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Zurich Film Festival Sie haben das ZFF grossgezogen, nun ziehen sie ab

Karl Spoerri und Nadja Schildknecht haben das ZFF gegen alle Widerstände mit 15 Jahren harter Arbeit zu einer anerkannten Marke gemacht. Wie haben sie das geschafft?

Sie seien nicht bekannt für ein superharmonisches Miteinander, erklärt Karl Spoerri im Hinblick auf ihre erfolgreiche fünfzehnjährige Zusammenarbeit. Seine ZFF-Kodirektorin Nadja Schildknecht ergänzt lachend: «Wir sind engagiert, wir sind beide Alphatierchen, mit eigenen Ideen im Kopf. Aber: Wir haben die gleiche Vision.»

Ausserdem sei es ganz gut, wenn es auch mal knalle, meint die Frau, die so ungemein erfolgreich mit den Sponsoren für ihr ZFF zu harmonisieren verstand. Das setze Energie frei.

Schweigen, lächeln

«Reibung erzeugt Energie» bringt es Karl Spoerri auf den Punkt. Wie und worüber er und Nadja Schildknecht sich allenfalls gefetzt haben während der sich über 15 Jahre steigernden Erfolgsgeschichte «Zurich Film Festival», dazu schweigen sie lächelnd und medienwirksam.

Überhaupt haben die beiden eine bewundernswerte Mediengewandtheit entwickelt, die es schwer macht, an eher sperrige Diskussionen mit ZFF-Kritikern zurückzudenken, an angebliche erzürnte Telefonate des künstlerischen Leiters mit kritischen Journalisten, oder an die frühe Journi-Erkenntnis, dass man mit Nadja Schildknecht besser über Zahlen und Events redet, als über Filme und Inhalte.

Misstrauisches Zürich

Die beiden Persönlichkeiten und ihre Funktionen haben sich im Gebilde ZFF tatsächlich bestens ergänzt. Heute kann Schildknecht äusserst charmant darauf zurückblicken, wie misstrauisch die Stadt Zürich seinerzeit darauf reagiert hatte, dass die Festival-Gründer ihr durchaus grössenwahnsinnig erscheinendes Business-Projekt 2005 ganz offiziell «Zurich Film Festival» nannten.

«Am Anfang, und das ist verständlich, wurde von der Stadt die Verwendung des Namens Zurich überhaupt nicht begrüsst. Die wussten ja auch nicht genau, was wir da vorhatten», sagt Schildknecht.

Der «inclusion factor»

Spoerri erklärt heute ebenso charmant, dass Kritik ja etwas Wertvolles sei, und dass sie sich immer zumindest bemüht hätten, aus Kritik zu lernen. Dazu liefert er frei Haus eine kleine Masterclass in «Media-Spin» zu den nie abreissenden Vorwürfen, das ZFF sei ein «Gemischtwarenladen» ohne klares Profil.

«Wir haben immer versucht, den Widerspruch zwischen Kunst und Kommerz zu kultivieren», meint Spoerri. Aber heute sei doch «Diversity» ein positives Modewort, und das sei ja eigentlich das Prinzip des ZFF, der «inclusion factor», der Versuch, verschiedene Sachen mit einzubeziehen.

«Ein Fest für alle»

Es sei wichtig, dass am ZFF jeder und jede etwas für sich finde, ergänzt Nadja Schildknecht. Der Anlass sei von Anfang an als Publikumsfestival konzipiert gewesen, der Slogan «Ein Fest fürs Kino – ein Fest für alle», das solle auch in der Programmation gelten.

Ihre anfängliche Naivität beim Start des Projektes ZFF bewertet Nadja Schildknecht im Rückblick positiv. Die ungeahnten Hürden und Schwierigkeiten hätten sie von Jahr zu Jahr stärker gemacht.

Der Erfolg hat ihnen Recht gegeben. Das Medienunternehmen NZZ hat das Festival gekauft, Stadt und Kanton Zürich stehen mit Vehemenz dahinter.

Jetzt, wo sowohl Schildknecht wie auch Spoerri die öffentlichen Auftritte wirklich beherrschen, ziehen sie sich aus der operativen Leitung zurück. Man darf sicher sein, dass ihr Einfluss und ihr Wirken im Verwaltungsrat sich weiterhin auf die Geschicke «ihres» ZFF auswirken wird.

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