Krieg, Verwüstung, sexuelle Gewalt und Menschen ausser Rand und Band: Die Welt von Game of Thrones ist keine friedliche. Und die Heldinnen und Helden zweifeln des Öfteren an den Göttern.
Wie können sie so viel Leid zulassen? –Diese Frage taucht immer wieder auf. Eine urmenschliche Frage, die zeigt: Religion und Glaube spielt in Game of Thrones eine zentrale Rolle.
Der fürchterlich mächtige Rote Gott
Nehmen wir R’hllor, den Roten Gott. Für die Menschen in Westeros ein fremder, grausamer Gott, der Menschenopfer verlangt. Doch R’hollor kann Wunder bewirken. Seine Priesterinnen und Priester können Tote zum Leben erwecken.
So wird Jon Schnee, eine der Hauptfiguren, aus dem Reich der Toten zurückgeholt. Der Rote Gott scheint lange übermächtig – bis er die Erwartung seiner Anhänger enttäuscht und seine Priesterin, Melisandre, in eine tiefe Glaubenskrise stürzt.
Ein ganzes Universum an Religionen
Das Beispiel zeigt: Die Religionen in Game of Thrones sind keine Nebensächlichkeit. Sie treiben die Geschichte voran. Und das Religionsuniversum ist vielfältig.
Da gibt es die alten Götter im Norden, eine friedliche Naturreligion, die Identität stiftet und die Menschen verbindet. Dann gibt es die Staatsreligion der Sieben, inklusive Priesterinnen und Priestern, heiligen Gebäuden und einem korrupten Oberhaupt – mit klaren moralischen Grundsätzen, an die sich die Reichen und Schönen aber nicht halten. Bis die Erneuerungsbewegung der Spatzen auftaucht, Korruption und moralische Verfehlungen anprangert und sich in ihrem religiösen Eifer schlussendlich selbst vernichtet.
Danaerys als eine Art Messias
Und es gibt Danaerys Targaeryen, eine Art Heilsfigur. Die unterschiedlichsten Menschen aus unterschiedlichsten Schichten und Ländern glauben, dass sie die Welt besser machen kann.
Sie befreit Sklavinnen und unterdrückte Völker, bis sie in ihrem unerschütterlichen Glauben an ihre Heilskraft am Schluss zur grausamen Tyrannin wird (in der Serie – was die Bücher für Danaerys bereithalten, ist noch nicht bekannt).
Parallelen zur realen Welt
Das Religionsuniversum in Game of Thrones ist deshalb so spannend, weil es viele Entwicklungen abbildet, die auch in der realen Welt existieren. So lässt sich modellhaft ablesen, welche Religionen welchen Zweck erfüllen – die Naturreligion schafft Gemeinschaft, die Staatsreligion sorgt für Ordnung, die Fundamentalisten haben immense Anziehungskraft auf ihre fanatischen Anhänger.
Dass die Religionen dabei selten gut wegkommen, ist Teil des religionskritischen Ansatzes von Game of Thrones. Doch die Serie und Bücher zeigen auch, dass es eben nicht ohne Religion geht. Und dass Vernunft und Wissenschaft allein weder glücklich machen noch praktikabel sind.
Es geht nicht ohne Religion
Denn die Vertreter der Wissenschaft, die Maester, sind derart geblendet von ihrem Glauben an die Vernunft, dass sie die grösste Gefahr für die Menschheit – eine Art Zombiearmee im Norden – nicht sehen.
Game of Thrones zeigt die Abgründe der Menschheit – und darin auch der Missbrauch von Religion. Doch die Serie ist auch voller Menschen, die sich Sinnfragen stellen.
Sie sagt: Es gibt keine Welt ohne Religion. In unserer säkularisierten Gesellschaft ist das allein schon eine erstaunliche Aussage.