Der Prolog der Handlung beschränkt sich auf wenige Texttafeln. Sie haben es in sich: «Klimawandel. Pandemie. Krieg. Die Erde ist unbewohnbar geworden.» Bis auf wenige Hinterbliebene lebt die Menschheit auf einem fernen Planeten. Mittlerweile wird die Rückkehr zur Erde erprobt. Mission 1: verschollen. Mission 2: läuft. Jetzt.
Man wird ins Geschehen hineinkatapultiert: Eine Raumkapsel rast auf die Wasseroberfläche zu. Sie schlingert, scheint ausser Kontrolle. Ein Notfallschirm öffnet sich über dem Gefährt, die Landung verläuft laut und unsanft. An Bord war eine Astronautin (Nora Arnezeder): Sie watet nun durch endlose Flächen aus Wasser und Schlamm, auf der Suche nach Leben.
Das Ziel: neue Fruchtbarkeit
Mehr muss man über die Handlung nicht wissen. Nur das noch: Die Suche nach Leben ist ausgesprochen dringlich. Denn die Menschen sind bei ihrer Umsiedlung ins All zeugungsunfähig geworden. Nun hoffen alle darauf, dass auf der überschwemmten Erde noch Fortpflanzung möglich ist. Alles andere würde ihr Aussterben bedeuten.
Keine Frage: «Tides» verhandelt sowohl auf ökologischer als auch auf anthropologischer Ebene existenzielle Fragen. Was nicht heisst, dass der Film mit Botschaften überladen ist. Tim Fehlbaum betont: «Das ist das Tolle an Science-Fiction: In einem überhöhten Setting kann man von aktuellen Dingen erzählen, ohne das mit dem Zeigefinger machen zu müssen.»
Es lauern Gefahren
«Tides» ist eine Dystopie, aber in erster Linie ein Abenteuerfilm: Die junge Heldin stösst schon bald auf Überlebende. Es wird Gefahren geben, Überraschungen, Prüfungen. Die ärmlichen Verbleibenden auf der Erde haben sich in Lager aufgespalten. Irgendwann stellt sich auch heraus, was aus der verschollenen ersten Mission geworden ist.
Herausragendes Merkmal des Films ist die Ästhetik, die Fehlbaum mit möglichst wenig Computeranimationen erzeugt hat: Gefilmt wurde (zwischen Ebbe und Flut) am Wattenmeer und in einer grossen Studio-Halle der Bavaria. Unterstützt von einem sehr präsenten und ausdrucksvollen Sound Design wirkt das alles viel teurer, als es tatsächlich gewesen ist.
Freude am Handwerk
Damit wäre bewiesen: Man kann einen solchen Film auf deutschsprachigem Boden machen. Allerdings wäre die Mühe umsonst, wären nur die Produktionswerte von Belang. Tim Fehlbaum verweist entsprechend auf die Relevanz des Inhalts: «Fruchtbarkeit ist ein universelles Thema, das uns alle betrifft.»
Wobei, eben: «Tides» ist dabei kein Film der Botschaften. «Tides» ist auch kein pessimistischer, düsterer Film, sondern eine Einladung in ein fantastisches Universum. Ein Film, der nicht zuletzt auch die Freude am Handwerk des Filmemachens vermittelt.
Tim Fehlbaum hat reichlich Leidenschaft in dieses Projekt investiert. Das sieht man dem fertigen Film auch an: Es steckt mindestens so viel Herzblut darin wie Wasser.
Kinostart: 26.08.2021