So hat sich das Regelwerk verändert: Bisher musste ein Film in einer von sechs grossen US-Städten für eine Woche laufen, damit er in der Kategorie «Best Picture» nominiert werden konnte. Neu muss er zwei Wochen laufen, und das in zehn der 50 wichtigsten Metropolen der USA. Die Neuregelung gilt ab den 97. Oscarverleihungen, die 2025 über die Bühne gehen. Das bedeutet: Die Filme müssen schon nächstes Jahr öfters in die Kinos kommen, wenn sie für den besten Film in Betracht gezogen werden wollen.
Darum hat man die Regeln geändert: Die Motion Picture Academy will damit das Kino stärken. Das wird aus dem gemeinsamen Statement von CEO Bill Kramer und Academy-Präsidentin Janet Yang klar: Man erhoffe sich, dass mit grösserer Verfügbarkeit der Filme das Publikum die Kunstform wieder im Kino-Setting geniessen werde. Die Academy hat ihren Ursprung im Kino und teilt ihre Geschichte mit ihm. Ihre vor allem älteren Mitglieder dürfen wohl dem Kino auch nostalgisch anhängen. Während die neue Regelung also dem Kino hilft, ist sie gleichzeitig auch ein Hieb gegen Streaming-Anbieter.
Das sind die Verlierer der Neuregelung: Nicht unbedingt die grossen Streaming-Anbieter. Denn einerseits sind die neuen Regeln verhältnismässig mild. Andererseits ist man in der Branche ohnehin schon am Umdenken. Nachdem über Jahre versucht wurde, das Publikum auf Heimkino zu trimmen, rentieren sich Streaming-Plattformen noch immer nicht. Kampagnenstarke Kinostarts dürften wieder wichtiger werden.
Gegen diese Player richtet sich die neue Regelung am meisten: Vor allem gegen die Kleinen, die Independent-Filmemachenden. Deren Filme lassen sich in einem Kino für eine Woche unterbringen. Neun weitere für zwei Wochen zu finden, ist nicht nur für unabhängige Filmemachende fast unmöglich, sondern auch für die kleinen Verleihe.
Darum trifft es Independent-Filme besonders hart: «Indie-Produktionen» sind zwar nicht allzu oft für einen Oscar nominiert. Aber wenn, dann mischen sie die Preisverleihung gehörig auf, wie dieses Jahr der Film «To Leslie»: Schauspielerin Andrea Riseborough wurde in der Kategorie «Best Actress» auch dank einer umstrittenen Grassroot-Kampagne nominiert. Die neuen Regeln hätten diese Nomination nicht verhindert, da sie nur die Kategorie «Best Picture» betreffen. Doch der Fall zeigt, dass auch die Academy auf Independent-Filme angewiesen ist, um berichtenswert zu bleiben.