Tief unter dem Berner Kirchenfeld-Quartier ruht ein Schatz: Auf sieben unterirdischen Stockwerken sammelt die Schweizerische Nationalbibliothek alles, was in der Schweiz veröffentlicht wird oder die Schweiz zum Thema hat, von der Bibel über Comics bis hin zum Pornoheft.
Die wertvollsten Stücke sind nicht ohne weiteres direkt zugänglich. Zum 125. Geburtstag können einige der Schätze aber zumindest virtuell bestaunt werden.
Eine Hymne wandert vom Kloster ins Stadion
Kaum jemand kennt seinen Text, fast alle die Melodie: der Schweizerpsalm. Der Mönch Alberik Zwyssig komponierte die Hymne 1841. Danach sollte es noch über ein Jahrhundert dauern, bis sie in Fussballstadien zu hören war.
Stattdessen sang man «Rufst du, mein Vaterland» zur Melodie von «God Save the Queen». Weil das international für Verwirrung sorgte, erhob der Bundesrat 1961 Zwyssigs Stück zur provisorischen, ab 1981 zur offiziellen Nationalhymne. Die Originalpartitur wird in der Nationalbibliothek aufbewahrt.
Zeugnis einer Geduldsprobe
Lange mussten sie warten. Erst 1971 bekamen die Schweizer Frauen das Wahlrecht. Noch 1959 hatten die Schweizer Männer eine erste Initiative mit 67 Prozent Nein-Stimmen abgelehnt. Sie bestätigten damit den Befund der Frauenrechtlerin Iris von Roten: Die Schweiz sei eine «Männerdemokratie», hatte sie ein Jahr zuvor geschrieben.
Im Lauf der 1960er-Jahre kam es zu einem Umdenken. Ob das Frauenwahlrecht aber «die letzte Hürde» zur politischen Gleichstellung war, wie die Schweizer Illustrierte am Montag vor der Abstimmung schrieb, ist fraglich. Noch heute sitzen mehr Männer als Frauen im Parlament.
Der Revolutionär im Lesesaal
Wer in vordigitalen Zeiten ein Buch ausleihen wollte, kam nicht um einen Leihschein herum. Meist wurden die Zettelchen nach kurzer Zeit vernichtet. Nicht so in diesem Fall, stammen diese Scheine doch von niemand Geringerem als Wladimir Iljitsch Uljanow, besser bekannt als Lenin.
Bevor der Kommunist Geschichte schrieb, tingelte er als Emigrant durch Schweizer Bibliotheken. Die Revolution hatte er dabei stets im Blick: So verschlang er Bücher zu militärischen Themen, etwa «Heerwesen und Kriegsführung», wie auf dem Leihschein ersichtlich.
Joints drehen für Anfänger
Bis in die 1970er-Jahre durften unverheiratete Paare in Zürich nicht zusammenwohnen. Gegen dieses miefige Klima kämpfte ab 1968 der Zürcher Künstler Urban Gweder mit «Hotcha!» an. Das Untergrundblatt war bei Langhaarigen und anderen Vertretern der Gegenkultur heiss begehrt.
«Hotcha!» brachte Sex, Drugs and Rock’n’Roll in die Schweiz. Von einer Anleitung zum Drehen eines Joints über Texte zu Frank Zappa oder LSD-Papst Timothy Leary bis hin zur Kritik am Vietnamkrieg war thematisch alles dabei.
Gott spricht Romanisch
Mit Luther fing es an: 1522 übersetzte er das Neue Testament in die Volkssprache Deutsch und trat damit eine Welle von Übersetzungen los, die bald auch Graubünden erreichte. Bereits 1560 erschien das Neue Testament auf Rätoromanisch bzw. Ladinisch.
Was Luther fürs Deutsche vollbrachte, leistete der Oberengadiner Jachiam Bifrun fürs Rätoromanische: Er schuf die Grundlage einer einheitlichen Schriftsprache.
Zur Molkenkur ins Muotathal
Die Schweiz als Ferienland? Dem war nicht immer so. Lange galten die Alpen eher als topografisches Hindernis. Erst im späten 18. Jahrhundert begannen Schöngeister wie Goethe und Byron die Berge zu entdecken. Dennoch blieb die Anreise teuer und schwierig. Das änderte sich mit der Erfindung der Bahn.
Bald boten Reisebüros Kombiangebote für Fahrt, Unterkunft und Besichtigung an. Die abgebildete Panoramakarte von Stoos stammt von 1885 und damit aus der Blütezeit des Schweizer Tourismus. Sie erschien einige Jahre nach der Einweihung des Gotthards-Tunnels und kurz nachdem ein Strässchen nach Stoos gebaut worden war. Bereits zuvor hatte sich das Muotathaler Dorf mit seiner Molkenkuranstalt einen Namen gemacht.