Beim Schweizer Filmpreis gewinnt der Favorit: «Schwesterlein» von Stéphanie Chuat und Véronique Reymond wurde in den Kategorien «Bester Spielfilm», «Bestes Drehbuch», «Beste Nebendarstellerin» (Marthe Keller), «Beste Kamera» und «Bester Schnitt» honoriert.
Damit hat beim Schweizer Filmpreis ein Werk abgeräumt, dem schon früh der Nimbus eines Prestige-Projekts anhaftete. «Schwesterlein» vertrat die Schweiz im Internationalen Wettbewerb der Berlinale 2020 (unprämiert) und an den Oscars (ausgeschieden).
Gutes Timing
Jetzt gibt es also zumindest einen nationalen Preissegen. Der Zeitpunkt passt gut: Die Auswertung von «Schwesterlein» für den Heimmarkt hat erst gerade eingesetzt – auch in Deutschland, wo der Kinostart nach wenigen Tagen abgebrochen werden musste.
In den Schweizer Kinos lief «Schwesterlein» derweil respektabel: Fast 13’000 Menschen kauften im September 2020 eine Eintrittskarte – und dies auffälligerweise zu ähnlich grossen Teilen beidseits des Röstigrabens.
Jenseits der Sprachgrenzen
Dieses Publikumsinteresse über die Sprachgrenze hinweg hat zweifellos dazu beigetragen, dass «Schwesterlein» als grosser Sieger des Abends dasteht. Schliesslich ist die preisvergebende Schweizer Filmakademie auch die Académie du Cinéma Suisse, und der Schweizer Filmpreis auch der Prix du cinéma suisse.
Die beiden in der Branche gut vernetzten Lausannerinnen (sie gewannen den Schweizer Filmpreis bereits vor zehn Jahren) haben sich diesmal über die Sprach- und Landesgrenzen getraut.
Ihre Geschichte über einen todkranken Schauspieler haben sie in Berlin und Leysin gedreht. Besetzt ist das Leukämiedrama mit den deutschen Stars Lars Eidinger und Nina Hoss.
Grosse Namen, bekannte Gesichter
Diese beiden Aushängeschilder des deutschen Kinos konnten aufgrund ihrer Nationalität freilich nicht für den Schweizer Filmpreis nominiert werden. Die perfekt zweisprachige Baslerin Marthe Keller hingegen schon. Sie und die Ehrenpreisträgerin Lilo Pulver waren zweifellos die grössten Namen des Abends.
Auch sonst zeigt ein Blick auf die Preisliste auffallend viele bekannte Gesichter: Milo Rau (mit «Das neue Evangelium» Gewinner in der Sparte «Bester Dokumentarfilm» für ) nimmt seit Jahren Theater- und Filmpreise entgegen. Georges Schwizgebel («Darwin's Notebook») ist ein Doyen der Schweizer Animationsfilmszene.
Sarah Spale («Beste Darstellerin») gehört zu den bekanntesten Schweizer Darstellerinnen ihrer Generation. Und auch Güzin Kar («Bester Kurzfilm») muss man niemandem mehr vorstellen.
Und trotzdem...
In all diesen Fällen sind die Auszeichnungen absolut verdient. Und es tut dem Schweizer Filmpreis auch gut, wenn die prämierten Personen und Filme über die Branche hinaus bekannt sind. Er profitiert sowohl als Veranstaltung wie auch als Gütesiegel.
Und trotzdem: Filme wie «Spagat» (Christian Johannes Koch), «Atlas» (Niccolò Castelli) oder «Burning Memories» (Alice Schmid, beste Musik) waren bereits in der Liste der Nominationen untervertreten und hätten mehr Aufmerksamkeit verdient. Zumal sie ihre Kinostarts noch vor sich haben.