Der Kurzinhalt im Presseheft bringt die Geisteshaltung des Films auf den Punkt: «Hexen sind das Unheil dieser Erde. Die Bruderschaft Axt und Kreuz ist die Heilung.» Das klingt nicht nur mittelalterlich, das ist es auch. Nicht nur weil die Handlung im 13. Jahrhundert beginnt, sondern auch weil der Film die historische Hexenjagd – die bis in die Neuzeit vollzogene Tötung aufmüpfiger Frauen im Namen des Herrn – für angemessen hält.
Gemäss des Fantasy-Plots von «The Last Witch Hunter» sind die wilden Weiber keine Menschen, sondern naturverbundene Urwesen, welche schon vor Adam und Eva die Erde bevölkerten. Die Menschheit kam erst später auf die Welt und gehört aus Sicht der Hexen darum ausgerottet. Im Mittelalter entfesselte die Hexenkönigin die Pest und nun steht sie kurz davor, es im New York der Gegenwart wieder zu tun. Stoppen kann die frisch Wiederauferstandene nur ihr ewiger Gegenspieler: der unsterbliche Logenbruder Kaulder (Vin Diesel).
Das stärkste Zitat
Nein, nicht alle weiblichen Figuren von «The Last Witch Hunter» sind böse. Sogar unter den Hexen gibt es solche, die für das Gute kämpfen. Zum Beispiel Bardame Chloe, gespielt von der aus «Game of Thrones» und «Downton Abbey» bekannten Schottin Rose Leslie. Der zauberhafte Rotschopf schlägt sich mit bestechender Logik auf Kaulders Seite: «Wer sagt, dass eine Hexe keine Hexen jagen kann?»
Der Star
«The Last Witch Hunter» ist ein Vin-Diesel-Film durch und durch. Der 48-jährige New Yorker, der bürgerlich Mark Sinclair Vincent heisst, spielt nicht nur die Hauptrolle. Der Star der «Fast and Furious»-Reihe hat die Hexenhatz auch mitproduziert. Zudem war es seine Passion für das Rollenspiel «Dungeons & Dragons», die das Projekt ins Rollen brachte. Drehbuchautor Cory Goodman wusste von Diesels Leidenschaft, bevor er diesem das Hexenjäger-Skript auf den Leib schrieb. Dass Vin Diesel mehr drauf hätte, als wie hier den harten Kerl zu mimen, hat er einst in Cannes bewiesen. Auf dem wichtigsten Filmfestival der Welt präsentierte er 1995 den Kurzfilm «Multi-Facial» – als Drehbuchautor, Regisseur und Hauptdarsteller des cineastischen Kraftakts. Steven Spielberg war davon so beeindruckt, dass er für Diesel eine Rolle ins Drehbuch von «Saving Private Ryan» schreiben liess. Der Beginn einer steilen Hollywood-Karriere.
Fakten, die man wissen sollte
Die 90-Millionen-Dollar-Produktion «The Last Witch Hunter» basiert, anders als die meisten Fantasy-Filme der Traumfabrik, weder auf einem Buch noch auf einem Videospiel. Die Hauptfigur Kaulder erinnert entfernt an Vin Diesels Lieblings-Rollenspiel-Figur: den Dunkelelfen und Hexenjäger Melkor aus dem «Dungeons & Dragons»-Kosmos. Dessen Namen hat sich Diesel laut eigenen Aussagen sogar tätowieren lassen – ohne den Schriftzug jemals der Öffentlichkeit zu zeigen. Um das werbewirksame Bild abzurunden, Teil der Community zu sein, wurden auch die Nebenrollen mit Fantasy-Veteranen besetzt. Besonders erwähnenswert: Elijah Wood – weltbekannt als Hobbit Frodo – und Sir Michael Caine – u. a. Batmans Butler – als Sidekicks im Priestergewand.
Das Urteil
Trotz ansehnlicher Besetzung und viel Hokuspokus verströmt «The Last Witch Hunter» nur ganz wenig Magie. Unter Breck Eisners einfallsloser Regie verlieren sogar scheinbar ewige Werte wie Elijah Woods phantastische Glubschaugen oder Sir Michael Caines Noblesse an Glanz. Als grösster Stimmungskiller entpuppt sich allerdings der inhaltliche Kern: «The Last Witch Hunter» ist mit dem Anspruch, eine sinnstiftende, neue Hexen-Mythologie zu entwerfen, heillos überfordert. Wer dem Ganzen eine tiefere Bedeutung abgewinnen will, landet mangels erhellender Allegorien gedanklich im dunkelsten Mittelalter: Die Menschheit überlebt, wenn hexende Frauen weiterhin von mächtigen Männern beherrscht werden. Wer diese Botschaft nicht hören will, hat nur eine Chance: Sich die Ohren zuhalten – am besten mit der dicken Schweizer Armeedecke, die im Video neben Vin Diesels Glatzkopf zu bewundern ist.
Kinostart: 22.10.2015