Zum Inhalt springen
Audio
Oliver Stone und seine Dokumentarfilme mit Autokraten
Aus Kultur-Aktualität vom 06.03.2024. Bild: Keystone/AP/Vianney Le Caer
abspielen. Laufzeit 3 Minuten 27 Sekunden.

Propaganda für Kasachstan Hollywood-Regisseur Oliver Stone im Dienste von Autokraten

Oscar-Preisträger Oliver Stone bot laut einer internationalen Recherche den Autokraten von Belarus und Kasachstan seine Dienste an. Der Regisseur fiel zuvor bereits mit unkritischen Putin-Porträts auf.

Seine kritischen Filme veränderten Amerika. Etwa seine Blockbuster über den Vietnam-Krieg, sein Film über die Ermordung von John F. Kennedy oder seine Biografie über den Whistleblower Snowden. Nun zeigt eine internationale Recherche: Oliver Stone scheut auch die Nähe von Autokraten nicht.

2017 drehte er eine Interview-Reihe über den russischen Präsidenten Wladimir Putin. Und 2021 entstand eine Dokumentation über den ehemaligen kasachischen Präsidenten Nursultan Nasarbajew, der das Land fast 30 Jahre lang mit harter Hand regierte.

Stone plant im grossen Stil

Interne Dokumente sollen nun zeigen, dass von Oliver Stone weitere Autokraten-Porträts geplant waren – unter anderem eine Dokumentation über den belarussischen Diktator Alexander Lukaschenko, den türkischen Präsidenten Recep Tayyip Erdogan und Aserbaidschans Langzeitherrscher Ilham Aliyev.

Video
Aus dem Archiv: 5 Fragen an Oliver Stone
Aus Kultur Extras vom 28.09.2016.
abspielen. Laufzeit 4 Minuten 53 Sekunden.

Unter anderem wegen des Ukraine-Kriegs seien die Filme aber nicht zustande gekommen. Dies berichten die ZDF-Sendung «Frontal», der «Tages-Anzeiger», der «Spiegel», der «Standard», das russische Investigativmedium «iStories», der Rechercheverbund «OCCRP» und das kasachische Investigativportal «Vlast» am Dienstag.

«Shitokratie» statt Demokratie?

Interne E-Mails sollen belegen, dass Stone für seinen Film «Qazaq – History of the Golden Man» über Nasarbajew auf Wünsche des Autokraten eingegangen ist und lediglich als Stichwortgeber fungierte – Kritik hingegen kommt nicht vor. Stone habe Nasarbajew nicht einmal widersprochen, als dieser die Demokratie als «Shitokratie» – als «Scheissokratie» – verunglimpfte.

Da hat Oliver Stone wohl einfach still und leise seinen Ruf verkauft.
Autor: Michael Sennhauser SRF-Filmredaktor

Ein Whistleblower sagte gegenüber dem ZDF über die Gründe für Stones Engagement: «Geld. Nur Geld!» Stone habe sich selbst nicht für die Geschichte Kasachstans interessiert.

Der Produzent der Kasachstan-Dokumentation, Igor Lopatonok, hingegen bestreitet den Einfluss der kasachischen Seite: Niemand habe Oliver Stone «befohlen, welche Fragen gestellt werden». Er bestätigt hingegen, dass Stone von der Existenz der Pläne für die anderen Autokraten-Dokus wusste.

Oliver Stone und seine Rolle am Zurich Film Festival

Box aufklappen Box zuklappen

Oliver Stone hat auch in der Schweiz seine Spuren hinterlassen: Bereits 2007 erhielt er den «A Tribute to...»-Award des ZFF. Medienmitteilungen zufolge habe das dem Festival geholfen, sein internationales Profil zu schärfen.

2010 stellte er «Wall Street: Money Never Sleeps» als Schlussfilm am ZFF vor, 2012 eröffnete er das Festival mit seinem Thriller «Savage» und 2016 präsentierte er «Snowden» als Gala-Premiere.

2019 wurde der dreifache Oscarpeisträger sogar Jurypräsident des Internationalen Spielfilm Wettbewerbs am ZFF.

Die Investigativjournalistin Joanna Lillis aus Kasachstan sagt gegenüber dem ZDF: «Oliver Stones Rolle besteht im Grunde genommen darin, ein Propagandist für Nasarbajew zu sein. Oliver Stone als Interviewer und der Film als Medium sind die Vehikel für Nasarbajew, um seine eigene Propaganda zu verbreiten.»

Ist der Ruf erst ruiniert ...

Warum tut sich das eine Hollywood-Grösse an? Oliver Stone habe sich stets als kritischen Geist verstanden, sagt SRF-Filmredaktor Michael Sennhauser: «Er behielt immer einen kritischen Blick auf die USA und ihre Widersprüche.» Aber: Stone sei mittlerweile 77 Jahre alt und habe mit einem Bedeutungsverlust zu kämpfen. «Er entwickelte zunehmend eine Faszination für Autokraten», so Sennhauser.

Spätestens mit seinen Putin-Interviews sei sein Ruf gekippt. «Im Prinzip machte er damals das gleiche, wie vor Kurzem der abgesägte Fox-News-Journalist Tucker Carlson: Putin interviewen, um den eigenen medialen Stellenwert zu pushen», sagt Sennhauser.

Bei den nun enthüllten Plänen für die Autokraten-Interviews sei es wohl vor allem um Geld gegangen, so Sennhauser. «Da hat Oliver Stone wohl einfach still und leise seinen Ruf verkauft.»

Radio SRF 2 Kultur, Kultur-Nachrichten, 05.03.2024, 16:30 Uhr. ; 

Meistgelesene Artikel