1971 war das Jahr der harten Cops: Clint Eastwood war «Dirty Harry», Richard Roundtree war «Shaft». Und Gene Hackman raste als cholerischer Drogenfahnder Jimmy «Popeye» Doyle in einem spontan konfiszierten Wagen durch die Strassen von Brooklyn. Beim Versuch, mit einer Strassenbahn mitzuhalten, in der sich sein Widersacher befand. Wild auf die Hupe hämmernd, um die Passanten zu verscheuchen.
Der Film hiess «The French Connection», und die breite Öffentlichkeit nahm erstmals die Grösse dieses Schauspielers wahr. Dieser war damals schon über 40 Jahre alt war, zehn Jahre im Geschäft und vor allem bereits Oscar-nominiert: für eine Nebenrolle in einem der Gründerfilme des sogenannten New Hollywood, dem Gangsterdrama «Bonnie and Clyde» (1967). Darin stiess er zwar auf Beachtung – aber erst mit «The French Connection» war das Phänomen Hackman geboren.
Packende Leinwandpräsenz
Gene Hackman gehörte zu einer Generation von Schauspielern in diesem «Neuen Hollywood», die sich alles zutrauten. Mit seinem hohen Haaransatz und seinem Schnurrbart entsprach er nicht den gängigen Vorstellungen eines Schönlings, aber alle Blicke auf sich ziehen – das schaffte er im Nu. Seinem Detective «Popeye» Doyle etwa verlieh er eine manische Verbissenheit, die ihn bisweilen gefährlicher wirken liess als die kleinen Dealer, die er jagte.
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Bild 1 von 5. In Wes Andersons «The Royal Tenenbaums» (2001) spielte Hackman den mürrischen Vater und Grossvater. Bildquelle: IMAGO/ZUMA Press Wire.
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Bild 2 von 5. Gene Hackman im Duo mit Will Smith in «Enemy of the State» (1998). Bildquelle: IMAGO/Bestimage.
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Bild 3 von 5. «Superman IV» (1987) mit Christopher Reeve (links). Bildquelle: IMAGO/WENN.
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Bild 4 von 5. Im Drama «Scarecrow» (1973) zusammen mit Al Pacino (rechts). Bildquelle: IMAGO/United Archives.
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Bild 5 von 5. «Get Shorty» (1995): Gene Hackman mit Rene Russo, John Travolta und Danny Devito. Bildquelle: IMAGO/Ronald Grant.
Hackman wusste sehr wohl, dass er auf sein Publikum unheimlich wirken konnte. Das schaffte er nicht nur in der Rolle eines bedrohlichen Cholerikers, sondern auch, weil er es auskostete, die Abgründe einer Figur mitzudenken.
Egal ob sie offen niederträchtig war, oder hinterlistig, oder verlogen, oder einfach nur nachdenklich und verschwiegen: Bei Hackmans Spiel hörte man oft das Ticken einer Bombe im Hintergrund – selbst wenn davon nichts im Drehbuch stand.
Auf der dunklen Seite
Zwei Oscars hat Hackman schliesslich gewonnen: einen offensichtlichen für «The French Connection» und 1993 einen zweiten für seine Nebenrolle in Clint Eastwoods Rache-Western «Unforgiven». Darin gab er – nicht zum ersten und nicht zum letzten Mal – einen sadistischen Finsterling. Mit der gewohnten unheimlichen Wirkung.
In einer gerechteren Welt hätte Hackman einen Oscar bekommen für seine wohl ausgefeilteste Komposition, die er persönlich auch als seine Lieblingsrolle bezeichnete: In «Scarecrow» (1973) von Jerry Schatzberg spielte er an der Seite des damaligen Newcomers Al Pacino einen Herumtreiber, einen typischen Antihelden dieser Zeit, sympathisch, aber äusserst ungeduldig, nervös, tragikomisch.
Bis zur Karikatur
Denn ja, auch Komödie konnte Gene Hackman. Etwa, wenn er in «Superman» (1978) oder «The Quick and the Dead» (1995) die Ticks seiner klassischen Bösewichte ins Klamaukige steigerte.
In Erinnerung bleiben wird aber vielmehr der nuanciertere Charakterdarsteller Hackman, der nicht nur einen Text zu interpretieren verstand, sondern auch die diffusen und oft gegensätzlichen Antriebe dahinter.