruch», spricht mit dem Strafverteidiger Bernard Rambert.

50 Jahre Schweizer Zeitgeschichte

Der Zürcher erzählt seine persönliche Geschichte, berichtet von der politischen Motivation seiner Arbeit und ordnet sie ein in die historischen Kontexte der letzten 50 Jahre. Er verteidigte berühmte Berüchtigte wie den Ausbrecherkönig Walter Stürm, die RAF-Sympathisantin Petra Krause oder den Öko-Anarchisten Marco Camenisch. Diese Mandate waren auch in linken Kreisen umstritten – und brachten Rambert den Ruf eines «Terroristenanwalts» ein.

Schwarz-weiss Porträtfoto eines Mannes mit mittellangem Haar und Hemd.
Legende: Bernard Rambert ist in gutbürgerlichem Milieu aufgewachsen und wurde als klassischer 68er politisiert. Man nannte ihn auch den «Roten Beni», eine Anspielung auf seine linke Gesinnung. Cineworx / Filmstill «Suspekt»

Regisseur Christian Labhart hat keine ausgewogene Doku gedreht, sondern einen anwaltschaftlich-politischen Film eines Linken über einen Linken. Bernhard Rambert sei unerschrocken und unabhängig: «Als politischer Mensch, als Linker, hat er sich immer auch für die Widerständigen eingesetzt», so der 72-jährige Regisseur, «für Leute, die mit dem System in Konflikt kamen bis hin zu schwerer Körperverletzung».

Jeder Mensch hat das Recht auf eine Verteidigung

Dennoch habe Rambert immer gesagt: «Diese Leute haben das Recht, verteidigt zu werden.» Aus 16 Stunden Gesprächen schafften es 40 Minuten in den Film. Angereichert mit eindrücklichem Archivmaterial gibt die Doku einen Einblick in 50 Jahre Schweizer Zeitgeschichte.

Wasserwerfer auf Strassenszene mit Trümmern.
Legende: Eindrückliche Archivaufnahmen – zum Beispiel der Zürcher Jugendunruhen der 1980er-Jahre – bereichern die Dokumentation. Keystone/Str

«Suspekt» heisst die Dokumentation, weil Rambert sehr oft beargwöhnt wurde, erklärt Filmemacher Labhart: «Man hat gesagt, er sei suspekt, ein Terroranwalt.» «Ich glaube, es gibt fast keinen Anwalt, der in diesen Prozessen verteidigt hat und der nicht mit Strafverfahren eingedeckt wurde,» so erzählt es Rambert selbst im Film: «Wir sind damit die Terroristen im zweiten Glied.»

Schwarz-Weiss-Foto von Mann in Anzug im Zug mit Text 'Walter Stürm, Diebstahl (Art. 139 StGB)'.
Legende: Ausbrecherkönig Walter Stürm gehörte zu Bernard Ramberts Mandanten. Er verbrachte Monate in Einzelhaft. Cineworx / Filmstill «Suspekt»

Ein Strafverteidiger sei auch ein bisschen ein Kantengänger: «Er hat eine gewisse Affinität zur Legalität und eine gewisse Affinität zur Illegalität.» Als die Interviewerin nachhakt, wie weit er an Grenzen gegangen sei, weicht Rambert allerdings aus: «Das sage ich hier nicht.»

«Ich will nicht als Arschloch sterben»

Trotz Gegenwind kämpft der 78-Jährige bis heute für faire Prozesse und gegen unmenschliche Haftbedingungen, insbesondere gegen die Isolationshaft. Sein aktuellster Fall ist der für seine Gewalttaten bekannte Brian Keller. Der Strafverteidiger bereut es nicht, solche umstrittenen Mandate angenommen zu haben.

Er habe natürlich auch Empathie und Verständnis für die Opfer, seine Aufgabe sei jedoch eine andere: «Das schränkt meine Empathie nicht ein, aber meine Rolle in einem Strafverfahren ist nicht, mich um das Opfer zu kümmern. Um das Opfer kümmert sich die Staatsanwaltschaft, die Opferanwältin, irgendwelche andere Institutionen. Das Opfer ist nicht allein auf sich gestellt. Der Täter hat mich.»

«Suspekt» fasziniert, provoziert und polarisiert. Ramberts Verständnis für illegale, teils gewalttätige Handlungen ist nur schwer nachvollziehbar. Doch er spricht auch über Widersprüche und Niederlagen. Und er bleibt sich treu: «Ich will nur das nicht: als Arschloch sterben.»

Kinostart am 20.02.2025

SRF 1, 10vor10, 19.2.2025, 21:50 Uhr

Meistgelesene Artikel