Versöhnlich. Das ist das Adjektiv, was die finale Folge von «Game of Thrones» gut beschreibt. In den letzten Wochen wurde es zum Volks- bzw. Fan-Sport, die Serienproduzenten zu bashen und ihnen vorzuwerfen, sie hätten die Serie verhunzt.
Die Petition, die den Sender HBO auffordert, die letzte Staffel von «Game of Thrones» nochmal zu drehen – diesmal aber mit «kompetenten» Drehbuchschreibern – hat mittlerweile über eine Million (!) Unterschriften.
Die Petition hab' ich zwar nicht unterschrieben, aber ich gehöre ebenfalls zu diesen kritischen Fans. Auch ich war nicht immer glücklich mit dieser Staffel, mit dem zu schnellen Erzähltempo und über das Zurückfallen in herkömmliche Erzählmuster.
Doch ehrlich? Letztlich haben wir auf hohem Niveau geklagt. Ich hab diese Staffel immer noch gern geguckt. Sie lieferte immer noch monumentale Bilder – auch in der letzten Folge: Jede Szene mit Drogon ist gewaltig und lässt mich über viele andere, nicht ganz so geniale Szenen hinwegsehen.
Wie ein treuer Hund stupst er die tote Daenerys an, in Trauer und Schmerz schmilzt er den Eisernen Thron (und übrigens nicht Queenslayer Jon! Weil er auch ein Targaryen ist? Weil auch der Drache wusste, dass Jon «das Richtige» getan hatte? Weil Drogon ihn als Stiefvater bereits akzeptiert hatte?), um dann mit der toten Daenerys davonzufliegen – eben, versöhnlich.
Die letzte Folge hatte vieles von dem, was wir schätzen gelernt hatten: die Running Gags («Hast du Wein mitgebracht?», fragt Tyrion, als Jon in seine Zelle kommt), die Ironie (Jon Snow muss wieder zur Night’s Watch!).
Dazu klingende Lebensweisheiten: «Liebe ist mächtiger als die Vernunft», sagt Tyrion. «Liebe ist der Tod des Pflichtgefühls», kontert Jon. Ausser bei ihm selbst: Jon – ganz der herkömmliche Held – beweist, warum er von den Toten zurückgeholt wurde: um die Welt von der wahren Tyrannin zu befreien. Vorhersehbar? 100 Prozent. Trotzdem dramatisch.
Bran als König?!
Immerhin gab es auch so etwas wie einen Twist – oder wer von euch hatte Bran als König von Westeros auf dem Schirm? Gleich noch eine Überraschung: Bran kann witzig sein!? «Was glaubst, warum ich hierher gekommen bin?», antwortet er (frei übersetzt) auf Tyrions Frage, ob er die Bürde, König von Westeros zu sein, auf sich nehmen will.
Versöhnlich ist das Ende auch für andere Figuren: Sansa muss als Queen in the North vor keinem Mann mehr kuschen, Ser Brienne ist Chefin der King’s Guard. Und Arya erlebt neue Abenteuer «westlich von Westeros» (war das die Ankündigung eines Spin-Offs?).
Klar kann man vieles kritisieren: Musste bei Daenys Rede diese Nazi-Ikonographie sein? Auch mit dem Zeitsprung nach Daenerys’ Tod machten es sich die Macher etwas zu leicht. Bron als Master of Coin ist absurd. Und was haltet ihr von dieser Inception-mässigen Hommage an die Buchvorlage, in der Tyrion bezeichnenderweise (?) nicht vorkommt?
So ging sie also zu Ende, die «beste Serie aller Zeiten», mit all ihren Erfolgen und Rekorden, wie sie angefangen hatte: Das Tor der «Wall» öffnet sich und Mitglieder der Night’s Watch reiten in das Land der Wildlinge.
Cersei Lannister hatte also Unrecht. Sie sagte einst: Beim «Game of Thrones» gewinnt man, oder man stirbt. Jon wie auch Tyrion haben überlebt, ohne etwas zu gewinnen. Und Bron hat überlebt und hat von allen am meisten gewonnen.
Guten Flug, Drogon. War schön mit dir.