Nächste Woche werden die Nominationen für den Oscar bekanntgegeben. Der Film «September 5» von Tim Fehlbaum wurde bereits für einen Golden Globe nominiert und gilt als Kandidat für eine Oscar-Nomination. Er erzählt die Geschichte vom Attentat von palästinensischen Terroristen auf die israelische Delegation an den Olympischen Sommerspielen in München von 1972 aus der Perspektive eines Fernsehteams. Wir haben mit dem Regisseur gesprochen.
SRF: Fiebern Sie den Oscar-Nominationen entgegen?
Tim Fehlbaum: Ja, natürlich. Ich weiss aber nicht, wie unsere Chancen stehen. Als ich mit dem Film angefangen habe, hätte ich niemals gedacht, dass wir auch nur annähernd zur Diskussion stehen. Wir haben bereits eine Golden Globe-Nominierung bekommen, das ist für mich schon ein Höhepunkt. Ich freue mich auch über die guten Kritiken, die wir bekommen haben. Wenn jetzt noch eine Nominierung dazukommt, wäre das der absolute Höhepunkt. Aber ich bin schon so sehr zufrieden.
Meine ‹Filmfamilie› ist in der Schweiz.
Sie sind der erste Schweizer, der mit seinem Film für einen Golden Globe nominiert wurde. Kann man sagen, Sie sind in Hollywood angekommen?
Nein, das würde ich nicht sagen. Hollywood ist für mich auch kein erklärtes Ziel. Ich bin seit meiner Kindheit Filmemacher. Klar hat man dann die Vorstellung von Hollywood als Traumfabrik und Mekka des Filmemachens. Aber das hat sich auch etwas verändert. Gerade das Filmschaffen ist immer internationaler geworden, die europäischen Produktionen werden immer wichtiger. Amerikanische Studios produzieren auch mehr in Europa. Meine «Filmfamilie», wie ich sie nenne, habe ich auch hier. Wir machen nun schon den dritten Film in dieser Konstellation.
Ich habe gehört, dass Sie gerne zur Premiere in Basel gekommen wären, wegen den Golden Globe Awards aber verhindert waren. Warum wäre es Ihnen wichtig gewesen, den Filmstart in der Schweiz zu begleiten?
Ich sehe mich als Schweizer Filmschaffenden und deshalb ist mir das Publikum in der Schweiz besonders wichtig. Gerade in meiner Heimatstadt Basel sind auch viele Freunde und Familienmitglieder den Film schauen gegangen.
Die Sportjournalisten wurden plötzlich mit der Frage konfrontiert: Zeigen wir die Gewalt vor der Kamera?
Ihr Film schildert die Geiselnahme von München aus der Perspektive eines Fernsehteams vom amerikanischen Sender ABC, der die Olympischen Spiele übertragen hat. Die Geiselnahme war die erste Terrorattacke, die live im Fernsehen zu sehen war. Was hat Sie an dieser Perspektive interessiert?
Das Interessante war für uns, dass es nicht erfahrene News-Journalisten waren, die berichtet haben, sondern Sportjournalisten. Plötzlich wurden sie mit den Fragen konfrontiert: Was machen wir, wenn etwas Gewalttätiges vor der Kamera passiert? Zeigen wir das? Oder: Wie schnell veröffentlichen wir eine Nachricht, auch wenn sie noch nicht bestätigt ist? Zudem hat mich als Filmemacher das Kammerspiel-Setting gereizt: Wie kann ich einen Film machen, der nur im Fernsehkontrollraum spielt, mit dem Monitor als einziges Fenster zur Aussenwelt?
Wie verankert sind Sie in der Basler Filmszene?
Ich fühle mich da sehr verankert. Der Film ist in Basel geschnitten worden. Ich habe auch viele Kolleginnen und Kollegen aus Basel, die in der Filmszene tätig sind. Zudem habe ich den Film in Basel geschrieben und bin jetzt auch mit einem Basler an der Entwicklung eines neuen Projekts.
Das Gespräch führte Patrick Künzle.