In der zweiten Staffel von «Seitentriebe» begleiten wir erneut Paare auf die Therapiecouch. Bemerkenswert: Der Soundtrack der SRF-Serie rund um das Liebesleben in Langzeitbeziehungen besteht zu 100 Prozent aus Schweizer Songs. Für die Autorin und Regisseurin Güzin Kar eine Entdeckung.
SRF: Sämtliche Songs der neuen «Seitentriebe»- Staffel stammen von Schweizer Bands. Möchten Sie dem Publikum hiesige Musik näher bringen?
Güzin Kar: Ich wollte schauen, wie weit man mit Schweizer Musik kommt. Extrem weit! Es gibt viel tolle Musik, die ich noch nie gehört habe. Man muss sie suchen. Zahlreiche kleine Labels haben grossartige Bands unter Vertrag, aber kein Geld für Marketingkampagnen.
In der Schweizer Kultur ist ein gewisser Komplex verbreitet. Da heisst es: «Also für Schweizer Musik klingt das recht international.» Dieses Vorurteil, das ich selber auch hatte, konnte ich damit abbauen.
Sie haben den Soundtrack nicht komponieren lassen, sondern ausschliesslich bestehende Songs verwendet. Warum?
Güzin Kar: Wir hatten wenig Zeit. Auf diese Weise konnten wir schneller arbeiten. Dies entspricht mir. Ich komme aus der Punkszene, am liebsten probiere ich etwas aus, ohne das fertige Produkt im Kopf zu haben.
Ich wollte mit der Musik nicht einfach Szenen untermalen, sondern was Neues schaffen. So entstanden mit den ausgewählten Stücken neue Emotionen, die weder die Szenen noch die Songs alleine vermittelten.
Welche Musik hören Sie privat? Haben Sie durch die Arbeit an der Serie neue Musik entdeckt?
Ich mag Punk, Metal, härteres Zeug. Ausserdem höre ich gerne Soul. Klassische Musik, Schlager oder französische Chansons hingegen sagen mir nichts. Der Soundtrack der Serie deckt sich weitgehend mit meinem Musikgeschmack. Viele der Songs höre ich nun auch privat.
Sind Sie an Konzerten anzutreffen?
Nicht mehr. Heute höre ich mir Musik gerne in Ruhe zuhause an. Mit einer Ausnahme: Bin ich im Ausland im Urlaub, suche ich gerne diese kleinen Jazz-Keller auf und lasse mich von dem überraschen, was dort gespielt wird. Und ein Live-Konzert von Anne Clark möchte ich mal noch erleben – die finde ich grossartig.
Lernen wir in der zweiten «Seitentriebe»-Staffel eigentlich neue verkorkste Paare mit Beziehungsproblemen kennen?
Elena und Robert. Die beiden haben keine gefestigte Beziehung und können weder richtig ja noch nein zueinander sagen.
Die anderen beiden Paare kennt man bereits. Nele und Gianni haben die Beziehung beendet, leben aber noch als WG zusammen. Und Monika, die Frau von Heinz, stellt das Familienleben auf den Kopf, weil sie beruflich wieder was Eigenes in Angriff nehmen möchte.
Mit «Seitentriebe» wollten Sie ein breites Publikum gewinnen. Ist das gelungen?
Bis heute werde ich oft auf die Serie angesprochen – meist von Menschen, von denen ich es nicht erwarten würde. Und ich erhielt zahlreiche Rückmeldungen von Hausfrauen, die sich mit Monika identifizieren und sagen: «Endlich hat mal jemand ausgesprochen, was ich auch gerne sagen würde!»
Es geht aber nicht nur darum, welche Inhalte verhandelt werden, sondern auf welche Art Absurditäten und Missverständnis präsentiert werden. Die Erzählweise von «Seitentriebe», eine Mischung aus Trash und Hochkultur, scheint ein breites Publikum angesprochen zu haben.
Das Gespräch führte Katharina Flieger.