«Ich war immer die ‹andere Frau›», sagt Scarlett Johansson im Interview mit einem Filmmagazin und meint damit die Rollen, in denen sie als Verführerin besetzt wurde. Von Woody Allens Drama-Komödie «Vicky Cristina Barcelona» (2008) bis zu Jonathan Glazers «Under the Skin» (2013). Johansson verkörperte in ihren früheren Filmen immer wieder die Traumfrau, die den Männern den Verstand raubt.
Isoliert am Set von «Lost in Translation»
Im aufsehenerregenden Langspielfilm-Debut von Sofia Coppola, «Lost in Translation» (2003), spielt Johansson die Mittzwanzigerin Charlotte, die aus Einsamkeit mit dem verheirateten, mittelalterlichen Bob (Bill Murray) anbandelt. Für Johansson ist das der Durchbruch in Hollywood. Ein Erfolg, den sie sich hart erarbeiten muss.
Ihrem damals weltbekannten Co-Star Bill Murray fühlt sich die bei den Dreharbeiten erst 17-Jährige hoffnungslos unterlegen, wie sie vor einigen Jahren in der Howard-Stern-Show gesteht: «Es war ein harter Dreh für mich. Bill ist ein quirliger Comedian und war damals schon ein Star. Ich war erst 17, unbekannt und eher in mich gekehrt. Ich fühlte mich dort ziemlich isoliert».
Seit Kindesbeinen vor der Kamera
Johanssons Karriere beginnt im Schulalter. Als 9-Jährige spielt sie in der Familien-Komödie «North» (1994) neben Co-Kinderstar Elijah Wood («Herr der Ringe») eine kleinere Nebenrolle.
Als Teenager spielt sie bereits neben ausgewachsenen Hollywood-Stars wie Sean Connery («Just Cause», 1995) und Robert Redford («The Horse Whisperer», 1998). Diese erste Rolle im Film eines grossen Hollywood-Studios katapultiert sie in die Liga der vielversprechenden Nachwuchshoffnungen.
Die Frau in Männerträumen
In den frühen 2000er-Jahren gehört sie zum Stamm-Cast des vierfachen Oscarpreisträgers und Regisseurs Woody Allen, der sie vorzugsweise als Männertraum besetzt. Sowohl in «Match Point» (2005) wie in «Vicky Cristina Barcelona» (2008) ist sie die «andere Frau» im Leben anderweitig liierter Männer.
Ab 2010 tritt Johansson ins krachende Spektakelkino ein und wird zur Heldin der Marvel-Cinematic-Community. Als Natasha Romanoff alias «Black Widow» bildet sie ein weibliches Gegengewicht im ansonsten maskulin geprägten Action-Comic-Universum.
2016 erhält die Figur ihren eigenen Kinofilm («Black Widow») und damit ein eigenes Narrativ. Johansson konfrontiert sie bewusst mit den ihr zugeschriebenen sexistischen Stereotypen. Als Schwarze Witwe löst sich Scarlett Johansson weiter aus dem Netz der Objektivierung, in dem sie lange gefangen war.
Zwei Oscarnominationen im selben Jahr
2020 gelingt Scarlett Johansson der endgültige Befreiungsschlag: Sie wird zweimal für einen Oscar nominiert: Als beste Hauptdarstellerin für ihre Parforce-Leistung im Scheidungsdrama «Marriage Story» mit Co-Star Adam Driver und als beste Nebendarstellerin in der Kriegstragik-Komödie «Jojo Rabbit». Die Zeiten, als Scarlett Johansson «die andere Frau» war, sind definitiv vorbei.