«House of the Dragon» anzuschauen, war wie nach Hause kommen: Eine weissblonde Frau reitet auf einem feuerspeienden Drachen, der düstere Thronsaal mit dem aus Schwertklingen gefertigten Eisernen Thron, Palast-Intrigen, Sexszenen und Gewalt.
Das Zuhause, das gemeint ist, ist die Welt von «Game of Thrones». Jene Kultserie, die auf den Büchern von George R. R. Martin basiert. Ab 2011 war «Games Thrones» acht Staffeln lang die Hit-Serie, die man sehen musste. Sie war eine popkulturelle Pflichtveranstaltung, ein Dauergesprächsthema.
Eine Kämpferin für Frauenrechte?
Nun gibt es einen Serien-Ableger. Er spielt gut 200 Jahre vor «Game of Thrones». Die weissblonden Targaryens sitzen in «House of the Dragon» auf dem Eisernen Thron. Erzählt wird die Emanzipationsgeschichte der jungen Prinzessin Rhaenyra (Emma D'Arcy), die mit der Rolle der Frauen in ihrer Welt nichts anfangen kann: Sie reitet lieber Drachen und geht jagen, als im Kleid durch den Palast zu flanieren.
Die Idee, mit einem Kerl aus einem anderen Haus verheiratet zu werden, um die Macht der Targaryen auszubauen, lehnt sie ab. Genauso wie die Vorstellung auf eine Gebärmaschine reduziert zu werden, die sicherstellt, dass es Erben gibt.
Game of Family
Rhaenyra wird in die Nachfolgestreitigkeiten zwischen ihrem Vater König Viserys I (Paddy Considine) und dessen Bruder Daemon (Matt Smith) hineingezogen. Die Konflikte entfachen, als es ihrem Vater nicht gelingt, einen männlichen Thronfolger zu zeugen und seine Ehefrau beim letzten Versuch stirbt.
Er erklärt Rhaenyra zu seiner Nachfolgerin, weil er seinem Bruder den Job nicht zutraut. Eine umstrittene Entscheidung bei seinen Beratern, denn eine Frau hat noch nie auf dem Eisernen Thron gesessen.
Anders als «Game of Thrones» fokussiert sich «House of the Dragon» auf ein einziges Haus. Durch brutale Piraten gibt es eine äussere Bedrohung der dekadenten Monarchie. Aber es ist klar, dass die eigentliche Gefahr dieses Mal nicht eine Zombiearmee oder ein konkurrenzierendes Haus sein wird, sondern die Targaryens selbst.
Kein Hit wie der Vorgänger
«House of the Dragon» wird wahrscheinlich nicht zum Superhit wie die Mutterserie. Die Serien- und Filmlandschaft hat sich in den vergangenen zehn Jahren durch Streamingdienste, die ständig Neues anbieten, verändert. «House of The Dragon» ist eine Produktion von vielen – sicher gut gemacht, aber kein Muss.
Auch thematisch ist der «Game of Thrones»-Ableger lange nicht mehr einzigartig. Mittelalterflair und Magie gibt es bei der laufenden Netflix-Serie «The Witcher». In Kürze startet mit «Rings of Power» einer Serie, die in der Welt von «Lord of The Rings» spielt, der Mutter aller Fantasy-Geschichten.
Nicht ganz neu, aber auch keine Kopie
Sehenswert ist «House of The Dragon» allemal. Klar, das Gefühl des Neuen ist weg. Aber es ist keine Kopie. Man lernt einen unbekannten Zeitabschnitt in einer bekannten, liebgewonnen Welt kennen.
Die Story des untergehenden Königshauses ist spannend erzählt. Der Brite Matt Smith, der sich als Dr. Who und als Schurke im Marvel-Superheldenfilm «Morbius» in die Popkulturgeschichte eingeschrieben hat, feilt als psychopathischer Königsbruder weiter an seinem Kultstatus.
Und wer es geschafft hat «Game of Thrones» zu verpassen, schafft mit «House of the Dragon» problemlos den Einstieg.