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25 Jahre Jahrtausendwechsel Riesenangst vor dem Riesenabsturz: der «Millennium-Bug» von 2000

Verkehrschaos, Börsencrash, Flugzeugabstürze? Wie die Angst vor dem Computer-Crash die Welt vor 25 Jahren in Alarmbereitschaft versetzte.

Was war der Millennium-Bug? Im Vorfeld des Jahrtausendwechsels, also vor dem Jahreswechsel von 1999 auf 2000 kursierten apokalyptische Theorien: Das Ende der Welt stehe bevor. Aber auch eine relativ reale Gefahr wurde diskutiert: ein weltweiter Computer-Crash, der «Millennium Bug», auch bekannt als Y2k-Problem. Viele Menschen fürchteten, dass in der Silvesternacht auf den 1. Januar 2000 Computer in grossem Mass abstürzen würden. Betroffen wären wichtige Bereiche, die auf Computer angewiesen sind: etwa Spitäler, Atomkraftwerke, der Flugverkehr, Telekommunikationsnetze, Verkehrsampeln oder Bancomaten.

Woher kam diese Angst? «Um Speicherplatz zu sparen, erfassten ältere Computer Daten als sechsstellige Zahl», erklärt SRF-Digitalredaktor Jürg Tschirren. Beispiel: 27/09/90. IT-Fachleute waren besorgt, dass Computer den 01/01/00 nicht als Jahr 2000, sondern 1900 lesen würden. Für viele Rechenoperationen berufen sich Computer auf Datum und Zeit. Wenn die nicht übereinstimmen, können Systeme zusammenbrechen. «Firmen, die noch mit älteren Systemen arbeiteten, unternahmen damals viel, um vor dem Jahreswechsel diese Codes umschreiben zu lassen», so Tschirren. Viel Geld wurde investiert, um frühzeitig mögliche Schwachstellen zu flicken.

Menschen arbeiten im Jahr 2000 Konvertierungszentrum mit Computern.
Legende: Programmierer arbeiten 1998 im «Jahr-2000-Umstellungszentrum» von IBM Japan. Während ein grosser Teil der Welt vor dem grossen PC-Absturz warnt, ist Japan eine Insel der Ruhe. Die Behörden betonen, dass ihre Pläne zur Bewältigung des Problems im Stillen laufen. Keystone/AP Photo/Koji Sasahara

Ein nischiges IT-Problem wurde zur Massenpanik. Wie? «In der breiten Masse war die Hysterie wohl grösser als in den Fachkreisen», sagt SRF-Digitalexperte Tschirren. Es war ein ideales Medienthema. Denn das Thema Millennium hat das Jahr dominiert. Vorstellungen, dass ein Jahrtausendwechsel ein neues Zeitalter einläutete, kursierten schon lange. «Zudem war das Internet damals für viele Leute noch Neuland und gerade ältere Menschen hatten kaum Erfahrung mit Computern.» Das Unwissen befeuerte wohl die Panik. «Unser Bewusstsein, wie abhängig wir von Technologie sind, ist gestiegen. Nicht zuletzt wegen des Millennium-Bugs.»

Was ist wirklich passiert? Der grosse technische Kollaps blieb aus. Dennoch gab es einige Probleme. Die erheblichen: Mehr als 100 Frauen in Grossbritannien erhielten falsche Testergebnisse, ob ihr Baby das Down-Syndrom haben könnte. Zudem fielen die Überwachungsgeräte in einem japanischen Kernkraftwerk kurzzeitig aus. Kleinere Pannen, wie automatisch generierte Mahnungen von einigen Bibliotheken – wegen Leihfristen von über 100 Jahren – konnten einfacher behoben werden.

Welches Fazit ziehen Expertinnen heute? Bis heute sind sich Leute uneinig, ob wenig passiert ist, weil vorgängig viel unternommen wurde oder ob es eine sinnlose und übertriebene Panik war. Klar ist, dass die Angst vor dem grossen Daten-Gau immense Kosten verursacht hat. Vielerorts wurden in der Silvesternacht Sonderkommandos eingesetzt. Sie bleiben stundenlang wach, um mögliche Störfälle zu überwachen. Gemäss Guardian sollen weltweit mehr als 300 Milliarden Euro investiert worden sein. «Es war eines der ersten globalen Probleme. Computer, die man auf der ganzen Welt nutzt, hätten abstürzen können. Deshalb hat man sich international vernetzt», so Jürg Tschirren. Man könnte sagen – der digitale Vorläufer von Corona. Ein Bug der anderen Art.

Radio SRF Musikwelle, Sinerzyt, 31.12.2024, 09:40 Uhr

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